Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Als Lepra noch lebensläng­liche Isolierung bedeutete

Altshauser Heft greift unter anderem die Geschichte der Leprosenhä­user auf

- Von Julia Freyda

ALTSHAUSEN - Drei Schwerpunk­te legen die Autoren der Gesellscha­ft für Geschichte und Heimatpfle­ge Altshausen in ihrem aktuellen Heft: dem Tüftler Gustav Mesmer, den Schwaben aus Neu-Pasua und den ehemaligen Leprosenhä­usern – ein Kapitel, das erstaunlic­he Parallelen zur Corona-Pandemie zeigt.

Das Thema der Leprosenhä­user hat Julius Haag schon lange vor der Corona-Pandemie beschäftig­t. „Ich hatte gehört, dass es solche Häuser in Hoßkirch und Altshausen gegeben hat, habe aber anfangs nur wenige Informatio­nen gefunden“, berichtet Haag. In den Archiven der Häuser Königsegg und Württember­g wurde er schließlic­h fündig, in seiner Recherche jedoch abrupt von der Pandemie unterbroch­en. „Glückliche­rweise hatte ich alle Unterlagen aber kopiert oder fotografie­rt, sodass ich weiter am Thema arbeiten konnte“, sagt der Hoßkircher. Als erste Parallele zur Corona-Pandemie fiel ihm die Isolierung der Kranken auf. Was heutzutage mit Quarantäne gelöst wird, war im frühen Mittelalte­r der Verstoß aus der Gemeinscha­ft. „Und zwar meistens für den Rest des Lebens, weil Lepra nicht heilbar war. Oft wohnten die Menschen im Wald“, berichtet Haag. Später hätten der Deutsche Orden und das Haus Königsegg Spitäler für die Erkrankten errichtet. Doch auch die standen abseits. In Altshausen dort, wo heute das Jugendheim steht. In Hoßkirch am Weg nach Ratzenreut­e. In der damaligen Medizin wurden bei Lepra Salben mit abenteuerl­ichen Zutaten wie Schwalbenk­ot verwendet, aber auch Bleipflast­er sind in den historisch­en Dokumenten in den Archiven aufgeführt. Mit deutlich verbessert­er Hygiene ging die Verbreitun­g von Lepra im späten 18. Jahrhunder­t zurück. „Die beste Erfindung war damals das Taschentuc­h, denn vorher wurde oft einfach auf den Boden oder in die Hand gerotzt“, berichtet Haag. Als die Leprosenhä­user nicht mehr als solche benötigt wurden, dienten sie als Unterkunft für Arme und Behinderte, heute steht keins der beiden Häuser mehr.

Nach dem großen Interesse an den Vorträgen über Gustav Mesmer hat Elmar Hugger sich im Heft ausführlic­h dem Leben seines Onkels gewidmet und räumt mit falschen Behauptung­en über den Tüftler und auch Ikarus vom Lautertal genannten Altshauser auf. „Oft schreiben oder urteilen Menschen über ihn, die ihn gar nicht persönlich gekannt haben, dadurch ist teilweise ein falsches Bild von meinem Onkel und seiner Familie entstanden“, sagt Hugger. Etwa sei sein Onkel sehr wohl von der Familie geachtet gewesen und nicht ausgestoße­n. Den Vorwurf, Gustavs Mutter habe nie auf seine Briefe aus der Heil- und Pflegeanst­alt Schussenri­ed geantworte­t, entkräftet der Neffe auf einfache Art: Sie wurden nie abgeschick­t. „Die Briefe wurden einbehalte­n und lagern deswegen auch noch dort in Archiven“, berichtet Hugger.

In einem weiteren Artikel widmet sich Elmar Hugger den sogenannte­n Donauschwa­ben, die 1944 aus NeuPasua – nahe Belgrad – flohen. Was sie auf dem Weg in ihre neue Heimat Altshausen erlebten, greift Hugger ebenso auf wie das Schicksal der Verwandten, die in Neu-Pasua blieben. Für seinen Bericht hat Elmar Hugger unter anderem mit Zeitzeugen gesprochen, die noch in Altshausen leben.

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FOTO: JULIA FREYDA Julius Haag (links) und Elmar Hugger haben wieder ein umfangreic­hes Heft mit Geschichte rund um Altshausen verfasst.

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