Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Haus Nazareth nimmt Stellung zum Elterntreff-Aus
Der Träger des Angebots in Winterlingen ruft zur Kompromissfindung auf
WINTERLINGEN (sz) - Nach dem vom Gemeinderat beschlossenen Aus für den Elterntreff „Kunterbunt“in Winterlingen meldet sich das Haus Nazareth als Träger mit einer öffentlichen Erklärung zu Wort. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sei es wichtig, „stabilisierende, haltgebende und fachlich fundierte Hilfen wie den Elterntreff aufrecht zu erhalten“, heißt es darin. Das Haus Nazareth blicke auf eine langjährige, vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde Winterlingen zurück. „Die Stabilität einer solchen Partnerschaft wird gerade in schwierigen Zeiten wie diesen sicht- und spürbar. Gerade jetzt ist es umso wichtiger, offen zu kommunizieren und gemeinsam Kompromisse zu finden, um Notwendiges zu erhalten.“
In seiner Sitzung vor einer Woche hatte der Gemeinderat das Aus des Elterntreffs zum Ende dieses Jahres beschlossen – vor allem aus Kostengründen. Acht Räte stimmten für das Ende des Angebots und vier dagegen, sechs enthielten sich. Wie Bürgermeister Michael Maier erklärte, muss noch aufgearbeitet werden, ob die beschlossene Vertragskündigung auch rechtlich Bestand hat.
In einer Pressemitteilung äußern sich Peter Baumeister, Direktor des Hauses Nazareth, und sein Stellvertreter Daniel Hahn zum Gemeinderatsbeschluss. Sie wollten einige Aussagen richtigstellen und ihre Position klar machen, schreiben sie. Der Elterntreff „Kunterbunt“unterstützte die Eltern- und Familienbindung und zähle zu den erfolgreichsten im gesamten Zollernalbkreis. Als Baustein der „Frühen Hilfen“stärkten die Elterntreffs Mütter und Väter in ihrer Erziehungskompetenz und unterstützten sie mit professioneller pädagogischer Beratung. „Der Elterntreff erfreut sich größter Beliebtheit und ist ein wichtiger, integrativer und sicherheitgebender Faktor für die Eltern in Winterlingen“, schreiben Baumeister und Hahn. „Insgesamt freuen sich jede Woche 49 Elternpaare über Anregungen, Tipps, Newsletter und pädagogische Wegweiser.“
Die Verantwortlichen des Hauses Nazereth betonen, dass mit den gesamten Personalkosten in Höhe von etwa 10 000 Euro nicht nur die rund 20 Elterntreffen im Jahr finanziert werden. Baumeister und Hahn listen eine Reihe von Aufgaben auf, die die zuständige Mitarbeiterin Susanne Kopp ebenfalls übernimmt. Diese Liste reicht von Treffen, Einzelberatung und der Entwicklung von Handouts über Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit bis hin zu administrativen Aufgaben. Hinzu kommen beispielsweise Informationsgespräche, Berichte, Anträge, Abrechnungen sowie Fort- und Weiterbildungen. „Aus dieser Auflistung wird deutlich, dass der Stellenumfang bei Weitem nicht nur für die zirka 20 Treffen im Jahr aufgewendet wird“, heißt es in der Mitteilung des Hauses Nazareth.
Die Fachwelt sei sich einig, dass es einen massiven Anstieg an sozialpädagogischen Bedarfen nach der Krise geben wird. „Die Krise nach der Krise kommt“, schreiben Peter Baumeister und Daniel Hahn. Diese Nöte würden auch vor dem ländlichen Raum keinen Halt machen. „Als große Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe machen wir uns Sorgen vor diesem Spagat der notwendigen Einsparungen im sozialen Bereich bei gleichzeitiger massiver Erhöhung der Bedarfe, die nur mit sozialpädagogischem Fachpersonal bewältigt werden kann.“