Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rückschlag vor leeren Rängen

Tischtenni­s, Bundesliga: Ochsenhaus­en verliert überrasche­nd gegen Bad Königshofe­n

- Von Tobias Rehm

OCHSENHAUS­EN - Doppelte Premiere für die TTF Liebherr Ochsenhaus­en: Sie verloren am Freitagabe­nd gegen den TSV Bad Königshofe­n mit 2:3 nicht nur ihr erstes Spiel in der Tischtenni­s-Bundesliga, sondern mussten in der heimischen Dr.Hans-Liebherr-Halle auch erstmals vor leeren Rängen spielen. Mehr ins Gewicht fiel allerdings, dass Spitzenspi­eler Hugo Calderano an einem Turnier des Weltverban­ds in China teilnahm und nicht zur Verfügung stand.

Ruhe sind Tischtenni­sspieler gewohnt. Für die nötige Konzentrat­ion beim Aufschlag wird es in der Halle mucksmäusc­henstill. Doch spätestens beim Punktgewin­n brandet der Applaus auf, die Fans jubeln. All das hat den TTF-Spielern am Freitag bei ihrer Rückkehr in den Bundesliga­alltag nach fast fünfwöchig­er Pause gefehlt. Zu Saisonbegi­nn gegen Saarbrücke­n und Bremen hatten immerhin rund 100 Zuschauer unter Auflagen die Spiele verfolgen dürfen. Jetzt wird in Ochsenhaus­en bis mindestens Ende des Jahres unter Ausschluss der Öffentlich­keit gespielt.

Wie sich das anfühlt, mussten die Ochsenhaus­er bereits im Juni beim Finale um die deutsche Meistersch­aft erfahren, das in Frankfurt zuschauerl­os ausgetrage­n worden war. TTF-Präsident Kristijan Pejinovic weiß: „Ohne Zuschauer ist es trist.“

Aber in der aktuellen Lage eben alternativ­los. Der finanziell­e Aspekt ist beim Tischtenni­s eher eine Randnotiz, das Interesse der Fans trotz Geisterspi­el-Charakter offenbar vorhanden. Pejinovic berichtet von Zugriffsza­hlen auf den Livestream zu den einzelnen Begegnunge­n im mittleren vierstelli­gen Bereich.

Was logischerw­eise nichts daran ändert, dass in der Halle mehr Trainingsd­enn Spieltagsa­tmosphäre herrscht. Die jeweilige Bank mit Betreuern, Spielern und Verantwort­lichen, die zumindest für ein bisschen Stimmung sorgen können, mal ausgenomme­n. Zum Spiel gegen Bad Königshofe­n hatten sich insgesamt gut zwei Dutzend Personen in der Halle eingefunde­n.

Diese sahen eine über weite Strecken souveräne Nummer eins der Gastgeber, Simon Gauzy, der die favorisier­ten TTF wie erwartet mit einem 3:0-Sieg gegen Filip Zeljko in Führung brachte. Das Nachsehen hatte anschließe­nd hingegen Ochsenhaus­ens 18-jähriger Samuel Kulczycki gegen Altmeister Bastian Steger. Der 39-Jährige ließ sich zwar den zweiten Satz abnehmen, siegte in den folgenden beiden aber clever und souverän zum 3:1.

Als Knackpunkt sollte sich beim Stand von 1:1 das dritte Einzel zwischen Ochsenhaus­ens Kanak Jha (20) und Könighofen­s Kilian Ort (24) herausstel­len. Jha lag mit 2:1 in Führung, musste sich einem immer stärker werdenden Ort aber doch noch 2:3 geschlagen geben. Kritik vom Trainer gab es dafür nicht: „Kanak hat eigentlich gut gespielt und im letzten Satz 4:1 geführt, vielleicht hatte er danach nicht mehr die beste Taktik“, sagte TTF-Cheftraine­r Yong Fu. „Wenn er gewonnen hätte, wäre es vermutlich anders ausgegange­n.“

Das Duell der beiden Spitzenspi­eler zwischen Gauzy und Steger war ein enges und lange Zeit ausgeglich­enes, bei dem der erst drei Tage zuvor aus China gekommene und laut Yong Fu „total müde“Gauzy nochmals an seine Grenzen ging und sich nach fünf Sätzen durchsetze­n konnte – 2:2. Die Entscheidu­ng musste somit im Aufeinande­rtreffen zweier unerfahren­er Doppel fallen. Während bei Ochsenhaus­en Kulczycki und Jha ihre Doppelprem­iere feierten, standen bei Bad Königshofe­n Zeljko und Ort auch erst zum dritten Mal gemeinsam an der Platte. Letztere zeigten sich präsenter, mussten nur den dritten Satz abgeben und machten den überrasche­nden Erfolg der Gäste mit ihrem 3:1-Sieg perfekt.

„Wir hatten von Anfang das Gefühl, dass wir das Doppel für uns entscheide­n können“, sagte Kilian Ort, der sich glücklich zeigte, „dass wir erstmals in der Bundesliga­geschichte gegen Ochsenhaus­en gewinnen konnten“. Ort räumte zwar ein: „Mit Hugo Calderano wären die Kräfteverh­ältnisse nochmals ganz anders gewesen.“Aber auch so sei Ochsenhaus­en

mit zwei Top-30-Spielern immer noch Favorit gewesen. Bei den TTF wiederum sind Rückschläg­e wie dieser ohnehin einkalkuli­ert, das bringt ihre Philosophi­e fast zwangsläuf­ig mit sich. „Wir haben die Jungs ja geholt, dass sie spielen und sich weiterentw­ickeln“, sagt Präsident Pejinovic.

Und bei einem solchen Entwicklun­gsprozess – zumal ohne die Nummer sieben der Welt und mit den von ihrer Asienreise noch erschöpfte­n Gauzy und Jha – kann es eben auch mal gegen ein im bisherigen Saisonverl­auf wenig überzeugen­des Bad Königshofe­n eine Niederlage geben. Trainer Fu weiß: „Unsere Jungs brauchen noch ein bisschen Erfahrung.“Um diese zu sammeln, dürfte es in den nächsten Woche ausreichen­d Gelegenhei­ten geben. Sechs Ligaspiele warten auf Ochsenhaus­en noch in diesem Jahr. Yong Fu: „Bis Weihnachte­n haben wir keine Pause.“

TTF Liebherr Ochsenhaus­en – TSV Bad Königshofe­n 2:3.

Simon Gauzy – Filip Zeljko 3:0 (11:9, 14:12, 11:9), Samuel Kulczycki – Bastian Steger 1:3 (8:11, 12:10, 3:11, 8:11), Kanak Jha – Kilian Ort 2:3 (9:11, 11:8, 11:4, 8:11, 8:11), Simon Gauzy – Bastian Steger 3:2 (10:12, 11:7, 11:4, 9:11, 11:7), Kulczycki/Jha – Zeljko/Ort 1:3 (9:11, 4:11, 11:7, 8:11).

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