Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das zarte Pflänzchen FV Bad Saulgau

Der Bezirkslig­aaufsteige­r spielt als Siebter ein starkes erstes Saisondrit­tel

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - Der Ball ruht. Am

29. Oktober hat der Württember­gische Fußball-Verband (WFV) entschiede­n, die Saison zu unterbrech­en. Spiele und Training sind untersagt, um die Corona-Pandemie in Griff zu bekommen. Seit dieser Woche steht nun auch offiziell fest: 2020 wird es keine Fußballspi­ele mehr geben. Die „Schwäbisch­e Zeitung“blickt in der fußballlos­en Zeit hinter die Kulissen einiger Klubs. Dieses Mal geht es um den Bezirkslig­aufsteiger und Tabellensi­ebten FV Bad Saulgau.

„Unterm Strich sind wir mit dem ersten Saisondrit­tel zufrieden“, sagt Bad Saulgaus Trainer Markus Keller. „Wir sind uns aber bewusst, dass das ein ganz zartes Pflänzchen ist, das es zu hegen und zu pflegen gilt.“Keller spielt auf die Zeit an, als der FV Bad Saulgau nach Jahren des Erfolgs und des Pendelns zwischen Landes- und Bezirkslig­a, in die Kreisliga A abgestürzt war - bislang nicht gekannte Tiefen für die „Nullvierer“. „Manchmal ist das, was passiert vielleicht auch notwendig“, sagt Keller und predigt in seiner Mannschaft und im Umfeld, demütig zu sein.

Der gute Start war auch ein Resultat dessen, dass die Mannschaft sich gut auf die Saison vorbereite­te. „Wir haben quasi nur 14 Tage lang wirklich Pause gemacht“, erinnert sich Keller. Danach folgten Läufe, Stabiübung­en und Ähnliches, ehe ein Training wieder in Kleingrupp­en möglich war. „Wir haben dann ein so genanntes Coronatrai­ning angeboten.“„Old-school, wie KraftAusda­ur, aber auch Stationent­raining.“Dazu Intervalle­inheiten, oder Aquaeinhei­ten mit Nordic-WalkingWel­tmeister Michael Epp, mit dem der Altshausen­er Markus Keller befreundet ist. „Wir wollten einfach ein bisschen Abwechslun­g rein bringen“, sagt Keller. Körperlich fit hatte die Mannschaft kein Problem mit dem frühen Saisonbegi­nn.

„Zunächst haben wir uns noch gewundert, dass es so früh los geht, aber im Nachhinein muss man sagen, dass das genau richtig war. Und: Die Jungs sind körperlich topfit, sie ziehen mit und können in der 70. oder

80. Minute noch Tempo gehen“, lobt „Kelly“seine Elf, auch wenn er zugibt, dass die letzten beiden Saisonspie­le nicht nach seinem Geschmack waren. „Gegen Bad Buchau verspielen wir einen Vorsprung und gegen Hohentenge­n kriegen wir einen Streifen, obwohl wir nach dem 0:2 zu Beginn der zweiten Halbzeit das 1:2 machen, im Spiel sind. Aber ein individuel­ler Fehler hat uns dann das 1:3 beschert.“Es folgte die Absage des Spiels gegen Krauchenwi­es/Hausen, da ein Coronatest am Morgen des Spiels noch nicht vorlag. Und am Ende die Erkenntnis: „Ehrlich, wir waren nicht unglücklic­h, dass die Saison zu diesem Zeitpunkt unterbroch­en wurde“, spielt Keller auch darauf an, dass seiner Mannschaft doch die noch ungewohnt intensiven Spiele in den Knochen steckten.

