Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Russland hofft weiter auf Olympia

Internatio­naler Sportgeric­htshof verhandelt über russischen Olympia-Ausschluss

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KÖLN (SID) - Vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof Cas wird ab Montag der Einspruch Russlands gegen die von der Welt-Anti-DopingAgen­tur (Wada) ausgesproc­hene Vierjahres­sperre verhandelt. Am 9. Dezember 2019 hatte die Wada die russische Anti-Doping-Agentur Rusada ausgeschlo­ssen und das Land mit einer Vierjahres­sperre belegt. Grund sind Manipulati­onen an Daten aus dem Moskauer Anti-DopingLabo­r. Mehr als 15 000 Dateien sollen gelöscht und damit mindestens 145 Sportler geschützt worden sein. Ein Urteil muss noch nicht der Schlusspun­kt unter der Affäre sein. Aber zumindest juristisch dürfte es wegweisend sein.

LAUSANNE (dpa/SID) - Das Berufungsv­erfahren vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS könnte das Schlusskap­itel des unendliche­n Skandals um das russische Staatsdopi­ng werden. Von Montag an wird der Einspruch Russlands gegen den von der Welt-Anti-Doping-Agentur verhängten vierjährig­en Olympia-Bann in Lausanne verhandelt.

„Eine Aufhebung der Sperre wäre ein Schlag ins Gesicht der sauberen Athleten und unmöglich vermittelb­ar“, sagte Maximilian Klein von der Vereinigun­g Athleten Deutschlan­d. „Das würde nicht nur ein Totalversa­gen des Welt-Anti-Doping-Systems, sondern einen irreparabl­en Vertrauens­verlust in die Sportschie­dsgerichts­barkeit bedeuten.“Nicht nur für ihn wäre eine Aufhebung der Sperre selbst auch ein Skandal. „Wir erwarten ein klares und hartes Urteil als sichtbares Signal für den weltweiten Kampf gegen das Doping“, betonte auch Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. „Alles andere wäre nach dem, was in Russland offenkundi­g an Verwerflic­hem passiert ist, eine bittere Enttäuschu­ng.“

Für die Sportaussc­hussvorsit­zende im Bundestag, Dagmar Freitag, wäre es „ein herber Schlag“, wenn sich Russland durchsetze­n sollte. „Ein Einmarsch eines Olympiatea­ms unter russischer Flagge in Tokio wäre ein fatales Signal in Richtung der sauberen Athleten“, sagte sie.

Die WADA hatte im November 2015 die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA nach Aufdeckung des Staatsdopi­ngs suspendier­t. Trotz jahrelange­n Leugnens des gigantisch­en Betrugs und der Verweigeru­ng von geforderte­n Reformen hob die WADA die Sperre im September 2018 auf. Mit zwei Auflagen: Russland müsse den McLaren-Report mit den Beweisen für die Machenscha­ften anerkennen sowie Dopingdate­n und -proben von 2012 bis 2015 aus dem Moskauer Labor an die WADA aushändige­n.

Russland lieferte manipulier­te Daten und stritt eine Fälschung ab. Am 9. Dezember 2019 hatte die WADA daher die RUSADA ausgeschlo­ssen und das Land mit einer Vierjahres­sperre belegt. Insgesamt, so die Ermittler, sollen mehr als 15 000 Dateien gelöscht und damit mindestens 145 Sportler geschützt worden sein.

Die WADA zweifelte nicht am Ergebnis der forensisch­en Untersuchu­ngen, zumal Experten noch einen Vergleich mit einer Kopie der Daten eines Whistleblo­wers machen konnten. Daraufhin sperrte die WADA Russland für vier Jahre und somit für die Tokio-Spiele 2021 sowie die im Winter 2022 in Peking. Athleten des Landes dürfen seitdem nur als „neutrale Athleten“unter bestimmten Umständen bei Großereign­issen starten. Russland legte gegen die Sanktionen Einspruch beim CAS ein.

Dass die Verhandlun­gen nun so spät beginnen, hängt auch mit der Corona-Pandemie

zusammen. Zudem findet die Anhörung unter strengen Maßnahmen statt: Die Öffentlich­keit ist ausgeschlo­ssen, der Verhandlun­gsort in Lausanne geheim. An der Anhörung beteiligte Personen können teilweise auch per Videoschal­te dem Verfahren beiwohnen. Es ist bis zum 5. November angesetzt. Ein Urteil, das hat der CAS bereits vorab mitgeteilt, werde es in der kommenden Woche noch nicht geben. Es soll zu einem späteren Zeitpunkt veröffentl­icht werden.

Die RUSADA glaubt an ihre Chance. „Wir haben unsere Argumente“, sagte der Generalsek­retär Michail Buchanow bei „insidetheg­ames“. Sein Vorgänger Juri Ganus, der im August nach fragwürdig­en Vorwürfen entlassen worden war, hatte nach der WADA-Entscheidu­ng erklärt, es gebe „keine Möglichkei­t“, diesen Fall zu gewinnen. Und was sagt das Internatio­nale Olympische Komitee? Das IOC verwies auf eine Antwort des Präsidente­n Thomas Bach aus dem Januar. Dieser forderte vor allem ein Urteil, das „keine Interpreta­tionsmögli­chkeit“lasse.

„Das unsägliche Taktieren Russlands lässt uns nur noch mit Kopfschütt­eln und Fassungslo­sigkeit zurück“, sagte Klein. „Hier muss der russische Staat ganz klar und entschiede­n in die Schranken gewiesen werden.“Alles andere wäre ein Zeichen an Russland und alle Nachahmer, „dass im Sport Staatsdopi­ng weitestgeh­end ungeahndet bliebe“.

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FOTO: SERGEI FADEICHEV/IMAGO IMAGES Im Dezember 2019 wurde Russland von den Olympische­n Spielen ausgeschlo­ssen. Nun startet die Anhörung vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof.

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