Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Landwirten stehen schwere Zeiten bevor

Die Zukunft der Landwirtsc­haft hängt von mehreren Faktoren ab.

- Von Johannes Böhler

SIGMARINGE­N - Wie sieht die Landwirtsc­haft der Zukunft aus? Fragt man Niklas Kreeb, Kreisgesch­äftsführer des Bauernverb­andes Biberach-Sigmaringe­n, so wird digitale Technik eine immer größere Rolle spielen.

„Digital Farming zum Beispiel ist bei uns groß im Kommen“, sagt Kreeb. Was er damit meint, ist zum Beispiel der Einsatz von Satelliten­technik bei der Steuerung von Landmaschi­nen, womit etwa Pestizide und Herbizide genauer und sparsamer ausgebrach­t werden können.

Damit die Technik funktionie­rt, muss ein solides Mobilfunkn­etz verfügbar sein, doch damit hat der ländliche Raum zur Zeit noch ein Problem: Funklöcher. Von denen gibt es auch im Kreis Sigmaringe­n ein paar zu stopfen.

„Wir begreifen den technische­n Fortschrit­t als Chance für die Landwirtsc­haft“, sagt Kreeb. Chancen sieht der Vorsitzend­e auch im Bereich landwirtsc­haftlicher Direktverm­arktung: „Von Lupinenkaf­fee bis zum japanische­n Rind gibt es in der Region ein paar vielverspr­echende Experiment­e“, sagt er. Und wie entwickelt sich die Bauernscha­ft

personell? Zuverlässi­ge statistisc­he Daten zum Geschlecht­erverhältn­is und der Altersstru­ktur in der Bauernscha­ft im Kreis Sigmaringe­n liegen weder dem Bauernverb­and noch den zuständige­n baden-württember­gischen Landesbehö­rden vor. Landesweit sind laut Bauernverb­and jedoch rund ein Drittel der Landwirte im Haupterwer­b, zwei Drittel im Nebenerwer­b tätig. Jährlich verliere der Bauernverb­and 1,5 bis 2 Prozent seiner Mitglieder.

Einen Rückgang beobachtet Kreeb bei der Tierhaltun­g. Insbesonde­re bei den Schweineba­uern, die im Kreis Sigmaringe­n traditione­ll stark vertreten sind, habe es in den vergangene­n Jahren einen Bruch gegeben. „Ein Grund dafür, dass viele aufgeben, ist die afrikanisc­he Schweinepe­st“, sagt der Vorsitzend­e. Aber auch ein großer Preisdruck in Kombinatio­n mit immer höheren Ansprüchen und gesetzlich­e Auflagen an die Haltung machten den Schweineba­uern das wirtschaft­liche Überleben schwer. Kreeb bedauert diese Entwicklun­g. „Wir versuchen, diesen Trend so gut es geht zu bremsen“, sagt er, „aber am Ende werden wir trotzdem weniger regionales Fleisch haben.“

Gerhard Gommeringe­r, Leiter des Landwirtsc­haftsamtes Sigmaringe­n, sagt dazu: „Mein Eindruck ist: Die Landwirte wären sehr wohl bereit, das zu leisten, wenn der Verbrauche­r es auch honoriert“, sagt er. Entscheide­nd sei deshalb, ob sich genügend Verbrauche­r teureres Fleisch leisten könnten und wollten. Denn „Bio zum Discounter-Preis“könne es nicht geben.

Auch beim Trinkwasse­rschutz glaubt Gommeringe­r, dürfe man die Verbrauche­r nicht aus politische­n Überlegung­en ausklammer­n. Alle wollten sauberes Trinkwasse­r, das sei klar. Doch für die Landwirte sei der reduzierte Düngereins­atz nur dann eine attraktive Option, wenn die Allgemeinh­eit dies honoriere – auch finanziell.

Tendenziel­l attestiert der Amtsleiter der Landwirtsc­haft ein großes Problem: „Die vornehmste Aufgabe der Landwirte ist die Lebensmitt­elerzeugun­g – doch diese Aufgabe wird durch den europäisch­en und globalen Wettbewerb zunehmend unattrakti­ver.“Angesichts dieser Situation und aufgrund von üppigen finanziell­en Anreizen hätten sich viele Landwirte daher der Energieerz­eugung zugewandt. Doch inzwischen sei auch die Biogasbran­che auf dem absteigend­en Ast.

„Die Politik will künftig bei der Energieerz­eugung verstärkt auf Solar

und Wind setzen“, sagt er. Im Zuge dessen würden Rufe nach Verringeru­ng der Einspeisev­ergütung laut. Das würde auch die Landwirte im Kreis Sigmaringe­n treffen, denn der Kreis liegt bei der Produktion von Biogas im Landesverg­leich im oberen Drittel.

„Der Markt allein gibt es schlicht nicht her, Mais zur Energieerz­eugung anzubauen“, sagt Gommeringe­r. Eine dringliche Frage müsse die Politik daher in Kürze beantworte­n: „Was ist das tragfähige Produktion­smodell für die Zukunft der Landwirtsc­haft: Tank, Trog oder Teller?“, so Gommeringe­r. MEHR AUF SEITE 19 UND SEITE 20

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FOTO: HOLGER HOLLEMANN/DPA
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