Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Tuttlingen ist landesweite Corona-Spitze
Der Landkreis liegt mit den Corona-Zahlen auf Platz eins in Baden-Württemberg
TUTTLINGEN (sz) - „Es ist eine Katastrophe“mit diesen Worten hat Oberbürgermeister Michael Beck am Donnerstag zu Beginn der Sitzung des Gemeinderats-Ausschusses klargemacht, dass es in Tuttlingen nicht so weitergehen könne. Der Inzidenzwert allein für die Stadt Tuttlingen lag zum damaligen Zeitpunkt bei 340 (der Wert für den gesamten Landkreis bei 274,9).
In vielen Gemeinden des Landes flache die Kurve ab, „aber im Landkreis Tuttlingen geht die Kurve durch die Decke“, so Beck. Als sofortige Konsequenz hatte der Oberbürgermeister den Tuttlinger Wochenmarkt
abgesagt. Desweiteren hat das Landratsamt Tuttlingen am Freitag 28 neue Corona-Fälle für das Kreisgebiet gemeldet. Mit dem aktuellen Inzidenzwert von 275 liegt der Kreis auf Platz eins in BadenWürttemberg. Ein weiterer gemeldeter Todesfall erhöht die Anzahl der Todesfälle in dieser Woche auf acht. Alle acht Verstorbenen waren nach Auskunft des Landratsamts älter als 80 Jahre, die meisten von ihnen waren Bewohner verschiedener Pflegeheime des Landkreises Tuttlingen.
Die Landespolizei kontrolliert bis einschließlich des Wochenendes
verstärkt im öffentlichen Nahverkehr, bei kirchlichen Veranstaltungen, auf öffentlichen Plätzen und Parkplätzen vor Einkaufszentren. Dazu sind zusätzliche Polizeikräfte für den Landkreis Tuttlingen abgestellt. Sie sollen dafür sorgen, dass sich die rund 140 000 im Landkreis lebenden Menschen an die Corona-Regeln halten. Alle haben die Polizisten aber nicht im Blick: Kontrollschwerpunkte sind Trossingen, Spaichingen und Tuttlingen. Schon seit dem vergangenen Wochenende hat Polizeipräsident Gerold Sigg seine Mitarbeiter in die Städte geschickt. In Spaichingen habe man bislang (Stand Mittwoch, 14 Uhr) 212 Personen und 80 Fahrzeuge kontrolliert. Es wurden 49 Verstöße gezählt, drei Mal gab es Anzeigen. In
Tuttlingen sind bislang mehr als 300 Menschen und 53 Personen angehalten worden. Mit 86 Verstößen, von denen 13 angezeigt wurden, fiel die Bilanz schlechter aus als in Spaichingen.
Ohnehin sei das Infektionsgeschehen in der Kreisstadt deutlich angespannter als in den kleineren Gemeinden, erklärte Landrat Stefan Bär. Allein in den Pflegeheimen im Kreis gab es in den vergangenen zwei Wochen insgesamt knapp 100 Fälle bei Personal und Bewohnern. Oberbürgermeister Michael Beck ergänzt: „Auch das Sozialverhalten könnte ursächlich sein, vor allem in der türkischen Bevölkerungsgruppe.“Mit Blick auf die Namen der zuletzt gemeldeten Fälle steche die türkische Community heraus. Daher hat sich der OB mit Moscheeverbänden und Imamen in der Festhalle getroffen. „Dort kam auch zur Sprache, dass sich einzelne Besucher rücksichtslos verhalten.“Derzeit liefen rund 630 Verfahren gegen Tuttlinger, 36 davon habe die Justiz übernehmen müssen. Die Betroffenen müssen mit Geldstrafen von 30 bis 2500 Euro rechnen. „Es wird Zeit brauchen, bis wir die Menschen überzeugt haben, dass die Lage ernst ist“, betont Michael Beck.
„Es wird Zeit brauchen, bis wir die Menschen überzeugt haben, dass die Lage ernst ist“, sagt Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck.