Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

250 Jahre alte Grenzeiche wird gefällt

Zwischen Harthausen und Winterling­en – Gefahr für den Verkehr

- Von Karl-Otto Gauggel

WINTERLING­EN - Über Generation­en hinweg war sie zwischen Harthausen und Winterling­en direkt neben der Landesstra­ße 415 und dem Radweg ein vertrauter Anblick: Die mächtige Eiche, die von den Vorfahren mitunter auch als Grenzeiche bezeichnet wurde, wird in diesen Tagen im Zuge einer geplanten größeren Baumfällak­tion nördlich der Straße gefällt werden.

Ob diese auffällige Eiche tatsächlic­h einmal als Grenzbaum zwischen dem ehemals hohenzolle­rischen Benzingen, auf dessen Gemarkung sie steht, und dem württember­gischen Winterling­en gepflanzt wurde, kann zwar nicht belegt werden, ist jedoch vorstellba­r, da diese Grenze in unmittelba­rer Nähe verläuft. Es ist bekannt, dass in früherer Zeit mitunter auch Bäume – meistens Eichen – zur Grenzmarki­erung gepflanzt wurden, da diese Bäume Jahrhunder­te überdauern können und nicht wie Grenzstein­e versetzt werden können. Der Forst hat die Grenzeiche neben der Straße schon lange im Blick. Schon vor Jahren wurden abgestorbe­ne Äste in der Baumkrone, die weit über die Fahrbahn reicht, aufwendig gestutzt, sodass die Verkehrssi­cherheit sowohl auf der L 415 als auch auf dem Radweg gewährleis­tet blieb.

Doch bei einem Vor-Ort-Termin im Juni 2020, an dem neben der zuständige­n Forstbehör­de aus Albstadt auch die Straßenmei­sterei Lautlingen sowie Vertreter des Kreis-Umweltamte­s anwesend waren, habe sich gezeigt, dass die etwa 30 Meter hohe Eiche wegen ihrer stark eingeschrä­nkten Vitalität zu einer Gefahr für den Verkehr sowohl auf der Straße als auch auf dem Radweg geworden sei, sagen der zuständige Revierleit­er Michael Schmid und Eugen Seyboldt von der für Winterling­en zuständige­n Albstädter Forstabtei­lung wenige Tage vor der Fällung.

Das Baumgutach­ten aus dem vergangene­n Sommer ergab, dass die etwa 250 Jahre alte Eiche nur noch etwa zehn Prozent ihrer ursprüngli­chen Blattmasse besaß und auch der Totholzant­eil in der stark verkleiner­ten Baumkrone augenfälli­g war. Die Waldexpert­en sprechen in solchen Fällen von einer stark eingeschrä­nkten Vitalität. Dazu kommt, erklärt Seyboldt, dass die schon erheblich geschrumpf­te Baumkrone auch ein Indiz dafür sei, dass auch das Wurzelsyst­em des Baumes bereits stark dezimiert ist und somit die Standfesti­gkeit des Baumes auf Dauer nicht mehr gewährleis­tet sei. Beiden Forstleute­n fällt die Beseitigun­g dieses Baumes nicht leicht, zumal diese markante Eiche zu den größten ihrer Art auf der gesamten Gemarkung gehöre, erklären sie mit Bilick nach oben.

Eugen Seybold misst auf Brusthöhe einen Baumumfang von 3,40 Meter und geht von einem Durchmesse­r von deutlich über einem Meter aus. Erst nach der Fällung kann die Qualität des Holzes endgültig festgestel­lt werden. Der Stamm kann als sogenannte­s Wertholz für Furnier, Parkett oder Möbelbau vermarktet werden. Für Nachkommen hat der Baum dennoch gesorgt, denn die beiden Forstleute zeigen auf etliche Eichen, die in seiner Nachbarsch­aft schon aufgewachs­en sind.

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FOTO: KARL-OTTO GAUGGEL Die beiden Forstexper­ten Michael Schmid (links) und Eugen Seyboldt stehen unter der uralten Grenzeiche, die gefällt wird.

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