Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Wir mussten den ganzen Betrieb umstellen“
Der neue Geschäftsführer der SRH-Kreiskliniken über seinen Start in der Pandemie und das Impfen des Personals
SIGMARINGEN - Mit Dr. Jan-Ove Faust haben die SRH-Kliniken im Kreis Sigmaringen einen Nachfolger für die ausgeschiedene Geschäftsführerin Melanie Zeitler-Dauner gefunden. Im August hat er seine Position angetreten, direkt konfrontiert mit der Coronapandemie. Mit SZRedakteurin Mareike Keiper spricht Faust über die ersten Monate, die Herausforderungen in der Pflege und den Beginn der neuen Ausrichtung der Krankenhäuser.
Herr Dr. Faust, wie haben Sie sich in ihrer neuen Position eingelebt?
Ich habe mich gut eingelebt und fühle mich hier am richtigen Platz. Dazu haben auch die vielen tollen Mitarbeiter beigetragen, die wir haben und mit denen man viel bewegen kann. Außerdem hatte ich einen klaren Vorteil: Durch meine vorherige Position in der Oberschwabenklinik und die Zusammenarbeit mit den SRH-Kliniken während der Pandemie, konnte ich auch gut einschätzen, was auf mich zukommt.
Was war denn Ihr Beweggrund nach Sigmaringen zu wechseln?
Zum einen ist die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum eine große Herausforderung, die ich gerne annehme. Zum anderen war es für mich attraktiv, weil hier neu gebaut wird und viel weiterentwickelt werden kann. Das finde ich ganz spannend. Wenn man so will, passte das Gesamtbild sehr gut.
Der Übergang von der früheren Geschäftsführerin Melanie Zeitler-Dauner über die Interimsgeschäftsführerin Christine Neu hin zu Ihnen wirkte holprig, auch durch die Pandemie. Welche Stolpersteine lagen im Weg?
Es lagen keine Stolpersteine im Weg. Klar gab es einige Dinge neu zu organisieren, aber mit Frau Neu war jemand da, der die Interimsgeschäftsführung sehr gut gemacht hat. Die Klinik hat sich in der ersten Welle der Coronapandemie gut aufgestellt und war auf die zweite Welle auch gut vorbereitet. Insofern wusste ich, was auf mich zukommt.
Wo Sie von Neuorganisation sprechen: Sie hatten im September Veränderungen bei den SRH-Kliniken im Kreis angekündigt. Steht inzwischen fest, ob die drei Standorte im Kreis erhalten bleiben?
Das medizinische Konzept wird im Laufe des nächsten halben Jahres erstellt. Derzeit sind wir in der Analyse und Bewertung. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, werden wir das Ergebnis den Gremien vorstellen. Dann können wir darüber sprechen, wie die drei Häuser aussehen werden oder welche Veränderungen anstehen. Im Moment kann man hierzu noch keine Aussagen treffen.
Warum gibt es das Konzept?
Wir müssen uns den kommenden Herausforderungen an die Kliniken stellen können, das ist auch mein Ziel als Geschäftsführer. Damit meine ich zum Beispiel den Fachkräftemangel, die Digitalisierung, die immer komplexer werdende Medizin und die Abstimmung verschiedener Versorgungsbereiche.
Einige Veränderungen hat es ja bereits gegeben: Sie haben für Januar den kaufmännischen Direktor Jochen Wolf eingestellt. Warum?
Das hing damit zusammen, dass die vakante Position besetzt werden musste. In einem Klinikenverbund brauchen Sie aufgrund der Komplexität der Aufgaben jemanden, der die kaufmännischen Abläufe organisiert und steuert. Diese Stelle hat vorher Frau Neu mitbetreut, aber ihr eigentlicher Arbeitsplatz ist in Heidelberg.
Sie haben aber auch einen standortübergreifenden Pflegedirektor, Stefan Ries, eingestellt. Diese Position ist neu.
Ja, aber das ist keine zusätzliche Stelle, sondern eine aufgestockte Funktion. Zu den Aufgaben gehört es unter anderem, die vielen Inhalte der Pflege standortübergreifend zu organisieren. Es ist uns wichtig, dass die Berufsgruppe der Pflegerinnen und Pfleger in die Zukunft geführt wird.
Inwiefern?
Die Krankenhausaufenthalte werden immer kürzer, konzentrierter und von der Behandlung her komplexer. Darauf müssen wir uns einstellen. Dafür brauchen wir zum Beispiel einen guten Übergang in die Nachsorgeeinrichtungen. Hier wollen wir die Vernetzung verstärken. Daraus ergeben sich viele fachliche Fragen, denen wir uns durch die neue Pflegeorganisation stellen wollen.
Sie sind ja inmitten der CoronaPandemie als Geschäftsführer gestartet. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?
Die Pandemiesituation ist schwierig, aber wir haben es bisher gut bewältigt. Wir mussten praktisch ad hoc den ganzen Krankenhausbetrieb umstellen, indem wir zum Beispiel bestimmte Stationen umgerüstet und spezielle Corona-Stationen eingerichtet haben. Auch die Intensivstation und der Empfang waren neu zu organisieren und Abläufe zu verändern. Teils haben wir auch Mitarbeiter von den anderen beiden Standorten nach Sigmaringen geholt, um die Teams zu verstärken.
Wie sind die Mitarbeiter damit umgegangen?
Unsere Mitarbeiter sind massiv belastet durch die sich ständig ändernde pandemische Situation und die damit verbundene Umorganisation. Das darf man nicht unterschätzen und ich bin sehr dankbar, dass die Mitarbeiter so engagiert mitmachen.
Im Hinblick auf die nächsten Monate: Wie groß ist die Impfbereitschaft des Klinikpersonals?
Unser Klinikpersonal hat sich in großer Zahl gemeldet, um geimpft zu werden. Der Eindruck aus anderen Bereichen, wo sich das Personal teils weigert, kann ich überhaupt nicht bestätigen. Geplant ist, dass in den nächsten 20 Tagen schon mal 420 Mitarbeiter der ersten Priorität geimpft werden sollen. Das gibt denjenigen, die an vorderster Front stehen, Sicherheit. Darüber sind wir sehr froh. Ich hoffe, dass wir bald genügend Impfstoff haben, um alle Mitarbeiter impfen zu können.