Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die neuen Stromzähler haben großes Potenzial
Stadtwerke bauen moderne Messgeräte ein – Noch kann der Stromverbrauch damit meist nicht gesteuert werden
BAD SAULGAU - Die Stadtwerke tauschen derzeit analoge Zähler gegen moderne digitale Messeinrichtungen für den Strom aus. Bis spätestens 2032 soll der Austausch abgeschlossen sein. Der Austausch ist die Grundlage für neue Informationsund Kommunikationssysteme über den Stromverbrauch für Kunden und Energieversorger. Doch für diese Umstellung benötigen die Stadtwerke noch Vorlauf. Bis es so weit ist, wird es wohl noch ein paar Jahre dauern.
Dank der Verlaufskurve auf ihrem Tablet erkennt Anja H., dass am Montagabend der Stromverbrauch in ihrem fünfköpfigen Haushalt recht hoch ist. Hinzu kommt: Der Strom ist um diese Zeit ziemlich teuer. Als Stromfresser hat sie ihre Waschmaschine entdeckt, die sie nach der Arbeit zum Wochenbeginn in Gang setzt. Im Familienkreis bespricht sie die Verlegung des Waschtags auf Samstag. In dieser Zeit bietet ihr Stromanbieter einen recht günstigen Wochenend-Tarif an. Anja H. macht die Änderung übers Tablet mit ihrem Stromanbieter klar. Der geänderte Waschtag macht sich in der Familienkasse deutlich spürbar.
Noch ist diese kleine Geschichte erfunden und Zukunftsmusik. Aber die Voraussetzungen, dass die digitale Überwachung des Stromverbrauchs in einigen Jahren Wirklichkeit wird, schaffen die Stadtwerke Bad Saulgau derzeit. Nach und nach werden die bisherigen analogen Stromzähler durch digitale Stromzähler ersetzt. 1200 analoge Stromzähler sind inzwischen durch digitale ersetzt, das sind 15 Prozent der Zähler. „Wir liegen damit voll im gesetzlichen Soll von zehn Prozent“, sagt Johannes Reuter, Leiter Marketing und Tarifkundenvertrieb bei den Stadtwerken Bad Saulgau.
Für 2021 sollen weitere 600 moderne Messeinrichtungen dazukommen. Dafür wurden im Dezember 2020 so genannte „Drei-MonatsSchreiben“versandt, in denen die Haushalte auf den anstehenden Wechsel der Stromzähler zum Beginn des Jahres hingewiesen wurden. Die Stadtwerke sind verpflichtet, die Kunden drei Monate vor dem anstehenden Zählertausch zu informieren.
Etwa zwei Wochen vor dem anstehenden Wechsel werden die Kunden abermals kontaktiert, um einen konkreten Termin auszumachen, so Johannes Reuter. Eine Erhöhung der Strom-Grundgebühr bedeutet der Austausch nicht. Johannes Reuter:
„Die Kosten für den neuen Stromzähler sind zwar leicht erhöht, wir ändern aber deswegen nichts an der Grundgebühr.“Bis 2032 sollen nach dem Willen des Gesetzgebers sämtliche analogen Stromzähler getauscht sein.
Ein neuer Stromzähler eröffnet aber noch nicht die Möglichkeiten, die Anja H. und ihre Familie in Zukunft haben werden. Um aus der modernen Messeinrichtung ein sogenanntes Smart-Meter zu machen muss der neue Zähler zusätzlich mit eine Kommunikationseinheit, einen „Smart-Meter-Gateway“ausgestattet werden. Erst dann kann der Stromverbrauch exakt kontrolliert, das Verhalten stromsparend umgestellt und ein dafür passenden Stromtarif gewählt werden. Ein solches Gerät erhalten bislang Kunden mit einem Verbrauch ab 6000 Kilowattstunden pro Jahr und damit praktisch keine Haushalte. Nur 40 der für dieses Jahr geplanten 600 neuen Messstellen werden zusätzlich mit einem Smart-Meter ausgerüstet. Die Stadtwerke loben die Kooperationsbereitschaft der Kunden. Johannes Reuter: „Die Wechsel laufen bisher ohne Probleme, die Leute sind interessiert und kooperativ – Das erleichtert uns die Arbeit enorm.“
Bis die Stadtwerke neben den Zählern neuartige Messsysteme auch für Haushalte mit normalem Verbrauch anbieten können, wird noch Zeit vergehen. „Bei der Umstellung auf die neuen intelligenten Messsysteme müssen wir neue Herausforderungen meistern“, so Johannes Reuter. Das beginne bei der Einhaltung des Datenschutzes und damit die Frage, wer Zugriff auf Daten haben darf. Aber auch das Auslesen der Messdaten müsse noch technisch bewältigt werden. Hinzu komme die Abrechnung der Messstelle. „Da kommt viel neues auf uns und letztlich auch auf den Verbraucher zu“, sagt Johannes Reuter. Dafür würden die Stadtwerke Informationsmaterial zur Verfügung stellen und auf Fragen der Kunden im Gespräch eingehen. Sicher ist indes auch, dass beim intelligenten Messsystem auch die Grundkosten bei der Stromrechnung steigen werden. Die Preise dafür richten sich nach dem Stromverbrauch, der Gesetzgeber hat dafür Höchstbeträge festgelegt. So darf für die zusätzliche Nutzung eines Smart-Meter bei einem Stromverbrauch in einem Einfamilienhaus oder einer Wohnung bis zu 3500 Kilowattstunden laut Bundeswirtschaftsministeriums derzeit maximal 40 Euro im Jahr verlangt werden.