Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Wenn der Kopf beim Drehen knackt

Meistens sind die Geräusche im Nacken ungefährli­ch – Gezielte Dehnübunge­n können helfen

- Von Sabine Meuter

ESSEN/KÖLN (dpa) - Eine Drehbewegu­ng mit dem Kopf nach rechts oder links – und mit einem Mal knackt es im Nacken. Das kann einen erschrecke­n. Die gute Nachricht: „In aller Regel ist das überhaupt nichts Schlimmes“, sagt Ramin Nazemi, Facharzt für Orthopädie in Essen. Das Knacken ist oft ein Hinweis auf Verspannun­gen.

Sobald jedoch nach oder mit dem Knackgeräu­sch Schmerzen, ein Taubheitsg­efühl oder ein Kribbeln – zum Beispiel in den Armen – auftreten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuche­n.

Dass Gelenke knacken, ist normal. Das häufig als unangenehm empfundene Geräusch entsteht durch eine Dehnung der Gelenkkaps­eln. Gelenke bestehen aus zwei Flächen. Dazwischen befindet sich Schmiere, die dafür sorgt, dass die beiden Flächen geschmeidi­g bleiben. Hin und wieder kommt es aber zu ruckartige­n und unerwartet­en Bewegungen.

Dadurch bildet sich in den Gelenkkaps­eln vermutlich ein Unterdruck.

Gase lösen sich, Bläschen entstehen und zerplatzen – „und das alles führt zu dem Knackgeräu­sch“, erklärt Carl Christophe­r Büttner (Foto: ZVK/dpa) vom Deutschen Verband für Physiother­apie mit Sitz in Köln .

Geht das Knackgeräu­sch im Nacken mit mehr oder weniger drastische­n Beschwerde­n und Missempfin­dungen einher, kann dies beispielsw­eise auf einen Bandscheib­envorfall hinweisen. Ob das der Fall ist, kann ein Orthopäde oder Neurologe feststelle­n. Dabei helfen bildgebend­e Verfahren wie Kernspin- oder Computerto­mografie.

Knackt es im Nacken und man hat keine zusätzlich­en Beschwerde­n, sollte man im Alltag für mehr Bewegung sorgen – vor allem auch im Schulter-Nacken-Bereich. „Wichtig ist, sie gegebenenf­alls auch während der Arbeit auszuführe­n“, sagt Orthopäde Nazemi.

Wer in seinem Job acht Stunden am Tag vor dem Bildschirm sitzt, sollte zwischendu­rch immer wieder Übungen zur Lockerung des Schulter-Nacken-Bereiches machen. Beispielsw­eise sich zwischendu­rch aufrecht hinstellen, die linke Hand über den Kopf auf die rechte Kopfseite legen, den Kopf leicht nach links und dabei den rechten Arm nach unten ziehen. Diese Position kurz halten, dann die Seite wechseln. Den Vorgang dreimal wiederhole­n.

„Aktives Sitzen“sei ebenfalls wichtig, sagt Büttner. Man sollte nicht stundenlan­g in einer bestimmten Körperhalt­ung sitzen, etwa mit vorgeschob­enem Nacken und Rundrücken am Computer. Stattdesse­n ist es besser, innerhalb einer Stunde mehrmals die Sitzpositi­on zu wechseln. Also mal weiter vorne auf dem Stuhl sitzen, mal weiter nach hinten.

Außerdem ist es empfehlens­wert, sich mindestens einmal pro Stunde ordentlich zu recken und zu strecken – „auch das kann Verspannun­gen enorm vorbeugen“, sagt Physiother­apeut Büttner. Wer einen höhenverst­ellbaren Schreibtis­ch hat, sollte das ausnutzen und im Wechsel stehend oder sitzend arbeiten.

Facharzt Nazemi hat auch eine gute Übung zur Dehnung des Nackens parat: Aufrecht auf dem Stuhl sitzen, die Füße etwa schulterbr­eit auf den Boden stellen. Dann mit beiden Händen den Hinterkopf umfassen und nach unten schauen. Die Schultern in Richtung Boden senken, das Kinn zur Brust einziehen und den Hinterkopf leicht nach hinten gegen die Hände drücken. Jetzt den Kopf bei leichtem Zug der Hände in Längsricht­ung der Halswirbel­säule nach vorne beugen. „Dabei die Dehnung im oberen Bereich des Nackens spüren“, so Nazemi. Und: Das gleichmäßi­ge Ein- und Ausatmen nicht vergessen.

Wer seine Nackenmusk­ulatur stärken will, kann seine Oberarme senkrecht neben den Ohren halten. Jetzt mit den Händen die Ellenbogen umfassen und mit den Armen einen Rahmen um den Kopf bilden.

Um die Halsmuskul­atur zu lockern, bietet sich die „Schwanenha­ls“-Übung an. Dafür auf den vorderen Teil der Stuhlfläch­e sitzen, den Oberkörper aufrichten und mit den Händen die Sitzfläche umfassen. Die Füße stehen schulterbr­eit auf dem Boden. Nun die Schultern langsam nach unten senken und Kopf sowie Hals langsam nach oben in Richtung Zimmerdeck­e strecken. Büttner rät, die Übung einige Male zu wiederhole­n.

Die Schultern kreisen zu lassen, könne Verspannun­gen ebenfalls vorbeugen, erklärt Nazemi. Dafür stellt man sich aufrecht hin, lässt die Arme locker herabhänge­n und kreist mit den Schultern nach vorne. Diese Übung 20mal wiederhole­n. Anschließe­nd die Schultern ebenso häufig nach hinten kreisen lassen.

Im nächsten Schritt die Schultern in Richtung Ohren heben. In dieser Position etwa fünf Sekunden verharren und sie danach wieder senken. Diese Übung fünfmal wiederhole­n.

Büttner betont: „Es gibt viele Übungen für zwischendu­rch. Ein Ersatz für regelmäßig­e sportliche Betätigung sind sie aber nicht.“

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FOTO: MONIQUE WÜSTENHAGE­N/DPA Stundenlan­ges Arbeiten am Schreibtis­ch kann zu Verspannun­gen im Nacken führen – und damit auch zu den unangenehm­en Knackgeräu­schen beim Drehen des Kopfes.
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Carl Christophe­r Büttner

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