Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Frisches Geld benötigt
Das Tübinger Impfstoffunternehmen Curevac will eine halbe Milliarde Euro bei Investoren einsammeln
FRANKFURT - Astra-Zeneca hat die Wut der EU auf sich gezogen. Hintergrund ist die Ankündigung, erstmal wesentlich weniger Impfstoff zu liefern als bestellt und vertraglich zugesagt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Astra-Zeneca bei Anlegern an der Börse beliebt ist – in dieser Woche zeigt der Kurs nur die Tendenz nach oben. Das gilt auch für die anderen Unternehmen der Zunft – etwa Biontech aus Mainz oder den Tübinger Impfstoffproduzenten Curevac.
Offenbar wittern Anleger hier anhaltende Profite in der Zukunft. „Selbstverständlich ist das so“, sagt Thomas Schiessle aus dem unabhängigen Analystenhaus Equi.ts. „Und das Potenzial, was anfänglich für die Impfstoffe ja als Einmalgeschäft identifiziert wurde, könnte sich durch die Mutationen und die Verbreitung des Virus durchaus in ein nachhaltiges Geschäft verwandeln“. Die Aktien des Mainzer Impfstoffpioniers Biontech haben sich seit Anfang September in ihrem Wert grob verdoppelt. Auch Astra-Zeneca-Papiere haben sich in den ersten Wochen des noch jungen Jahres um rund zehn Prozent verteuert. Beim Tübinger Impfstoffforscher Curevac ging es seit Jahresbeginn mit den Papieren um rund 20 Prozent nach oben.
Die Gunst der Stunde nutzen Unternehmen gerne, um sich mehr Kapital zu besorgen. So hat Curevac am Montagabend denn auch eine Kapitalerhöhung angekündigt: Fünf Millionen neue Aktien will das Unternehmen herausgeben, bei guter Nachfrage seien auch 15 Prozent mehr möglich. Mit seinem Kurs von aktuell etwas über 100 Dollar an der US-Technologiebörse
Nasdaq könnte Curevac mit den neuen Aktien rund 600 Millionen Dollar einsammeln – umgerechnet knapp eine halbe Milliarde Euro. Allerdings werden neue Aktien in der Regel mit einem kleinen Abschlag angeboten, um sie Investoren schmackhafter zu machen.
Bei seiner Kapitalerhöhung darf Curevac nun auf zahlungswillige Investoren und Anleger hoffen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass nach Ankündigung der Kapitalerhöhung die Aktien am Dienstag vergleichsweise wenig nur an Wert verloren haben. Oft führen Kapitalerhöhungen im Vorfeld zu stärkeren Verlusten, weil den bisherigen Investoren dadurch Nachteile drohen: Bei Dividendenausschüttungen wird die Gewinnsumme künftig auf eine größere Zahl von Anlegern verteilt, entsprechend schmälert sich der mögliche Gewinn der Altaktionäre pro Aktie. Bei den Stimmrechten und dem damit möglichen Einfluss auf die Unternehmen verwässern die Positionen ebenfalls.
Bevor die Kapitalerhöhung aber faktisch auf den Weg kommen kann, muss noch die US-Börsenaufsicht SEC den Plan genehmigen. Curevac hatte im August ein fulminantes Börsendebüt an der Nasdaq gefeiert, Anleger rissen dem Unternehmen die Aktien förmlich aus den Händen. Damals waren die Papiere des Börsendebütanten zu 16 Dollar ausgegeben worden; der Schlusskurs lag am ersten Handelstag bei knapp 56 Dollar. Seither hat sich der Kurs fast verdoppelt. Damit ist das schwäbische Unternehmen gut 18 Milliarden Dollar wert. Und das, obwohl Curevac von einer Zulassung noch mindestens einige Monate entfernt ist.