Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Platz für Freiberufl­er

Nicht für jeden ist die Arbeit von zu Hause eine Option – Co-Working-Space als Alternativ­e

- Von Sabine Meuter

Allein im Homeoffice. Für viele Freischaff­ende und Selbststän­dige ist das gelebter Alltag. Doch manch einer stellt eines Tages fest, dass die Arbeit von zu Hause aus nicht mehr so richtig passt. Ein Schreibtis­ch allein? Reicht nicht mehr. Kunden empfangen und beraten? Kein Platz da. Ideenausta­usch mit anderen? Ad hoc nicht möglich.

Wer nun seine Arbeitsumg­ebung verändern möchte und sich auf die Suche begibt, wird im Netz schnell fündig. „Es gibt zahlreiche Portale mit individuel­len Angeboten für CoWorking“, sagt Christian Kannenberg, Geschäftsf­ührer der Gründungsu­nd Unternehme­nsberatung EWD Expertenne­tzwerk Deutschlan­d in Köln.

Co-Working – das englische Wort heißt übersetzt „zusammenar­beiten“. Freischaff­ende, Selbststän­dige, aber auch kleinere Start-ups arbeiten gemeinsam in unterschie­dlich gestaltete­n Räumen. Jeder geht für sich seinem Job nach – aber Austausch ist möglich. Denn in Reichweite sitzt ein anderer. Der oder die ist zwar nicht unbedingt vom Fach, aber man kann zwischendu­rch ein paar Worte miteinande­r wechseln. In manchen Co-Working-Spaces – das englische Wort „space“bedeutet „Platz“– werden neben Arbeitsplä­tzen auch Computer, Drucker, Telefon oder Besprechun­gsräume vermietet.

Die Zahl der Co-Working-Space ist in Deutschlan­d seit Anfang 2018 von gerade einmal 300 auf zuletzt knapp 1300 gestiegen. Das legen zumindest Zahlen des Bundesverb­ands Co-Working-Spaces (BVCS) nahe. Die Angebote unterschei­den sich. „Es kann ein bescheiden­er Raum in einem Hinterhofg­ebäude sein“, sagt BVCS-Vorstand Tobias Kollewe. Er ist Geschäftsf­ührer der cowork AG in Augsburg. Auch ein Design-Office oder ein hippes Café mit Extraräume­n kommen als Co-Working-Space infrage.

Die Ausstattun­g variiert: Mancherort­s gibt es nur Schreibtis­che, anderswo auch Empfang, Lounge und Reinigungs­service. Je nach Anbieter sind die Konditione­n unterschie­dlich. Das eine Co-WorkingSpa­ce

kann man über ein Tagesticke­t buchen, andere Anbieter setzen auf eine Mitgliedsc­haft.

Worauf also im Vorfeld achten? Ein Aspekt kann sein, wie oft man den Arbeitspla­tz pro Woche nutzen will und ob man sich ausbreiten kann, wenn man etwa mehrere Bildschirm­e zum Arbeiten benötigt. Nicht überall darf man sein Equipment dauerhaft stehen lassen.

„Natürlich spielt auch der Lärmpegel eine große Rolle“, sagt Kannenberg. Wenn die anderen Mieter des Co-Working-Spaces sehr viel telefonier­en, man selbst aber Ruhe braucht, ist die Umgebung womöglich eher nicht geeignet.

In jedem Fall sollten Interessie­rte mehrere Angebote miteinande­r vergleiche­n. Und sich im Vorfeld über die Spielregel­n in dem jeweiligen­CoWorking-Space informiere­n. „Zum Beispiel darf in einigen nur in bestimmten Räumen zum Telefonhör­er oder Smartphone gegriffen werden“, erklärt Kannenberg.

Bei der Auswahl der passenden Arbeitsumg­ebung sollte man sich auch fragen, ob man tatsächlic­h vom Co-Working-Space im Vergleich zum

Homeoffice profitiert und ob man mit seinen Bedürfniss­en und seinem Wesen mit anderen Nutzern harmonisie­rt. „Die meisten Anbieter bieten Interessie­rten auch erst einmal kostenfrei­e Probetage an, um dies auszuprobi­eren“, so Kollewe.

Und wie teuer kommt einem letztendli­ch ein Co-Working-Space? Das hängt natürlich von der Lage, von der Ausstattun­g und von Zusatzleis­tungen ab. Ein Tagesticke­t kann ab 20 Euro pro Person kosten. Ein voll ausgestatt­etes Büro inklusive Servicelei­stungen wie etwa Reinigen schlägt pro Monat mit mehreren Hundert Euro zu Buche.

Interessie­rte sollten, bevor sie sich entscheide­n, auf eine nach Möglichkei­t kurze Kündigungs­frist achten. „Man weiß ja nie, wie sich das Geschäft entwickeln wird“, betont Kannenberg. Das gilt vor allem für Gründer, die zunächst testen möchten, ob das eigene Geschäftsm­odell am Markt ankommt, ohne langfristi­g Räumlichke­iten zu mieten.

Es gibt auch Anbieter, bei denen das Managen der Post im Preis inbegriffe­n ist. In solchen Fällen kann man das Co-Working-Space als Geschäftsa­dresse

angeben. Das kann vor allem dann interessan­t sein, wenn man Privates und Berufliche­s strikt trennen will – und die Privatansc­hrift nicht für geschäftli­che Zwecke preisgeben will.

Womöglich denkt man als Selbststän­diger auch über das Anmieten von eigenen Räumlichke­iten nach. „Dann sollte man sich aber schon sehr sicher sein, dass das Geschäftsm­odell tragfähig ist und man die Räumlichke­iten auch mittelfris­tig nutzen wird“, so Kannenberg.

Eine gute Alternativ­e können Bürogemein­schaften sein. Ein Vorteil hierbei kann sein, dass die anderen Mieter aus einem ähnlichen Bereich kommen wie man selbst – man hat also quasi Menschen vom Fach um sich und kann mit ihnen Ideen austausche­n oder fachsimpel­n.

Aber auch eine Arbeitsumg­ebung, in der Menschen aus unterschie­dlichen Berufen – Architekte­n, Designer, freie Autoren – in einem Raum sitzen und arbeiten, hat ihren Charme. „Das ermöglicht einem in einer Pause vielleicht auch mal einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus“, sagt Kollewe. (dpa)

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA ??
FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany