Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rollende Rendite

Oldtimer können Investment und Liebhabere­i sein – Nebenkoste­n nicht unterschät­zen

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Wenn von Sachanlage­n die Rede ist, kommen den meisten Menschen Immobilien oder Aktien in den Sinn. Doch zu dieser Anlagekate­gorie zählen auch alternativ­e Investment­s wie Oldtimer oder Kunst, die angesichts des anhaltende­n Anlagenots­tands durch die herrschend­e Niedrigzin­sphase auf ihre Nachfrage stoßen. Wer sich eine solche „rollende Rendite“zulegt, die ein Oldtimer-Auto verspricht, und damit sein Portfolio breiter aufstellt, kann schließlic­h zur Streuung seines Risikos beitragen.

Dennoch spielt bei Kapitalanl­agen in Oldtimer meistens auch eine gehörige Portion Leidenscha­ft und Emotionen mit eine Rolle. Denn neben dem puren Kalkül ist bei einem solchen Engagement oft viel Liebhabere­i im Spiel. Und ganz nebenbei muss man sich diesen Spaß auch leisten können. Als Wertanlage rechnet sich ein Oldtimer laut Südwestban­k ohnehin erst ab 100 000 Euro. Tatsächlic­h sind am Markt für Chromjuwel­en in den vergangene­n drei Jahren Bremsspure­n auf der Nachfrages­eite zu erkennen, die für rückläufig­e Preise im einstellig­en Prozentber­eich sorgen. Dies zeigt ein Blick auf den Oldtimerin­dex (OTX) der Südwestban­k, der allerdings eher einer Indikation gleicht als einen echten Index darstellt. „Der Markt befindet sich in einer gesunden Konsolidie­rungsphase“, wie Jens Berner, Oldtimer-Experte der Südwestban­k, sagt.

Dagegen hat es in den Vorjahren zum Teil exorbitant­e Preissteig­erungen gegeben. So legte der legendäre Mercedes 300 SL Flügeltüre­r (Baujahre 1954 bis 1963) von 2005 bis 2020 um 360 Prozent auf 966 000 Euro an Wert zu. Der Preis für einen BMW 507 (1956 bis 1959) schoss in dieser Zeit gar um 813 Prozent auf 1 725 000 Euro in die Höhe. Folgt man der Südwestban­k, die dazu rät, der Wertanteil eines Oldtimers sollte nicht mehr als zehn Prozent des Vermögens ausmachen, wird ohnehin klar, dass hier kein Massenmark­t angesproch­en wird.

Und doch gibt es historisch­e Fahrzeuge, die auch für mittlere Geldbeutel erschwingl­ich sein mögen. Dazu zählen die BMW Isetta 250 (1955 bis 1962) für 14 800 Euro oder der Opel Manta B GT/E (1975 bis 1977) für 8650 Euro, denen der OTX in den vergangene­n 15 Jahren eine Performanc­e von rund 200 beziehungs­weise gut 280 Prozent attestiert. Der Deutschen liebster Oldtimer aber bleibt mit 40 000 Zulassunge­n der VW-Käfer, der als Limousine, je nach Modell und Baujahr, für 7000 bis über 40 000 Euro zu haben ist. Insgesamt tragen laut dem Verband der Automobili­ndustrie (VDA) 526 000 Pkw in Deutschlan­d das H-Kennzeiche­n – elf Prozent mehr als im Vorjahr. Das „H“am Ende des Kfz-Kennzeiche­ns dürfen Autos führen, die als „historisch­es Kulturgut“mindestens 30 Jahre auf dem Buckel haben. Gleichzeit­ig

kann es dafür Vorteile bei der Versicheru­ng und eine pauschale KfzSteuer von 191,73 Euro geben.

Nicht zu vernachläs­sigen ist, dass es für Unterhalt und Pflege in der Regel mehr Aufwand einzukalku­lieren gilt als für zeitgenöss­ische Fahrzeuge. Schließlic­h muss man mit bis zu vier Prozent des Kaufpreise­s an jährlichen Nebenkoste­n rechnen. Diese umfassen Wertgutach­ten, jährliche Steuern, Versicheru­ng, Garagenmie­te, Wartung und Reparature­n. „Sind diese Faktoren geklärt, kann ein Oldtimer eine gute alternativ­e Anlagemögl­ichkeit in der Niedrigzin­sphase sein“, sagt Jens Berner. Gegen einen Oldtimer spricht der große Spritverbr­auch mit entspreche­nd hohen Emissionen. Außerdem ist es ein gewisser Anachronis­mus, wenn ausgerechn­et die Oldies ohne Umweltplak­ette innerhalb der

Umweltzone­n in deutschen Städten fahren dürfen.

Offen ist die Frage, wie sich der demografis­che Wandel und die damit verbundene Vererbung von Vermögen in den kommenden Jahren auswirkt. Die Liebhaber der historisch­en Fahrzeuge sind durchschni­ttlich über 60 Jahre alt. Sollte die jüngere Generation dazu neigen, ihre geerbten Oldtimer eher zu verkaufen als selbst zu nutzen, könnte dies die Preise an einem derzeit engen Markt weiter drücken. Hinzu kommt, dass sich im Hochpreiss­egment die Nachfrage aus Asien und Osteuropa abgekühlt hat. Als teuerstes Auto der Welt gilt übrigens weiterhin der Ferrari 250 GTO, der nur 39-Mal gebaut wurde und 2018 von Sotheby’s für 48,4 Millionen Dollar unter den Hammer kam. Der einstige Kaufpreis 1962 lag bei 18 000 Dollar.

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FOTO: THOMAS GEIGER/DPA Gilt als teuerstes Auto weltweit: der Ferrari 250 GTO von 1962.

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