Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
SPD sieht im Kreis Sigmaringen viel Aufbauarbeit vor sich
Kandidaten erklären beim Redaktionsbesuch ihre Wahlkampfstrategie – Scharfe Kritik an der Bildungspolitik der Landesregierung
SIGMARINGEN - Mit klassischen Wahlkampfmedien wie Plakaten und Flyern, aber auch über soziale Medien und weitere Präsenz im Internet will die SPD bei der Landtagswahl im März und der Bundestagswahl im September wieder bessere Ergebnisse erzielen als in den Vorjahren. Dass die Corona-Pandemie derzeit die politische Debatte dominiere, mache die Sache nicht einfacher, sagten die Wahlkreiskandidaten der Partei bei einem Gespräch in der Sigmaringer Lokalredaktion der „Schwäbischen Zeitung“. Gleichzeitig sei das aber auch eine Chance. „Wir sind die, die sich um diejenigen kümmern, die Probleme haben“, so Landeschef Andreas Stoch.
Gerade einmal 12,7 Prozent der Stimmen hatte die SPD bei der Landtagswahl 2016 bekommen. Noch einmal deutlich weniger waren es im Landkreis Sigmaringen mit 6,8 Prozent. Hinzu kommt eine relativ alte Mitgliederstruktur. „Diese Ausgangssituation ist natürlich nicht optimal“, sagte Andreas Stoch, Spitzenkandidat für die Landtagswahl. „2016 haben wir unter der Popularität von Winfried Kretschmann gelitten. Im Moment leben die Grünen von ihrem Image, das sehr viel jugendlicher ist als die Partei selbst.“
Trotzdem rechnen sich die Sozialdemokraten gute Chancen aus, auch wieder bessere Wahlergebnisse zu erzielen. „Viele junge Leute von ,Fridays for Future’ engagieren sich nicht bei den Grünen, sondern bei den Jusos“, sagte Stoch. Ihnen liege soziale Gerechtigkeit am Herzen. Das sei auch ein Thema, mit dem die SPD sicherlich punkten könne, sagte der Gammertinger Wolfgang Schreiber, Landtagskandidat für den Wahlkreis Sigmaringen. „Die SPD ist die einzige Partei, die die Lohnabhängigen vertritt.“Sie müsse und könne Visionen für die Zeit nach der Corona-Pandemie aufbauen.
Aufbauarbeit sieht auch der 29jährige Robin Mesarosch vor sich, der für den Wahlkreis ZollernalbSigmaringen bei der Bundestagswahl ins Rennen geht. Er will dafür sorgen, dass die SPD im Kreis Sigmaringen wieder mehr Präsenz zeigt – zurzeit notgedrungen vor allem im Internet. Aktuell zähle der Kreisverband 177 Mitglieder. „Einzelne Leute machen aber sehr, sehr viel“, sagte Mesarosch. Dennoch sei es eines seiner Ziele, vor allem wieder mehr junge Mitglieder zu werben.
Scharfe Kritik übten die SPD-Politiker an der Bildungspolitik der Landesregierung unter den Bedingungen der Corona-Pandemie. Dass Bund und Land in diesem Bereich nicht an einem Strang ziehen, sei eine Katastrophe für die Schulen, aber auch für die Familien mit Schulkindern, sagte Andreas Stoch, von 2013 bis 2016 selbst Kultusminister von Baden-Württemberg. Allen Beteiligten fehle dadurch die nötige Planungssicherheit.
In der Verantwortung dafür sieht er nicht zuletzt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Diese hatte im Dezember mit ihrer Forderung, am 11. Januar unabhängig von Inzidenzzahlen zum Präsenzunterricht zurückzukehren, für Aufregung gesorgt. Und nach den jüngsten Vereinbarungen von Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten, Kindergärten und Schulen bis Mitte Februar prinzipiell geschlossen zu halten, kündigte Baden-Württemberg umgehend einen Alleingang an: Ministerpräsident Winfried Kretschmann plädierte für eine schrittweise Öffnung bereits ab dem 1. Februar.
„Ich habe den Eindruck, dass Frau Eisenmann den Ministerpräsidenten vor sich hertreibt“, sagte Andreas Stoch. Damit bringe sie aber auch viele Eltern, Lehrer und Erzieherinnen gegen sich auf. Bereits im Sommer habe die SPD vorgeschlagen, Klassen zu teilen und im Wechsel zu unterrichten. „Wäre die Regierung so vorgegangen, hätten die Schulen jetzt nicht wieder komplett geschlossen werden müssen“, sagte Stoch.