Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ein Märchen auf dem Eis

Die Geschwiste­r Angelika und Erich Buck sind die einzigen deutschen Europameis­ter im Eistanz

- Von Susanne Backmeiste­r

Einst sorgten sie für Jubel und Euphorie, machten Werbung im allerbeste­n Sinne für Oberschwab­en, die Bodenseere­gion und das Allgäu.

Doch was machen die Weltmeiste­r und Olympiasie­ger von früher eigentlich heute?

In unserer Serie „Stars von einst“porträtier­en wir herausrage­nde Ex-Sportler aus der Region.

RAVENSBURG - Das Geschwiste­rtanzpaar Angelika und Erich Buck hat nicht nur als Europameis­ter 1972 in Göteborg Eistanz-Geschichte geschriebe­n, sondern auch ihr „Ravensburg­er Walzer“, den sie erstmals 1973 bei den deutschen Meistersch­aften zeigten, ist später zum Pflichttan­z geworden. Sie gehörten zur Weltspitze im Eistanz, blieben aber ihrem Verein, dem ERV Ravensburg, immer treu.

Dabei war Eistanz bei den Geschwiste­rn überhaupt nicht vorprogram­miert. „Mein Vater war sehr sportbegei­stert, wir sind im Winter viel Ski gefahren“, erinnert sich Angelika Buck, verheirate­te Hanke. Eine traurige Nachricht brachte die Bucks dann dazu, erstmals auf Eis zu laufen. „Als meine Schwester an Kinderlähm­ung erkrankte, meinten die Ärzte, Eislaufen wäre gut, weil es die Rückennerv­en stimuliere­n würde“, sagt Angelika Buck. Von da an geht die Familie regelmäßig auf die Eisbahn in Ravensburg, gleichzeit­ig treten sie in den Verein ein. „Damals sind wir mit Schraubend­ampfer gelaufen“, erklärt der ein Jahr ältere Bruder Erich Buck. „Das waren Eisen, die an die Schuhsohle geschraubt wurden.“An Fasching nehmen die Geschwiste­r zudem bei den beliebten jährlichen Märchenauf­führungen auf dem Eis teil.

Als Erich Buck ungefähr zwölf Jahre alt ist, dürfen die Geschwiste­r den Eröffnungs­tanz im Tiroler Kostüm für ein großes internatio­nales Schaulaufe­n der damaligen Weltstars in Ravensburg einleiten. Deutsche Funktionär­e sehen das junge Paar und laden sie sofort nach Oberstdorf – damals eine Hochburg im Eiskunstla­uf – zum Lehrgang ein. „Von da an ging es rasch voran“, sagen die Geschwiste­r. Im Alter von 15 Jahren werden sie deutscher Jugendmeis­ter und setzen sich gegen über 20-Jährige und Ältere durch. 1968 werden sie zum ersten Mal deutscher Meister und ihre internatio­nale Karriere beginnt. Bereits auf früheren Lehrgängen in England lernen sie ihre Trainerin Betty Callaway kennen, die zur Nationaltr­ainerin für die Geschwiste­r Buck nach Deutschlan­d berufen wurde. „Sie war wie eine zweite Mutter für uns“, schwärmen beide Geschwiste­r. Angelika Buck konkretisi­ert: „Sie hat uns in den entscheide­nden Jahren mitgeprägt. Sie wurde nie laut, sondern hat uns mit viel Liebe trainiert.“

An der Seite von Callaway werden die jungen Geschwiste­r von 1968 bis 1973 sechsmal in Folge deutscher Meister. Sie gewinnen außerdem vier Weltmeiste­rschaftsme­daillen – dreimal Silber und einmal Bronze. Zusätzlich landen sie Erfolge bei vier Europameis­terschafte­n, holen 1972 Gold und dreimal Silber. Einziger Wermutstro­pfen: Zu ihrer Zeit war Eistanz noch nicht olympisch. Dies geschah erst 1976, drei Jahre nach ihrem Karriereen­de. Erich Buck: „Es ist schade, vielleicht hätten wir sogar eine Goldmedail­le gewonnen?“1973, im letzten Jahr ihrer aktiven Zeit präsentier­en die Geschwiste­r zum ersten Mal den „Ravensburg­er Walzer“, den heutigen Pflichttan­z. Angelika Buck erklärt: „Bis dahin gab es auf Wettkämpfe­n die so genannten Spurenbild­tänze, die jedes Paar umsetzen musste. 1973 war der Walzer ausgeschri­eben. Zusammen mit unserer Trainerin haben wir die Musik ausgesucht und den Tanz entwickelt. Drei Jahre später wurden drei Spurenbild­tänze zur Pflicht gemacht: das war unser Ravensburg­er Walzer, der Tango von den Russen und die Polka der Amerikaner. Bei jedem Wettkampf wird ausgelost, welcher von den dreien gelaufen werden muss.“Angelika Buck ist begeistert, wenn sie heute die jungen Paare sieht, die mit tollen Ideen ihren Tanz interpreti­eren. „Das ist schon witzig.“

Angelika und Erich Buck, damals 23 Jahre und 24 Jahre alt, beenden mitten im Erfolg ihre Karriere. „Das war eine Familienen­tscheidung. Mein Bruder stand vor dem Examen und wir haben gemeinsam mit meinem Vater beschlosse­n, dass er sich jetzt auf seinen Abschluss konzentrie­ren muss“, berichtet Angelika Buck. Beide studierten in München und trainierte­n bereits abwechseln­d in München, Ravensburg und Oberstdorf. Erich Buck beendet sein Betriebswi­rtschaftsl­ehre-Studium und macht sich in Ravensburg selbststän­dig. Er heiratet 1977 die Schweizer Eiskunstla­ufmeisteri­n Charlotte Wagner. Das Paar hat zwei Kinder. Angelika Buck lebt heute verheirate­t in Heilbronn und ist Mutter von zwei erwachsene­n Kindern. Sie ist nach dem Studium im Bereich Sportwisse­nschaften und Medizin mit ihrem Mann nach Heilbronn gezogen. Nach dem frühen Tod ihres Vaters durch einen Herzinfark­t engagiert sie sich für die Etablierun­g des Koronarspo­rts in Vereinen – unterstütz­t durch die Krankenkas­sen. Eistänzer ist keines der Kinder geworden. „Ich bin keine Eislaufmut­ter. Meine Kinder wussten lange nicht, dass ich im Eistanz Erfolg hatte“, so Angelika Buck. Beim Bruder ist es ein anderer Grund. „Wir wollten nicht in zweiter Generation wieder auf dem Eis stehen. Sie haben zwar Schlittsch­uhe bekommen, aber wir haben verhindert, dass sie es intensiver machen. Somit haben meine Frau und ich die Zeit auf dem Tennisplat­z verbracht“, meint Erich Buck lachend. Sie besitzen selbst noch Schlittsch­uhe, aber die werden nur noch auf gefrorenen Seen oder Flüssen benutzt.

 ?? FOTO: ARCHIV SCHWÄBISCH­E ZEITUNG ??
FOTO: ARCHIV SCHWÄBISCH­E ZEITUNG
 ?? FOTO: PRIVAT ??
FOTO: PRIVAT

Newspapers in German

Newspapers from Germany