Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zwei Stromer zeigen Klasse
Die neuen elektrischen Hoffnungsträger aus dem Hause Renault heißen Mégane eVision und Dacia Spring
Zwar trommelt gerade niemand so laut für die Elektromobilität wie der VW-Konzern. Doch das PR-Getöse kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die größte Macht am Markt zumindest bislang noch aus Frankreich kommt. Denn dem Zoe sei Dank, verkauft derzeit kein anderer Hersteller zwischen Lappland und Lissabon mehr Elektroautos als Renault. Und die Franzosen denken nicht im Traum daran, diese Führungsposition kampflos abzugeben – im Gegenteil.
Mit einer neuen Elektroplattform setzen sie jetzt zum Schlag gegen die Wolfsburger Elektro-Offensive an und schicken als erstes eine Alternative zum ID4 ins Rennen. Und weil diese Klasse noch immer nicht reif ist für Masse, legen sie nun erstmals auch Dacia an die Leine und wollen Elektromobilität so mit einem neuen Batteriekleinwagen endlich bezahlbar machen.
Der elektrische Hoffnungsträger der Muttermarke trägt den Namen Mégane eVision und läuft zwar noch als Showcar, soll aber bereits früh im neuen Jahr in Serie gehen. Als erstes Auto aus der Allianz mit Nissan und Mitsubishi nutzt er die neue Plattform CMF-EV, die den Ingenieuren ganz neue Freiheiten gibt: „Damit haben wir die Regeln für Format, Platz, Design und Energieeffizienz neu definiert“, sagt der neue Konzernchef Luca de Meo und prahlt nicht zuletzt mit der dünnsten Batterie am Markt: Sie mache den Mégane eVision zu einem Packmeister, weil er bei nur 4,21 Metern Länge das Platzangebot der nächstgrößeren Klasse biete, verspricht der Chef und lenkt den Blick auf einen etwas hochbeinigen Kleinwagen mit deutlichen SUV-Anleihen, bulliger aber geschlossener Front und steilem Heck.
Unter der hübschen Hülle steckt ein Antrieb mit viel Potenzial: Nicht umsonst montiert Renault an der Vorderachse eine E-Maschine von 160 kW, die den elektrischen Mégane zu einem der stärksten Modelle diesseits des RS machen wird. Und auch wenn die Batterie mit 60 kWh allenfalls gehobener Durchschnitt ist, soll der Franzose trotzdem für die Langstrecke taugen – wozu schließlich gibt’s einen Schnelllader mit bis zu 130 kW Leistung?
Zwar erhofft sich Renault vom Mégane einen ähnlichen Erfolg wie mit dem Zoe – und will so die Konkurrenz aus dem VW-Konzern auf Distanz halten. Doch noch viel aussichtsreicher ist der zweite Stromer, den de Meo aus dem Hut gezaubert hat. Den Dacia Spring.
Denn mit ihm wollen die Franzosen Elektromobilität endlich bezahlbar machen – und den Preis nach Abzug der Förderung auf Werte um 10 000 Euro drücken. Möglich wird das, weil der französische Rumäne eigentlich ein Chinese ist und als Renault KZE gemeinsam mit Dongfeng in Wuhan gebaut wird. Und weil er sich bewusst vom üblichen Wettrüsten bei Fahrleistungen, Format und Reichweite verabschiedet und deshalb lediglich Basisbedürfnisse bedient.
Trotzdem sieht der Spring keineswegs nach einer rollenden Verzichtserklärung aus. So klein der Dacia mit seinen 3,73 Metern auch sein mag, macht er ordentlich was her. Schließlich hat ihn Designchef Laurens van den Acker zu einem MiniSUV aufgebockt, ein paar bunte Kontrastkonsolen aus Plastik ans Blech geclipst und ihm ein charmantes Gesicht
gezeichnet. Dazu bietet der ferne Twingo-Verwandte bei seinen 2,43 Metern Radstand überraschend viel Platz: Vorne jedenfalls sitzt man bequem und ohne Beklemmungen, der Rücksitz taugt zur Not auch mal für zwei Erwachsene und der Kofferraum fasst 300 Liter. Den Antrieb übernimmt ein Motörchen von 33 PS und 125 Nm, das allerdings mit dem nicht einmal 900 Kilo schweren Auto leichtes Spiel hat, zumal das Spitzentempo ohnehin auf Tempo 125 limitiert ist. Und der Akku fasst gerade 27 kWh. Das limitiert zwar die Reichweite auf 225 WLTP-Kilometer, drückt aber das Gewicht und senkt den Preis.
Zwar vermittelt de Meo den Eindruck, Renault stehe voll unter Strom, doch so ganz schwören die Franzosen dem Verbrenner noch nicht ab. Im Gegenteil machen sie auch ihre Benziner mit elektrischen Komponenten fit für die Zukunft. Das neue SUV-Coupé Arkana wird deshalb im Frühjahr gleich auch mit einem rund 136 PS starken Hybridantrieb und einem 1,2 kWh großen Pufferakku für einige Kilometer emissionsfreier Fahrt eingeführt. Den gleichen Antrieb übernimmt auch der Captur, der bislang nur einen Plug-in-Hybriden als alternativen Antrieb bieten konnte.