Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Die vollen Busse im Herbst waren vorhersehbar“
Die Elternbeiratsvorsitzende des Gymnasiums fordert Verbesserungen in der Schülerbeförderung
MENGEN (jek) - Elternarbeit ist in Zeiten der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung. Aber auch eine, die Ina Schultz, die Elternbeiratsvorsitzende des Gymnasiums Mengen gerne annimmt. In der vergangenen Woche ist sie von den anderen Elternvertretern der Schule wieder in dieses Amt gewählt worden. „Es war wichtig, dass wir uns nicht nur online getroffen haben, sondern die wichtigen Themen von Angesicht zu Angesicht besprechen konnten“, sagt sie. Jennifer Kuhlmann hat sich mit ihr über die aus ihrer Sicht verbesserungswürdige Schülerbeförderung, die Organisation eines möglicherweise wieder erforderlichen Fernunterrichts und die Datenschutz-Bedenken der Eltern unterhalten.
Lassen Sie mich raten, in der Sitzung des Elternbeirats hat sich alles nur um die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus’ gedreht?
Ja, es stimmt schon, dass es das dominierende Thema gewesen ist. Im vergangenen Schuljahr hat es aufgrund der Beschränkungen am Gymnasium keine Schulkonferenz gegeben. Über die geplante Schulsanierung oder die Idee, dass das Gymnasium einen Namen bekommen könnte, wurde deshalb nicht intensiv gesprochen. Das ist schade, aber ich merke auch, dass da viele gerade gar keinen Kopf für haben. Im Moment gilt es einfach, die Zeit der Pandemie gut zu bewältigen. Die anderen Eltern haben mir zu verstehen gegeben, dass es ihnen wichtig ist, mit mir eine Vorsitzende mit Erfahrung zu haben. Ich kenne viele wichtige Ansprechpartner und Abläufe einfach schon.
Wie gehen die Eltern mit der derzeitigen Situation um? Sind sie zufrieden, mit den Vorkehrungen, die an der Schule getroffen wurden?
Soweit mir bekannt ist, akzeptieren Eltern und Schüler die herrschenden Regeln. Die Maskenpflicht wird von niemandem infrage gestellt, die Eltern halten das Ansteckungsrisiko in der Schule für gering. Sorgen machen sie sich eher darum, dass alle Vorsichtsmaßnahmen dadurch untergraben werden, dass die Schulbusse zu voll sind. In der Schule gelten Abstandsregeln und die Schüler kommen nur mit den Mitschülern ihrer Klasse zusammen. Auf dem Hinund Rückweg herrscht aber munteres Gedränge in den Bussen. Wie mir erzählt wurde, halten sich dort auch nicht alle an die Maskenpflicht.
Also hat Mengen dasselbe Problem wie Gammertingen, Sigmaringen oder Bad Saulgau?
Meiner Meinung nach ja. Von meiner Tochter weiß ich, wie voll die Busse nach Hohentengen jetzt sind. Ich muss den Verantwortlichen da schon vorwerfen, nicht rechtzeitig gehandelt zu haben. Es war doch vorhersehbar, dass im Herbst mehr Schüler auf den Bus umsteigen. Der Einsatz von Verstärkerbussen, die Anpassung von Unterrichtszeiten und auch die Kontrolle der Maskenpflicht hätte schon vorbereitet werden müssen. Stattdessen wird erst jetzt reagiert und das dauert dann seine Zeit.
Was sagt beispielsweise das Landratsamt zu den Vorwürfen?
Die Behörde ist auf die Einschätzung von Busunternehmen und Schulträgern angewiesen. Offenbar fehlen für die einzelnen Busverbindungen noch immer genaue Nutzerzahlen. Wie mir mitgeteilt wurde, wurden die Busunternehmen erst in der Woche vor den Herbstferien darum gebeten, die Fahrgäste genau zu zählen und zu dokumentieren. Die Zahlen sollen jetzt ausgewertet und bei Bedarf Verstärkerbusse eingesetzt werden. Dies geht aber nur, wenn die Busunternehmen noch Fahrzeuge zur Verfügung haben. Gleichzeitig sollen Schulträger über die Staffelung von Unterrichtszeiten nachdenken. Bei der Kontrolle der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln wird auf die Polizei verwiesen, die ihr Augenmerk verstärkt auf diesen Bereich legen will.
