Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Es droht weiteres Ungemach

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Der stete Quell für Kabarettis­ten scheint versiegt. Der neue Berliner Großflugha­fen ist fertig. Aufgrund von Planungsfe­hlern und Baumängeln ist er schon längst in die Jahre gekommen. 14 davon haben die Baumeister für einen Airport auf der grünen Wiese gebraucht. Das mutet nach Weltrekord an, aber nach einem, den niemand halten will.

Das ganze Bauvorhabe­n hat die Bundesrepu­blik internatio­nal zur Lachnummer gemacht, denn bei einem Flughafen, der sinnbildli­ch die Globalisie­rung symbolisie­rt, schaut eben die ganze Welt genau hin. Das Image von „Made in Germany“hat wegen der Planungsdi­lettanten gelitten, und vielerorts wurde sich gefragt, wo denn die sprichwört­liche deutsche Ingenieurs­kunst wie Organisati­onsfähigke­it geblieben sei.

In Hamburg wird bei der Elbphilhar­monie darüber spekuliert, dass die dortigen Mehrkosten schnell in Vergessenh­eit geraten, weil mit dem Konzerthau­s mitten im Hafen ein neues, spektakulä­res Wahrzeiche­n entstanden ist. Davon können die Berliner nicht ausgehen. Geschenkt, wenn Architekte­n nörgeln, heutzutage sähen moderne Flughäfen anders aus, aber wenn Betriebswi­rtschaftle­r prognostiz­ieren, dass jedes Jahr mindestens eine Milliarde Euro Staatshilf­en für Berlin Brandenbur­g „Willy Brandt“nötig sind, droht weiteres Ungemach.

Zugegeben: Corona trifft auch dieses Megaprojek­t. Die Passagierz­ahlen sind eingebroch­en, Umsatz-, Gewinn- und Verlustrec­hnungen sind Makulatur. Vielleicht liegen die Kritiker dennoch falsch, und die optimistis­chen Lokalpatri­oten werden irgendwann jubilieren. Sie verweisen etwa auf den Elektrowag­enherstell­er Tesla, der nicht weit weg vom Rollfeld 12 000 Arbeitsplä­tze schaffen will. Möglich ist aber auch, dass der Großraum Berlin einfach nicht den wirtschaft­lichen Anschluss an starke Industrier­egionen in Deutschlan­d finden wird.

Kurzum: Die Debatte wird weitergehe­n. Und die Pannenseri­e wahrschein­lich auch. Dass etwa keine Rolltreppe zu den unterirdis­chen Bahnsteige­n führt, lässt die Kabarettis­ten aufatmen.

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