Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Tropfen auf heiße Steine
Die Corona-Beschlüsse treffen auch den Sport hart – Der Staat bietet Hilfen an
FRANKFURT (dpa) - Eine verunsicherte Branche kämpft um ihre Zukunft. Der für den November beschlossene Teil-Lockdown trifft Profiwie Amateursport mit Wucht. Der Bund will helfen. So können etwa Profisportvereine und -unternehmen noch bis 11. November Anträge für die „Coronahilfen Profisport“einreichen. Viele Vereine wollen das Angebot nutzen – es gibt aber Hürden.
Worum geht es bei den „Coronahilfen Profisport“?
Anfang Juli hat der Bundestag ein Hilfspaket verabschiedet, um die Folgen der Corona-Krise für den Profisport abzumildern. Pro Club können bis zu 800 000 Euro erstattet werden, um ausbleibende Ticketeinnahmen vom 1. April bis 31. Dezember auszugleichen. Ein Verein, der 100 000 Euro Ertrag hatte, kann bis zu 80 000 Euro bekommen. Insgesamt ist das Paket 200 Millionen Euro schwer. Die Antragsfrist sollte eigentlich an diesem Samstag (31. Oktober) auslaufen, wurde aber am Freitag bis zum 11. November verlängert. Voraussetzung ist jedoch, dass sich zum Beispiel der vom Verein beauftragte Wirtschaftsprüfer bis zum 31. Oktober beim Bundesverwaltungsamt registriert hat.
Wer darf sich um diese Hilfe bewerben?
Sportvereine und Unternehmen im professionellen und semiprofessionellen Wettbewerb, die mit wenigstens einer Mannschaft zu einer ersten, zweiten oder dritten Liga im Bereich der olympischen, nicht-olympischen und paralympischen Individual- und Mannschaftssportarten gehören. Antragsberechtigt sind aber auch Verbände, die in den genannten Kategorien wenigstens ein Team haben – oder mindestens einen Wettbewerb in den Bereichen ausrichten.
Könnte zum Beispiel Triple-Sieger FC Bayern auf die „Coronahilfen Profisport“zurückgreifen?
Nein. Sportvereine und Unternehmen sind für ihre Männer-Mannschaften der 1. und 2. Fußball-Bundesliga nicht antragsberechtigt, für die drei höchsten Ligen im Frauen-Fußball dagegen schon. So heißt es beim Bundesverwaltungsamt in Köln, das sich um die Abwicklung kümmert.
Wie kann man das Verfahren an Beispielen verdeutlichen?
Nehmen wir die Volleyball-Bundesliga der Männer und Frauen mit ihren insgesamt 22 Mannschaften. Einer Prognose zufolge wollen alle Vereine bis auf drei Ausnahmen die CoronaHilfe in Anspruch nehmen. Die beantragte Summe beläuft sich auf 1,5 bis 2
Millionen Euro. Die Anweisung der Gelder soll innerhalb weniger Tage ablaufen. Nach der Saison dürfte das Prozedere aber deutlich länger dauern, schließlich muss dann geprüft werden, ob eventuell eine Überkompensation erstattet werden muss.
Greift der Profisport auf die staatliche Unterstützung zurück?
Viele tun das. „Die deutliche Mehrheit
der Clubs wird das beantragen, und das macht auch Sinn“, kündigt der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, Stefan Holz, an. Der Boss der Handball-Bundesliga, Frank Bohmann, sagt: „Es gibt keine Nachteile bei dem Programm. Einige Vorgaben, wie etwa die EU-Beihilfeverordnung, machen die Beantragung nicht kinderleicht, aber man geht hiermit ja kein Risiko ein.“Kritiker weisen jedoch auf hohe bürokratische Hürden bei der Beantragung hin. So dürfen nur Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder vereidigte Buchprüfer die Anträge einreichen.
Der Bund hat nach dem TeilLockdown für November weitere zehn Milliarden Euro bewilligt – kann der Sport davon profitieren?
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat wegen der neuen CoronaEinschränkungen Unterstützungsleistungen in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro zugesagt. Anträge können Unternehmen, Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen stellen, „denen aufgrund staatlicher Anordnung das Geschäft untersagt wird beziehungsweise aufgrund bestehender Anordnung bereits untersagt ist“. Konkret geht es um SoloSelbstständige und Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern. Sie können Umsatzausfälle im Umfang von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus dem November 2019 ersetzt bekommen. Bei größeren Unternehmen ist es weniger.
Wie ist die Lage im Amateursport?
Angespannt, klar. Schließlich wird der Amateursport im November komplett eingestellt. Gerade mal Individualsport mit Einschränkungen ist weiter erlaubt. „In der Masse der Vereine sind nicht wirtschaftliche Schäden zu befürchten, sondern der Verlust von Engagement und Motivation“, mahnte der Chef des Landessportbunds Nordrhein-Westfalen, Christoph Niessen. Viele Vereine, etwa in der 3. Handball-Liga, treibt auch die Frage nach ihrem Status um. Werde ich als Profisportler eingestuft und darf deshalb auch nach dem TeilLockdown weiterspielen? Oder bin ich Amateur, der den ganzen November über pausieren muss?