Ist das zufriedenstellend?
Wir werden sehen, ob sich zum Schulbeginn am Montag etwas verändert hat. Es sollte auch an den Schulen und gegenüber den Eltern besser kommuniziert werden, wo vor Schulbeginn mehrere Busse auf derselben Strecke unterwegs sind. Aus Angst, nicht pünktlich zur Schule zu kommen, quetschen sich viele Schüler lieber in den ersten Bus, als auf einen weiteren zu warten. Dies können aber nicht die Busfahrer allein regeln, das muss anders organisiert werden.
Das Thema Schülerbeförderung stand ja auch ohne Corona schon auf Ihrer Liste...
Stimmt, weil der Nahverkehrsplan im Kreis schon mehr als zehn Jahre alt ist. Das passt an vielen Stellen nicht mehr zu den aktuellen Bedürfnissen. Ich höre immer wieder aus den Teilorten, dass es mit dem Bus zur Schule nach Mengen nicht passt. Es darf aber nicht sein, dass es attraktiver ist, nach Sigmaringen zu fahren oder die Schüler nur noch mit dem Elterntaxi herumzufahren. Da sehe ich großen Verbesserungsbedarf, damit der öffentliche Personennahverkehr nicht nur ein Schülerverkehr ist, sondern langfristig eine echte Alternative zum Individualverkehr sein kann. Positiv bewerte ich die Unterstützung aus dem Rathaus Mengen. Bürgermeister Stefan Bubeck hat meine Anregung aufgenommen und wird zumindest lokal einen runden Tisch zur Verbesserung der Erreichbarkeit der Mengener Schulen organisieren.
Wie sehen die Eltern einer möglichen zweiten Phase des HomeSchoolings entgegen?
Präsenzunterricht ist für den Klassenzusammenhalt und das Lernen der Schüler sehr wichtig. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass in den nächsten vier Wochen die Schulen und Kitas soweit wie möglich offengehalten werden sollen, um faire Bildungschancen für alle zu erhalten und die Eltern zu entlasten. Wenn es nicht anders geht, muss das Ganze aber auch von daheim funktionieren.
Prinzipiell ist das Gymnasium da jetzt gut aufgestellt. Wir müssen nur noch schauen, ob die Tablets, die die Stadt für die Schüler mit fehlender digitaler Ausstattung angeschafft hat, auch ausreichen. Da hat die Schulleitung vor den Ferien eine Abfrage gemacht: Welche Geräte besitzen die Schüler selbst? Können Sie Geräte der Eltern nutzen? Mit wie vielen Geschwistern müssen sie die Geräte teilen?
Könnte es sein, dass die Tablets nicht reichen?
Das werden wir sehen. Im Frühjahr konnte die Schule fehlende Ausstattung auch damit überbrücken, dass einzelne Schüler in die Schule gekommen sind. Alle Aufgaben nur am kleinen Bildschirm eines Smartphones zu machen, halte ich für keine gute Lösung. Es soll aber bei einigen Kindern gut geklappt haben. Zusätzlich müssen wir die Eltern über die Datenschutz-Standards aufklären, die bereiten einigen große Sorgen.
Inwiefern?
Da geht es vor allem darum, wo die Daten der Schüler gespeichert werden, wenn über eine Cloud im Internet gelernt wird. Vielen Eltern wäre lieber, wenn der Server in Deutschland und nicht in Amerika stehen würde. Was passiert mit den Infos über den Bildungsgrad der Schüler? Die Kontrolle wird da ja schon ein Stück weit abgegeben.
Gibt es abseits von Corona noch etwas, dass die Eltern umtreibt?
Wir würden uns freuen, wenn es endlich die Fahrradständer für den Platz vor dem Eingang der Schule geben würde. Da stehen die Räder bei gutem Wetter herum wie Kraut und Rüben. Von Schulleiter Stefan Bien habe ich jetzt aber gehört, dass die Stadt wohl noch einen Zuschuss für die Ständer beantragt hat. In diesem Jahr wird das wohl nichts mehr werden.