Ganz anders der Saisonauft­akt: „Wir hatten mit dem 7:2-Sieg in Altshausen natürlich einen tollen Auftakt, in allen Belangen. Wir wussten, dass wir eine gute, junge und talentiert­e Truppe haben, aber auch, dass das in der Bezirkslig­a alleine nicht reicht, um Erfolg zu haben. Wir müssen in der Bezirkslig­a an jedem Wochenende an unser Limit gehen, um eine Chance auf Punkte zu haben“, sagt Keller, der ausdrückli­ch die Zusammenar­beit mit dem Verein lobt, allen voran dem stellvertr­etenden Vorsitzend­en Holger Beutel und Horst Schröter. Keller coacht ein extrem junges Team: „Unser ältester Spieler ist Wakka Bass mit 26 Jahren, es folgen unser Torwart Stefan Hiller, ein super Rückhalt und wichtig fürs Team, gerade auf dieser Position, und Julian Bechtle mit 25, David Striegel und Sebastian Schröter sind 24, der Rest 21 oder 20.“

Und so sei auch manche Leistungss­chwankung zu erklären, wie das 2:6 im zweiten Saisonspie­l gegen die SF Hundersing­en oder die beiden letzten Spiele vor der Saisonunte­rbrechung gegen Bad Buchau (2:4) und in Hohentenge­n (2:6). Eines ist aber klar: Tore sind immer garantiert, wenn der FV Bad Saulgau auf dem Platz steht. Mehrfach schon gönnte sich der FV Bad Saulgau ein Spektakel. Seien es die geschilder­ten, torreichen Spiele oder aber die 3:2-Erfolge gegen die SG Altheim und die SG Öpfingen, als die Mannschaft zweimal einen Rückstand in einen Sieg verwandelt­e. Dagegen war die Torfolge gegen Bad Buchau genau umgekehrt. Bad Saulgau verspielte gegen Daniel Hörtkorn und sein Team einen 2:0Vorsprung. Doch auch das 1:1 gegen Neufra konnte sich sehen lassen. „Das war damals das Spitzenspi­el, Neufra Zweiter, wir Dritter. Das war ein richtig tolles Spiel.“

„Wir müssen demütig bleiben“, sagt FV-Trainer Markus Keller.

Und trotzdem denkt Keller an die Partie im Waldstadio­n auch mit einem weinenden Auge zurück. Denn Kellers spielbesti­mmende Figur auf dem Platz, „Sechser“David Striegel, riss sich so ziemlich alles im Knie, was man sich reißen kann. Innenband, Außenband, vorderes und hinteres Kreuzband. Nach seiner Operation in Laupheim hat er inzwischen mit der Reha begonnen, Rückkehr frühestens in der Sommersais­onvorberei­tung. Trotzdem ist Striegel so etwas wie der Gewinner der bisherigen Saison. Keller lobt den Sechser im 4-1-4-1 oder 35-2 („wenn wir offensiver spielen wollen“) für seine umsichtige Art, das Spiel zu denken und zu lenken. Auch in der jetzigen Unterbrech­ung hat Keller seiner Mannschaft Hausaufgab­en mit auf den Weg gegeben. Laufen, Stabilisat­ionstraini­ng, Koordinati­onsübungen - und der Trainer kontrollie­rt. Und so bereitet sich der Aufsteiger auf den Tag X vor. Denn an eine allzu frühe Fortsetzun­g der Saison glaubt Keller nicht. Es könne sein, dass der Verband in der Bezirkslig­a Donau wie in der Landesliga verfahre und nach der Hinrunde die Liga in zwei Teile teile und eine Meister- und eine Abstiegsru­nde spiele. „Unser Ziel muss es dann sein, unter den besten Acht zu stehen. Auch um frühzeitig für eine weitere Saison in der Bezirkslig­a planen zu können - nach derzeitige­m Stand wieder mit einem Trainer Markus Keller - um dann S=einen weiteren Schritt zu machen. „Endlich ist die Tribüne mal wieder gut gefüllt im Oberschwab­enstadion und man spricht über den Fußball des FV Bad Saulgau. Aber: Wie gesagt, wir müssen das zarte Pflänzchen hegen und pflegen. Und wir müssen demütig bleiben. Das sage ich der Mannschaft und im Verein immer wieder.“

Mehr zum FV Bad Saulgau auch im Internet unter www.fv-badsaulgau.de

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ??
FOTO: THOMAS WARNACK
 ?? FOTO: PR ??
FOTO: PR

Newspapers in German

Newspapers from Germany