Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Überschwemmungen drohen
Erst der Schnee, jetzt Dauerregen – Experten erwarten Hochwasser an Argen und Donau
RAVENSBURG - Die Schneemassen schmilzen mit steigenden Temperaturen, hinzu kommen neue und teils ergiebige Niederschläge. Damit droht in der Region lokale Überschwemmungsgefahr. Das sagen die Behörden.
„Was wir vergangene Woche vermutet haben, hat sich verfestigt“, sagt Ute Badde von der Landesanstalt für Umwelt. Vom Allgäu bis zum Schwarzwald trifft von Donnerstag an Dauerregen auf schmelzende Schneemassen.
Das Bundesamt für Katastrophenschutz und Bevölkerungshilfe verschickte am Mittwochmorgen über die Warn-App NINA eine Unwetterwarnung wegen starken Tauwetters für den Kreis Ravensburg sowie den Bodenseekreis.
Die Entwicklung der Temperatur sei für die Stärke des möglichen Hochwassers entscheidend, so Ute Badde. Bleibt es kühler, saugt der Schnee das Wasser zunächst auf, wodurch es langsamer abfließt. Bei warmen Temperaturen schmilzt der Schnee mit dem Regen direkt ab. Absehbar werde es laut Ute Badde aber in beiden Fällen zu einem „ordentlichen Hochwasser“kommen. Gefährdet seien zahlreiche Gewässer im Verbreitungsgebiet der „Schwäbischen Zeitung“: „Vor allem in kleineren und mittleren Flüssen aus dem Schwarzwald, der Schwäbischen Alb sowie Oberschwaben und Allgäu ist mit Hochwasser zu rechnen.“
Ebenfalls betroffen sind Donau, oberer Neckar und Oberrhein und die nördlichen Zuflüsse des Bodensees wie etwa die Argen. Die Landesanstalt für Umwelt geht davon aus, dass dabei in Wohngebieten auch Keller volllaufen können.
Das Einzugsgebiet der Argen reiche etwa bis ins Allgäu, „da gibt es immense Schneemassen“, sagt Klaus Ruff, Leiter des Amtes für Wasserund Bodenschutz im Bodenseekreis. Aber auch die Seefelder Ach im Bereich von Heiligenberg sei stark von der Schneeschmelze betroffen und die Schussen ohnehin, die Wasser aus dem Bereich Kißlegg oder Wolfegg mitbringe. „Da kann einiges kommen.“
Schwierig werde es auch im Umfeld von kleinen Bächen, da diese teilweise noch mit Schnee bedeckt seien und das Wasser deshalb nicht abfließen könne. Hier könne es stellenweise zu Überflutungen kommen, dafür reiche schon ein verstopfter Abfluss. „Wir beobachten die Lage“, sagt Klaus Ruff, die Zuständigkeit liege bei den Kommunen. Die seien zusammen mit der Feuerwehr in Alarmbereitschaft, da sich die Lage seit einigen Tagen angekündigt habe.
Der Bodensee wird wegen der Regenund Schneemassen derweil nicht auf einen besorgniserregenden Pegelstand ansteigen, gibt Ute Badde Entwarnung: „Der See hat noch genug Platz.“
Die Stadt Wangen rechnet ebenfalls ab Donnerstag mit einem erhöhten Pegelstand der Argen. Am Mittwoch haben Mitarbeiter des Bauhofs erste Warnschilder aufgestellt. Die Stadt rief die Bürger außerdem dazu auf, parkende Autos, Fahrräder und Motorräder unter und an der Gallusbrücke zu entfernen.
Treten ungünstige Wetterverhältnisse ein, dürfte der Pegelstand bei Epplings, rund einen Kilometer außerhalb der Stadt, Donnerstagnacht rund 2,30 Meter erreichen. Klar ist laut Landesanstalt für Umwelt jedoch: Im Laufe des Freitags steigt das Wasser weiter.
Zur Einordnung: Ab 2,40 Meter wird der Pegelstand bei Epplings als kritisch angesehen. Die Stadt Wangen geht auf Nummer sicher und verteilt im Lauf des Donnerstags Sandsäcke. Mit diesen können Bewohner entlang der Argen ihre Gebäude schützen. Ziel ist es, dass in der Nacht möglichst keine Einsätze stattfinden müssen, so Bauhofleiter Martin Blum.
Auch an der Donau bei Tuttlingen haben die Verantwortlichen den Temperaturanstieg fest im Blick. Wetterexperte Jürgen Hieber erwartet ein mittleres Hochwasser. Der Donaupegel am Standort im Tuttlinger Stadtteil Möhringen liegt derzeit bei 1,10 Meter. Am Freitag dürfte er auf 3,10 bis 3,70 Meter steigen. Zum Vergleich: Bei dem Hochwasser vom Februar 1990, als die Tuttlinger Innenstadt volllief, lag der Möhringer Pegelstand bei 4,01 Meter. Laut Jürgen Hieber wird es den Kern Tuttlingens selbst nicht stark treffen – auch dank des Hochwasserrückhaltebeckens in Wolterdingen, das einiges abfängt.
Für Mühlheim, Stetten und Nendingen befürchtet Jürgen Hieber dagegen stärkere Auswirkungen, auch zwischen Möhringen und Immendingen wird mit Überschwemmungen gerechnet.