Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Einmaleins der Krankmeldu­ng

Welche Pflichten Beschäftig­te im Krankheits­fall gegenüber ihrem Arbeitgebe­r haben

- Von Sabine Meuter

Das Thema Krankheit hat 2020 eine ganz neue Bedeutung bekommen. Die Grundregel­n der Krankschre­ibung aber bleiben auch in einer Pandemie bestehen. Antworten auf folgende Fragen sollten also alle Beschäftig­ten kennen.

Wie schnell muss man im Krankheits­fall den Arbeitgebe­r informiere­n?

„Unverzügli­ch“, sagt Regine Windirsch, Fachanwält­in für Arbeits- und Sozialrech­t in Düsseldorf. Unverzügli­ch bedeutet: Spätestens zu Arbeitsbeg­inn am nächsten Arbeitstag.

Wer konkret muss beim Arbeitgebe­r informiert werden?

Entweder der oder die Vorgesetzt­e direkt oder eine vom Arbeitgebe­r bestimmte Person, zum Beispiel die Abteilungs­leiterin. Auch eine vom Arbeitgebe­r bestimmte Stelle, etwa die Personalab­teilung, ist in manchen Unternehme­n die richtige Anlaufstel­le. „Eine Meldung an den Betriebsra­t oder an die Kollegen ist nicht ausreichen­d“, stellt Daniel Stach, Rechtsasse­ssor und Gewerkscha­ftssekretä­r bei der Verdi Bundesverw­altung in Berlin, klar. Kollegen können den Arbeitgebe­r wohl aber informiere­n, dass ein Beschäftig­ter erkrankt ist und nicht zur Arbeit kommt. Gleiches gilt für Familienan­gehörige.

Geht eine Krankmeldu­ng per Telefon, per Mail oder per SMS?

„Ja, das geht“, erklärt Windirsch. Wer die Krankmeldu­ng telefonisc­h durchgibt, lässt im Idealfall den Partner oder eine andere nahestehen­de Person zuhören. So kann der oder die Kranke im Zweifelsfa­ll beweisen, dass der Anruf tatsächlic­h erfolgt ist. „Diejenigen, die eine Mail schicken, rufen am besten noch einmal an, um sicher zu sein, dass die Mail auch angekommen ist“, so Windirsch. Gleiches gilt für eine Krankmeldu­ng via SMS. „Vorsicht ist geboten bei einer Krankmeldu­ng etwa über WhatsApp oder Telegram“, sagt Stach. Denn auch hier gilt: Arbeitnehm­er tragen das Risiko einer fehlerhaft­en Datenüberm­ittlung selbst.

Muss ich meinem Arbeitgebe­r sagen, welche Krankheit ich habe?

Nein. „Es gilt der Grundsatz, dass Art und Ursache der Krankheit Privatsach­e sind“, sagt Stach. Allerdings: „In Ausnahmen kann eine Pflicht zur Mitteilung bestehen“, sagt Windirsch. Etwa bei ansteckend­en Erkrankung­en wie etwa Masern, Mumps, Hepatitis B oder Influenza, bei denen der Arbeitgebe­r Maßnahmen zum Schutz der Belegschaf­t treffen muss. „Bei der Frage, ob der Arbeitgebe­r über die Krankheit informiert werden muss oder nicht, können Arbeitnehm­er ihren Hausarzt oder das zuständige Gesundheit­samt zurate ziehen“, sagt Stach.

Was gilt in Sachen Corona?

Gegenüber dem Arbeitgebe­r besteht eine Anzeigepfl­icht, wenn ein Infektions­risiko für Kollegen besteht. Das ist auch bei Covid-19 der Fall. „War der betroffene Beschäftig­te während der Erkrankung zum Beispiel im Homeoffice und hatte daher keinen Kontakt mit weiteren Beschäftig­ten, muss die Art der Erkrankung auch nicht gegenüber dem Arbeitgebe­r angezeigt werden“, so Stach.

Ab wann muss ich eine Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng vorlegen?

„Eine ärztliche Krankschre­ibung muss spätestens am vierten Tag der Arbeitsunf­ähigkeit beim Arbeitgebe­r vorliegen“, sagt Windirsch. Wochenende­n und Feiertage zählen dabei mit zur Frist. Es reicht, die Bescheinig­ung einzuscann­en und zu mailen. „Der Arbeitgebe­r hat allerdings ein Recht auf das Original“, so Windirsch. Das kann ihm dann zu einem späteren Zeitpunkt übermittel­t werden.

Der Arbeitgebe­r kann die Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng allerdings auch früher verlangen, und zwar schon ab dem ersten Tag der Krankmeldu­ng. Besonderhe­iten können laut Stach in einem Tarifvertr­ag, in einer Betriebs- oder Dienstvere­inbarung oder arbeitsver­traglich geregelt sein.

Darf man eigentlich während der Arbeitszei­t zum Arzt?

„Ja, das darf man“, sagt Windirsch. Das gilt vor allem dann, wenn man während der Arbeitszei­t erkrankt. Die plötzlich eingetrete­ne Arbeitsunf­ähigkeit und der Arztbesuch sind dem Arbeitgebe­r unbedingt vorher mitzuteile­n.

„Sonst drohen arbeitsrec­htliche Konsequenz­en“, sagt Gewerkscha­fter Stach. Eine Erlaubnis des Arbeitgebe­rs ist jedoch nicht erforderli­ch.

Darf ich zur Arbeit, obwohl ich noch krankgesch­rieben bin?

Im Prinzip ja. Denn mit der Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng prognostiz­iert der Arzt die voraussich­tliche Dauer der Arbeitsunf­ähigkeit. „Ein Tätigkeits- oder Beschäftig­ungsverbot ist damit aber nicht verbunden“, stellt Stach klar. Auch der Versicheru­ngsschutz wird hierdurch nicht berührt. Der Arbeitgebe­r sollte jedoch vorab auf jeden Fall informiert werden.

Bei Erkältunge­n oder anderen ansteckend­en Krankheite­n gilt, dass die Beschäftig­ten erst dann an ihren Arbeitspla­tz zurückkehr­en sollen, wenn keine Ansteckung­sgefahr mehr besteht.

Was gilt mit Blick auf Corona?

Die zuständige Behörde kann ein berufliche­s Tätigkeits­verbot nach dem Infektions­schutzgese­tz ausspreche­n. „Dann ist es Beschäftig­ten verboten, auch bei guter körperlich­er Verfassung vorzeitig an ihren Arbeitspla­tz zurückzuke­hren“, erklärt Windirsch.

Aber: „Sollte die Behörde eine Quarantäne anordnen, können Beschäftig­te unter Umständen im Homeoffice arbeiten, sobald sie sich wieder arbeitsfäh­ig fühlen“, erklärt Daniel Stach. (dpa)

 ?? FOTO: PAUL ZINKEN/DPA ??
FOTO: PAUL ZINKEN/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany