Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Es droht weiteres Ungemach
Der stete Quell für Kabarettisten scheint versiegt. Der neue Berliner Großflughafen ist fertig. Aufgrund von Planungsfehlern und Baumängeln ist er schon längst in die Jahre gekommen. 14 davon haben die Baumeister für einen Airport auf der grünen Wiese gebraucht. Das mutet nach Weltrekord an, aber nach einem, den niemand halten will.
Das ganze Bauvorhaben hat die Bundesrepublik international zur Lachnummer gemacht, denn bei einem Flughafen, der sinnbildlich die Globalisierung symbolisiert, schaut eben die ganze Welt genau hin. Das Image von „Made in Germany“hat wegen der Planungsdilettanten gelitten, und vielerorts wurde sich gefragt, wo denn die sprichwörtliche deutsche Ingenieurskunst wie Organisationsfähigkeit geblieben sei.
In Hamburg wird bei der Elbphilharmonie darüber spekuliert, dass die dortigen Mehrkosten schnell in Vergessenheit geraten, weil mit dem Konzerthaus mitten im Hafen ein neues, spektakuläres Wahrzeichen entstanden ist. Davon können die Berliner nicht ausgehen. Geschenkt, wenn Architekten nörgeln, heutzutage sähen moderne Flughäfen anders aus, aber wenn Betriebswirtschaftler prognostizieren, dass jedes Jahr mindestens eine Milliarde Euro Staatshilfen für Berlin Brandenburg „Willy Brandt“nötig sind, droht weiteres Ungemach.
Zugegeben: Corona trifft auch dieses Megaprojekt. Die Passagierzahlen sind eingebrochen, Umsatz-, Gewinn- und Verlustrechnungen sind Makulatur. Vielleicht liegen die Kritiker dennoch falsch, und die optimistischen Lokalpatrioten werden irgendwann jubilieren. Sie verweisen etwa auf den Elektrowagenhersteller Tesla, der nicht weit weg vom Rollfeld 12 000 Arbeitsplätze schaffen will. Möglich ist aber auch, dass der Großraum Berlin einfach nicht den wirtschaftlichen Anschluss an starke Industrieregionen in Deutschland finden wird.
Kurzum: Die Debatte wird weitergehen. Und die Pannenserie wahrscheinlich auch. Dass etwa keine Rolltreppe zu den unterirdischen Bahnsteigen führt, lässt die Kabarettisten aufatmen.