Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Land sieht Potenzial in Ablachtalbahn
Verkehrsministerium stellt Studie zur Wiederbelebung von Bahnstrecken vor.
MESSKIRCH/MENGEN - Erst vor wenigen Wochen haben die Gemeinden Sauldorf und Meßkirch beschlossen, die Strecke der Ablachtalbahn zwischen Stockach und Mengen zu kaufen, um in Zukunft wieder Personenverkehr auf der Strecke zu ermöglichen. Grundlage für diese Weichenstellung war unter anderem ein Gutachten. Parallel zu den Kommunen hat sich jedoch auch das Land Baden-Württemberg mit der Reaktivierung von Bahnstrecken im Bundesland beschäftigt, eine Potenzialanalyse in Auftrag gegeben und die Ergebnisse daraus am Dienstag bei einer digitalen Veranstaltung vorgestellt – mit einem deutlichen Signal für die Ablachtalbahn.
Ziel des Verkehrsministeriums sei es gewesen zu prüfen, welche der „stillgelegten Strecken wieder wachgeküsst“werden könnten, erklärte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Hintergrund der Studie. Zudem gelte es, in den kommenden Jahren die Schiene zu stärken und den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 zu verdoppeln. Dass nun auch auf die Wiederbelebung von stillgelegten Schienenstrecken geschaut würde, habe jedoch nichts mit Nostalgie zu tun, sondern vielmehr mit den Plänen, die Verkehrswende zu schaffen. Laut Hermann seien bei der Studie mehr als 70 Strecken untersucht worden, bei 42 gehe man davon aus, dass „sie prinzipiell reaktivierungsfähig sind“.
Eine davon ist die Ablachtalbahn. Sie kommt in der Studie gleich zweimal vor. Einmal als Teil von Mengen über Krauchenwies nach Stockach und einmal auf gleicher Strecke mit der Verbindung nach Sigmaringen. Ein beiden Fällen bescheinigt ihr die Studie ein „hohes Nachfragepotenzial“. In dieser Kategorisierung empfiehlt das Verkehrsministerium: weitere Schritte angehen! Das sind laut Gerd Hickmann, Leiter der Abteilung Öffentlicher Verkehr im Verkehrsministerium, eine Machbarkeitsstudie, die Planung, eine standardisierte Bewertung sowie die Umsetzung der Pläne.
Erstellt hat die Studie die Gutachterfirma PTV aus Karlsruhe. Petra Strauß, Mitarbeiterin des badischen Unternehmens, spricht bei der Studie über „eine sehr große Aufgabe“, gibt jedoch zu verstehen, dass es sich dabei nicht um eine Machbarkeitsstudie handele. Sie und ihre Kollegen hätten sich damit beschäftigt, das Nachfrage- und Fahrgastpotenzial auf den untersuchten Strecken abzubilden. Nach Betrachtung und Ermittlung unterschiedlicher Parameter habe man anschließend die Strecken in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Die Studie rechnet an Werktagen mit 750 bis 1500 Fahrgästen. Ein Blick galt laut Strauß auch „dem Infrastrukturstatus der Strecke und der Netzwirkung“– also dem Zustand der Strecke und der Eingliederung ebenjener in das bestehende Schienennetz. Die Ablachtalbahn erfüllt im Falle einer Reaktivierung die Rolle einer Verbindungsstrecke und hat einen Vorteil gegenüber anderen Strecken in dieser Kategorie – sie ist nicht abgebaut und teilweise befahrbar.
Und nun? Liege es auch an den Kommunen, so Hermann. „Eine Wiederbelebung von stillgelegten Strecken hängt natürlich auch stark davon ab, wie groß die Initiative vor Ort ist“, erklärte der Verkehrsminister. Laut Hickmann unterstütze das Land die Kommunen bei Machbarkeitsstudien, Investitionskosten und der Finanzierung des laufenden Betriebs. Auch vom Bund gebe es für Projekte mit einem finanziellen Volumen ab 10 Millionen Euro Zuwendungen. Über die Anträge zur
Reaktivierung der Bahnen entscheide man laut Hermann nach Reihenfolge der Eingänge.
In der Studie taucht auch die Räuberbahn auf. Sie landet in der Kategorie mit geringerem Nachfragepotenzial und dem Hinweis, dass ein „Gelegenheitsverkehr oder touristischer Verkehr“zu prüfen sei. Die Kategorien seien laut Hickmann jedoch nicht in Stein gemeißelt, im Laufe der Zeit könnten sich ja auch die Nachfrage und die Gegebenheiten verändern.