Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„In die Stadthalle zu gehen war Gänsehaut pur“
Vor exakt einem Jahr wurde Matthias Henne in Bad Waldsee zum Bürgermeister gewählt
BAD WALDSEE – Exakt vor einem Jahr, am 26. Januar 2020, ist Bürgermeister Matthias Henne mit 80,8 Prozent zum neuen Stadtoberhaupt gewählt worden. Wolfgang Heyer hat bei dem 38-Jährigen nachgefragt, wie oft er an den Wahlabend zurückdenkt und wie er sein bisheriges Wirken in der Kurstadt beurteilt.
Herr Henne, vor einem Jahr haben Sie die Bürgermeisterwahl mit deutlichem Abstand gewonnen und sind in der Stadthalle von den Waldseern euphorisch gefeiert worden. Wie häufig denken Sie an diesen Abend zurück?
Grundsätzlich bin ich ein Mensch der im Hier und Jetzt lebt und dessen Blick Richtung Zukunft gewandt ist. Doch meine Frau und ich sprechen immer wieder von diesem intensiven Wahlkampf und dem besonderen Wahltag. Dieser Abend wird uns sicherlich unvergesslich bleiben. Das überwältigende Ergebnis macht die hohen Erwartungen der Wähler, die sie in mich setzen, deutlich. Bürgermeister in Bad Waldsee zu sein ist eine große Verantwortung, der ich mir von Anfang an bewusst war und der ich mich gerne und voller Tatendrang stelle.
Welcher Moment dieses Wahltages ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben und warum?
Durch die Türe in den Stadthallensaal zu gehen war Gänsehaut pur. Unglaublich. Der Saal voller Bürger, die geklatscht und gejubelt haben, noch ehe Herr Weinschenk das Ergebnis offiziell bekannt gegeben hat. Die vielen wohlwollenden Glückwünsche, die mich und meine Frau an diesem Abend erreicht haben, waren ebenfalls sehr eindrücklich, ebenso wie die Ständchen der Musikvereine und des Spielmannszugs. Alles sehr bewegend. Persönlich hat mich auch der Auftritt eines Freundes aus Zwiefalten gefreut, der mit Humor und Herz ein Gedicht für mich zum Besten gegeben hat.
Wie viel Last ist an diesem Tag von Ihren Schultern abgefallen, schließlich haben Sie sich von der sicheren Bürgermeisterstelle in Zwiefalten wegbeworben und hätten dann als Wahlverlierer zurückkehren müssen?
So eine wichtige Wahl ist immer aufregend und fordernd. Ich habe einen in meinen Augen ehrlichen und fairen Wahlkampf geführt. Natürlich war es mir auch sehr wichtig, diese
Wahl zu gewinnen. Meine „Zwiefalter“haben meinen Wunsch verstanden und mich unterstützt. Ich bin mir sicher, dass ich, falls ich die Bürgermeisterwahl in Bad Waldsee nicht gewonnen hätte, von meinen Zwiefalter Bürgern auch wieder gerne „zurückgenommen“worden wäre. Wir haben nach wie vor Kontakt und ich werde Zwiefalten und seine Bürger immer in bester Erinnerung behalten.
Damals war, wie heißt es so schön, die Welt noch in Ordnung und von Corona keine Spur. Ihr erstes Jahr als Waldseer Stadtoberhaupt war geprägt vom Krisenmanagement. Wie würden Sie Ihr bisheriges Wirken in der Kurstadt selbst beurteilen?
Gemeinsam mit meiner Ersten Beigeordneten, Monika Ludy, meinen Mitarbeitern sowie den Gemeindeund Ortschaftsräten haben wir, trotz Corona sehr vieles bewegt, vorangebracht und umgesetzt. Natürlich hat das Thema Corona dabei leider viel Raum und Zeit in den vergangenen Monaten eingenommen, doch wir können dennoch auf ein Jahr voll mutiger Entscheidungen, Veränderungen und umgesetzter Projekte zurückblicken. Und wir freuen uns auf ein produktives Jahr 2021. Aus der Bevölkerung heraus haben mich viele positive Rückmeldungen zu meiner bisherigen Arbeit erreicht, die mir klar signalisieren, dass der richtige Weg eingeschlagen ist.
