Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein Ozeanriese fürs Wohnzimmer
Ulrich Uhl aus Unterschmeien baut sich eine Titanic.
UNTERSCHMEIEN - Auch wenn es nicht auf der Hand liegt, aber die nordirische Stadt Belfast und das beschauliche Unterschmeien haben etwas gemeinsam – in beiden Orten beginnt die Geschichte einer Titanic. Während die Originalausgabe des berühmten Schiffes bereits 1912 vom Stapel lief, steht die Fertigstellung eines Nachbaus von Ulrich Uhl kurz bevor. Seit mehreren Jahren arbeitet der inzwischen 70-Jährige an einem Modell im Maßstab 1:100.
Uhls Geschichte mit der Titanic beginnt noch mit einem HollywoodSpielfilm: „,Was ist das nur für ein Wahnsinns-Kutter?’ habe ich mich gefragt, als wir damals den Film von James Cameron gesehen haben“, erinnert sich Uhl an einen Abend Ende der 1990er-Jahre. Andere sahen sich von der Dramatik und Romantik des Films ergriffen, Uhl von der Technik und der majestätischen Anmutung des Stahlkolosses. „Es hat mich nicht mehr losgelassen, ich habe mir Bücher und Konstruktionszeichnungen des Schiffes besorgt und mich dazu entschieden, ein Modell der Titanic zu bauen“, so der 70-Jährige, dessen Nachbau knapp 2,7 Meter Länge misst und 28 Zentimeter Breite.
Los ging es mit dem Bau des Rumpfes aus Sperrholz und der Beplankung des selbigen. „Alleine das war schon sehr viel Arbeit, unter anderem durch das Schleifen von Bug und Heck“, so Uhl, der zugibt, zwischendurch auch fast die Lust am Projekt verloren zu haben. Er machte weiter. Es folgten Bohrungen für die Bullaugen (circa 350 Stück) und das Anbringen der LED-Beleuchtung im Inneren des Holzschiffes. „Die Deckaufbauten waren sehr zeitintensiv“, sagt Uhl und spricht von „unzähligen Fenstern unterschiedlicher Größe“, die aus dünnem Sperrholz herausgefräst werden mussten. Nur wenige Teile seiner Titanic, so Uhl, seien aus dem Handel.
„Die Rettungsboote hätte ich beispielsweise trotz meiner Modellbauerfahrung nicht selbst bauen können“, sagt Uhl, der sich unter anderem auch dem Bau von Modellflugzeugen widmet. Seine Flugzeuge können fliegen, doch wie sieht es mit der Schwimmfähigkeit seines Schiffes aus? „Ich wollte sie eigentlich schwimmfähig machen, dafür hätte ich aber 40 Kilogramm Blei im Schiffsrumpf platzieren müssen. Aber sie ist viel zu detailliert und zu filigran, als dass man auf dem Wasser noch was davon erkennen könnte – und außerdem ist sie mir zu schade für den Einsatz im Wasser“, gibt der Modellbauer zu verstehen.
Für sein Modell hat sich Uhl an den Bauplänen und alten Bildern des Schiffs orientiert. Aber nicht so bei den Schornsteinen, denn die sind rot. „Die Titanic und ihr Schwesterschiff Olympic hatten gelbe Schornsteine. Die hätten bei mir aber keinen Kontrast zur hellen Holzoptik-Beplankung der Decks geboten“, sagt Uhl über den Anstrich der vier Schornsteine, die ihm beim Herstellen sein „ganzes modellbauerisches Können abverlangt haben“.
Langsam rückt nun quasi auch der Stapellauf (auf dem Trockenen) in Unterschmeien näher – mehr als 20 Jahre nach Beginn der Arbeiten am Titanic-Modell. „Zusammengerechnet habe ich sicher rund 2000 Stunden Arbeit in das Modell investiert. Die größte zeitliche Herausforderung dabei war die Installation der ungefähr 1300 LEDs im Schiffsinneren“, so Uhl, der in naher Zukunft noch den Kompassstand, die Takelung und die Sendeantenne für Morsezeichen installieren will. Für Titanic-Fan Ulrich Uhl „eine Aufgabe für lange Winterabende“.