Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gammertingen bangt um sein Cityfest
Wenn es eine Neuauflage gibt, fällt sie vermutlich deutlich kleiner aus.
GAMMERTINGEN - Erst ließen sich nicht so richtig Organisatoren finden, dann sorgte die Corona-Pandemie zusätzlich für erschwerte Bedingungen und nun droht allen Beteiligten auch noch die Zeit davonzulaufen: Hinter dem nächsten Gammertinger Cityfest, das eigentlich im bevorstehenden Sommer stattfinden soll, steht mittlerweile ein großes Fragezeichen – dabei sind die teilnehmenden Vereine häufig dringend auf die Einnahmen angewiesen.
Gefeiert wird das Cityfest in Gammertingen alle zwei Jahre. Während Vereinsvertreter zu einem Großteil die Organisation übernehmen, greift die Stadt ihnen unterstützend unter die Arme. Wie das Fest aber unter den Bedingungen der anhaltenden Pandemie über die Bühne gehen soll – das lässt etwa Bürgermeister Holger Jerg zunehmend ratlos zurück. „Nur eines wird immer deutlicher: Dass es in diesem Jahr wohl kein Cityfest geben kann, wie wir es kennen“, sagt er.
Wie sich die Pandemie bis zum Sommer entwickle und welche Einschränkungen auch weiterhin gelten, sei nach wie vor kaum absehbar. Wenn überhaupt, sei vermutlich nur eine deutlich abgespeckte Variante des Festes denkbar.
Dieser Meinung ist auch Udo Rapp, Vorsitzender der Stadtkapelle und Mit-Organisator des Cityfests vor zwei Jahren. „Wenn sogar die auf 2021 verschobene Fußballeuropameisterschaft wieder infrage steht: Wie soll dann eine sichere Planung für das Cityfest aussehen?“, sagt er. „Nach dem derzeitigen Stand der Dinge müssten wir das Fest komplett absagen – und ich befürchte, dass wir auch im März nicht viel schlauer sein werden.“Anders sei die Lage bei einem deutlich kleineren Straßenfest. „Das ließe sich innerhalb von drei bis vier Monaten mit Sicherheit organisieren, denn der Planungsaufwand wäre deutlich geringer“, sagt Rapp.
Er selbst wäre auch bereit, sich erneut im Organisationsteam zu engagieren – auch wenn das nach dem letzten Cityfest noch anders klang. „Ich bin der Meinung, dass für 2021 einfach Leute aus anderen Vereinen an der Reihe sind“, sagte er damals. Inzwischen aber ist er diesbezüglich wieder offener: „Bevor es gar kein Cityfest gibt, weil es niemand organisieren will, mache ich lieber nochmal mit.“Denn auch die Stadtkapelle kann die Einnahmen eigentlich gut gebrauchen: Das eigene Sommerfest fiel im vergangenen Jahr aus, auch das traditionelle Dreikönigskonzert wurde abgesagt. „Noch sind wir finanziell einigermaßen gut aufgestellt, aber irgendwann müssen wir schon auch mal wieder etwas einnehmen“, sagt Rapp.
Wie wichtig die Einnahmen aus dem Cityfest für die Vereine sind, unterstreicht Berthold Lieb, Vorsitzender des SV Bronnen. „Wir stellen normalerweise ein Zelt für 100 Gäste auf – und das ist dann zweieinhalb Tage lang voll“, sagt er. Geld verdiene der Vereine mit dem Verkauf von Speisen und Getränken, darüber hinaus gibt es Livemusik zu hören. „Die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen reichen jedenfalls nicht, um den Vereinsbetrieb zu finanzieren“, sagt Lieb. Und auch wenn die Vereinsarbeit zurzeit ruht, werden beispielsweise die Beiträge für die übergeordneten Verbände fällig.
Was das Cityfest 2021 betrifft, ist Berthold Lieb allerdings ausgesprochen skeptisch. „Alles, was wir jetzt planen, kann in die Hose gehen“, sagt er. „Deswegen wäre ich eher dafür, das Fest konsequent um ein Jahr zu verschieben. Es will ja auch niemand, dass das Cityfest am Ende zur Lachnummer wird.“Grundsätzlich aber sei der Verein bereit, sich auch mal wieder bei der Organisation zu beteiligen.
Mit dabei wäre auch die Sportgemeinschaft Kettenacker-Feldhausen-Harthausen (KFH). „Auch wenn es nur eine kleinere Variante gäbe: Wir würden trotzdem mithelfen“, sagt die Vorsitzende Ulrike Sauer. Normalerweise beteilige sich die Sportgemeinschaft mit einem Weizenstand und dem Torwandschießen für die Kinderolympiade am Cityfest. „Dafür wäre der Planungsaufwand ja überschaubar“, sagt Sauer. Anders als Berthold Lieb plädiert sie dafür, die Pläne für das Fest weiter zu verfolgen. „Wenn es erlaubt ist, sollten wir auch etwas machen“, sagt sie. Denn auch die Sportgemeinschaft steckt die Einnahmen aus dem Fest in den laufenden Betrieb. „Und unser Sportwochenende im vergangenen Jahr mussten wir auch schon absagen.“
Kampfgeist beweist der Verein aber nicht nur bei der Cityfest-Planung: Weil der reguläre Betrieb nicht möglich ist, bietet die Sportgemeinschaft derzeit Online-Kurse an – von Ganzkörpertraining über Tabata bis hin zu Functional Fitness. „Wir sind froh, dass wir unseren Mitgliedern unter diesen Bedingungen überhaupt etwas anbieten können“, sagt Ulrike Sauer. „Und wir sind selbst überrascht, wie gut dieses Angebot angenommen wird.“