Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Regierung stoppt Haalands Norweger
Ausreise- und Spielverbot: Wegen eines Corona-Falls muss das Nationalteam in Isolation
OSLO (SID/dpa/sz) - Der Hilferuf von Erling Haaland und seinen Kollegen ließ Bent Höie völlig kalt. Der norwegische Gesundheitsminister dachte trotz des Bittbriefs aus dem Mannschaftsquartier nicht im Traum daran, seinen bisher so erfolgreichen Kampf gegen das Coronavirus für das Nationalteam oder die Europäische Fußball-Union UEFA aufs Spiel zu setzen. Die Quarantäne für die Spieler um den Dortmunder Star Haaland blieb bestehen, die UEFA musste die für Sonntag geplante Nations-League-Begegnung in Rumänien absagen.
Höie hatte das Ausreiseverbot für die Mannschaft aufgrund eines positiven Corona-Tests bei Außenverteidiger Omar Elabdellaoui bereits angekündigt – und dabei harsche Kritik an der UEFA geübt. „Wenn der Verband sich dafür entscheidet, in einer rechtlichen Grauzone zu agieren und eines der wichtigsten uns zur Verfügung stehenden Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie zu untergraben, nämlich die Quarantäne, wenn man mit einer infizierten Person in Kontakt gekommen ist, dann werde ich heftig reagieren“, sagte Höie.
Höie konnte sich seinen Schritt leisten, schließlich sind die Zahlen auf seiner Seite. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 75 (neun Todesfälle) ist Norwegen gegenwärtig eines der Länder, die am besten durch die Pandemie kommen. Deshalb interessierte sich Höie, dessen Ministerium wohl auch die für den Dezember in Norwegen geplante Handball-EM der Frauen absagen wird, kaum für die weitreichenden sportlichen Auswirkungen – im Gegensatz zu den Profis.
„Die gesamte Mannschaft ist zutiefst verzweifelt, weil die norwegischen Behörden uns die Teilnahme an den beiden entscheidenden Spielen der Nations League gegen Rumänien und Österreich verweigern“, hieß es in einem Schreiben des norwegischen Verbands NFF an das Gesundheitsministerium.
Laut NFF drohen dem Verband weitreichende Konsequenzen – sportlicher und finanzieller Natur. Da die UEFA die drei Punkte wohl Rumänien zusprechen wird, könnte Norwegen den Aufstieg in die Gruppe A der Nations League sowie einen guten Lostopf bei der Auslosung der WM-Qualifikation verpassen. Doch auch die Argumentation, wonach alle Spieler außer dem Ex-Braunschweiger Elabdellaoui viermal negativ getestet worden sind und bei der Reise strenge Hygienevorschriften geplant seien, half nichts.
Schon das für vorigen Mittwoch geplante Länderspiel gegen Israel war auf dringende Empfehlung der lokalen Gesundheitsbehörden abgesagt worden. Grund war der positive Fall des israelischen Nationalspielers Munas Dabbur von der TSG Hoffenheim.
Die neuesten Meldungen aus Norwegen deuten nun darauf hin, dass immerhin die Partie am Mittwoch in Österreich stattfinden könnte. Dort könnte eine Notelf auflaufen, die aus
Spielern zusammengestellt wird, die sich nicht in Quarantäne befinden. Noch ist aber unklar, ob der neue Lockdown in der Alpenrepublik Auswirkungen auf die Austragung hat. Auch die Auswirkungen auf die Bundesliga sind noch offen. Im norwegischen Kader standen neben Haaland auch Rune Jarstein (Hertha BSC) und Alexander Sörloth (Leipzig).
Die Spieler wurden mittlerweile zwar nach Hause entlassen und durften auf dem Weg durch eine Ausnahmeregel öffentliche Verkehrsmittel benutzen, müssen sich dort aber laut der Gesetzgebung der Skandinavier weiter isolieren. Einige Spieler reagierten mit Unverständnis: „Jetzt reisen wir morgen mit dem Linienflug nach Hause. Das akzeptieren die norwegischen Behörden, sagen aber gleichzeitig „Nein“, wenn wir getrennt von allen anderen mit einem Charterflug nach Rumänien reisen wollen“, sagten Stefan Johansen, Martin Ødegaard und Joshua King.