Im Wahlkampf haben Sie Ihren 12Punkte-Plan für Bad Waldsee vorgestellt und sich als Agenda verschrieben. Wie viele dieser Punkte konnten Sie bereits angehen und welche werden Sie in diesem Jahr aufgreifen?
Wir, das gesamte Rathaus-Team arbeiten hochmotiviert und kompetent an der Umsetzung des 12-Punkte-Plans. So gut wie bei jedem Punkt konnten bereits erste Erfolge erzielt, beziehungsweise die Weichen zur Umsetzung gestellt werden. Im Bereich des Breitbandausbaus, haben wir Investitionen in Höhe von rund 30 Millionen Euro angestoßen. Hiervon werden die Schulen und Krankenhäuser genauso profitieren wie die Industrie und das Gewerbe sowie alle Breitbandnutzer in der Stadt und den Ortschaften. Aber auch im Bereich des Kinderbetreuungsangebots sind wir deutlich vorangekommen. Im September wurde der Waldkindergarten eröffnet und für das kommende Jahr stehen der Bau, beziehungsweise die Erweiterung um jeweils zwei Kindergartengruppen in Reute und in Haisterkirch auf dem Programm. Um mit den Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen und ihnen Gehör zu verschaffen – trotz Corona, dafür haben wir mit „Henne hört hin“nun einen „digitalen“Weg gefunden – ich freue mich auf interessante Gespräche und Anregungen unserer jungen Bürgerschaft. Beim Thema Umweltschutz geht es mit der baldigen Besetzung der Stelle des Klimaschutzmanagers sowie dem Bau der Nahwärme in der Innenstadt voran, gleichzeitig wird unsere Altstadt barrierefrei umgebaut. Mit den Ortschaften pflegen wir ein gutes Miteinander und eine wertschätzende Kommunikation. Wir werden bezahlbaren Wohnraum im neuen Baugebiet am Pfändle durch entsprechende Voraussetzungen für Investoren im Mehrgeschosswohnungsbau schaffen – und dies in Holzbauweise. Natürlich hat die Erschließung von bezahlbarem Wohnraum auch in den zukünftigen Baugebieten in der Kernstadt sowie den Ortschaften höchste Priorität. Im Bereich der Kultur- und Vereinsarbeit sowie des Ehrenamts ist derzeit aufgrund der Pandemie leider Stillstand. Das tut mir auch persönlich sehr leid. Hier wollen wir aber, sobald es wieder möglich ist, durchstarten. Die Weiterentwicklung unserer Pflegeeinrichtung sowie der Städtischen Rehakliniken haben ebenfalls eine hohe Priorität für mich. Wir pflegen ein sehr gutes und enges Miteinander und bieten übergreifende Unterstützung an. Dieser Zusammenhalt ist einfach hervorragend und bestärkt uns in der Zusammenarbeit. Mit dem im Herbst gestarteten Marken-Prozess haben wir eine große Bürgerbeteiligung mit einer Umfrage zur Zufriedenheit unserer Bürger und Gäste gestartet, und das mit dem wunderbaren Ergebnis, dass die allermeisten Bad Waldseerinnen und Bad Waldseer sehr mit ihrem „Städtle“zufrieden sind. Und der Löhleweg wird in diesem Jahr auch noch geteert sowie der Lange Weg saniert. Zusätzlich zu den Projekten des 12-Punkte-Plans freue ich mich sehr über die weitblickende und zukunftsorientierte einstimmige Entscheidung des Gemeinderats den Antrag zur Großen Kreisstadt einzureichen.
Welchen Wunsch haben Sie an das Jahr 2021?
Mein allergrößter Wunsch ist es, dass die Pandemie ein Ende hat und Bad Waldsee sowie der Rest der Welt endlich wieder zur Normalität zurückkehren kann, damit unsere Traditionen und das soziale und kulturelle Leben wieder gelebt werden kann. Ganz besonders aber freue ich mich schon heute auf die persönlichen Kontakte und Begegnungen mit den Menschen dieser Stadt.