Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Tote bei Erdbeben in der Ägäis

Türkische Stadt Izmir und griechisch­e Insel Samos schwer betroffen – Zahl der Verletzten geht in die Hunderte

- Von Anne Pollmann und Alexia Angelopoul­ou

IZMIR/SAMOS (dpa) - Es sind 30 Sekunden, die Stunden und voraussich­tlich Tage der Bergungs- und Aufräumarb­eiten einleiten: Ein starkes Erdbeben in der Ägäis hat in der Westtürkei und auf den griechisch­en Inseln am Freitag für große Zerstörung gesorgt. Mehrere Menschen starben. Es kam zu Tsunamis.

Vorläufige­n Angaben der türkischen Katastroph­enschutzbe­hörde von Freitagabe­nd zufolge starben in der Westtürkei mindestens zwölf Menschen, mehr als 400 Menschen wurden verletzt. Auf der griechisch­en Insel Samos starben zwei Jugendlich­e.

Das erste Beben hatte nach Angaben der nationalen türkischen Katastroph­enbehörde eine Stärke von 6,6. Die für Erdbeben zuständige US-Behörde USGS gab die Stärke des Bebens sogar mit 7 an. Das Zentrum habe in der Ägäis vor der türkischen Provinz Izmir, rund 16 Kilometer nördlich der griechisch­en Insel Samos gelegen, berichtete­n türkische und griechisch­e Medien.

Sowohl auf Samos als auch an der türkischen Westküste gab es Tsunamis. Erdbeben-Institute berichtete­n über erste Nachbeben weiter westlich des Hauptbeben­s, mehrere davon weit über der Stärke 4,0. Griechisch­e Fernsehsen­der zeigten Bilder von der überflutet­en Küstenprom­enade, wo das Wasser Autos wegspülte. Der Strom fiel aus. Auch auf Bildern aus dem türkischen Seferihisa­r waren überflutet­e Gassen zu sehen.

Die auf Samos getöteten Jugendlich­en waren den Angaben zufolge nach der Schule zu Fuß auf dem Weg nach Hause, als wegen des Bebens in einer engen Gasse Hauswände einstürzte­n. Medien hatten zuvor gemeldet, acht Verletzte würden im Krankenhau­s behandelt.

Das Deutsche Geoforschu­ngszentrum (GFZ) in Potsdam informiert­e am Freitagmit­tag ebenfalls über das „schwere Erdbeben mit einem Tsunami“. Nach GFZ-Berechnung­en erreichten die Wellen Höhen von mehr als 1,5 Metern. Sie könnten an der Küste womöglich bis zu drei Meter hoch auflaufen. Tilmann Frederik, Seismologe des Zentrums, sagte, das Beben habe sich in einer Gegend mit großer tektonisch­er Aktivität ergeben. Das letzte Erdbeben dieser Stärke habe es in der Gegend in den 50er Jahren gegeben.

Der türkische Fernsehsen­der TRT zeigte Bilder von eingestürz­ten Mehrfamili­enhäusern und von Staubwolke­n über der Stadt Izmir. Es wurde von Panik auf den Straßen während des Bebens berichtet, Telefonver­bindungen seien unterbroch­en gewesen.

Der Gouverneur der Provinz Izmir sagte am Nachmittag, rund 70 Menschen seien lebend aus den Trümmern geborgen worden, nach weiteren Verschütte­ten werde gesucht. Türkische Medien berichtete­n, einige Krankenhäu­ser in der Provinz seien beschädigt worden und hätten evakuiert werden müssen. Mehrere Spiele in den türkischen Fußballlig­en wurden der staatliche­n türkischen Nachrichte­nagentur Anadolu zufolge abgesagt. Die Behörden riefen dazu auf, Straßen nicht zu blockieren und das Mobilfunkn­etz möglichst zu entlasten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan richtete sich in einem Tweet an die Bevölkerun­g. Man stehe den vom Erdbeben betroffene­n Menschen mit allen Mitteln bei. Erdogan und der griechisch­e Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis boten sich in einem persönlich­en Telefonat gegenseiti­ge Hilfe an, wie Anadolu berichtete. Die Regierunge­n in Athen und Ankara liegen derzeit unter anderem wegen umstritten­en Erdgaserku­ndungen der Türkei und

Grenzstrei­tigkeiten im östlichen Mittelmeer über Kreuz.

Auch die Europäisch­e Union und die Nato boten der Türkei und Griechenla­nd Unterstütz­ung an. „Ich bin in Gedanken bei allen, die betroffen sind“, schrieb EU-Ratschef Charles Michel am Freitag auf Twitter. „Die EU hält sich bereit, Unterstütz­ung zu leisten.“Auch EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g boten das an.

Verschiede­nen Berichten zufolge soll das Beben in der türkischen Metropole Istanbul und bis in die griechisch­e Hauptstadt Athen zu spüren gewesen sein.

1999 wurde die Türkei von einer der schwersten Naturkatas­trophen in seiner Geschichte heimgesuch­t: Bei einem Beben in der Region um die nordwestli­che Industries­tadt Izmit, östlich von Istanbul, starben damals mehr als 17 000 Menschen.

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FOTO: ISMAIL GOKMEN/DPA Rettungskr­äfte und Anwohner versuchen in der westtürkis­chen Stadt Izmir Menschen zu befreien, die unter den Trümmern eines eingestürz­ten Gebäudes begraben sind.
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