Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kiesabbau: Ein Lösungsvorschlag und seine Grenzen
Der CDU-Abgeordnete Raimund Haser plädiert für eine Alternative – Auch der Kiesunternehmer äußert sich dazu
KREIS RAVENSBURG - Der CDULandtagsabgeordnete Raimund Haser aus dem Allgäu unterstützt eine Alternative, mit der auf eine neue Kiesgrube nahe des Vogter Teilorts Grund verzichtet werden könnte. Er sagt, wenn die bestehende Grube in Grenis erweitert werden würde, dann wäre das eine echte Alternative zu Grund – zumindest vorerst. Diese Idee brachte er schon im Dezember beim virtuellen Landkreisbesuch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ins Gespräch. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erklärt er, warum er diese Lösung für gut befindet. Auch Kiesunternehmer Rolf Mohr ist angetan vom Vorschlag, sieht ihn aber auch kritisch.
Bekanntlich regt sich gegen eine geplante Kiesgrube von elf Hektar im Altdorfer Wald bei Grund seit Jahren heftiger Widerstand. Gemeinderäte haben sich dagegen ausgesprochen, ein Verein kämpft gegen das Vorhaben, Petitionen wurden gestartet und auch alternative Standorte vorgeschlagen, die im neuen Regionalplan ausgewiesen werden können. Von diesen alternativen Standorten hält Raimund Haser Grenis als den sinnvollsten. „Für mich ist Grenis eine echte Alternative“, so Haser.
Rückblick: Die sechs Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Gemeinden Vogt, Wolfegg, Baienfurt, Baindt, Schlier und Waldburg hatten den Regionalverband BodenseeOberschwaben, der für den neuen Regionalplan zuständig ist, aufgefordert, Abstand von der Grube in Vogt zu nehmen. Mit ihren vorgeschlagenen Alternativen könnte die benötigte Kiesmenge auch ohne Grund erreicht werden. In ihrem Brief von Ende September 2020 schreiben die Rathauschefs: „Deshalb schlagen wir vor, die in Grund geplante Abbaumenge stattdessen in den in unserer Region bereits vorhandenen Abbaugebieten zusätzlich auszuweisen beziehungsweise derzeit geplante Vorbehaltsgebiete in Vorranggebiete umzuwandeln. Aus unserer Sicht kommen hierfür zum Beispiel die Kiesgruben in Molpertshaus-Mennisweiler, Baindt und Grenis in Betracht. Dieses Vorgehen verhindert einen derzeitig unnötigen Neuaufschluss, sichert dennoch die Rohstoffe für unsere Region und belastet andere Regionen innerhalb des Plangebiets des Regionalverbandes nicht zusätzlich.“Für die geplante Grube in Grund ist ein sogenanntes Satellitenkonzept vorgesehen. Das heißt, der Kies soll aus Grund mit Lastwagen nach Grenis transportiert werden, wo der mineralische Rohstoff im dortigen Kieswerk aufbereitet werden kann. In Grund will das Unternehmen „Meichle und Mohr“abbauen, zu dem auch die Grube samt Kieswerk in Grenis gehört. Neben dem Kieswerk befindet sich in Grenis eine Asphaltmischanlage einer Tochter des Strabag-Konzerns, die die Region mit frischem Asphalt für den Straßenbau versorgt. Auch für die Asphaltproduktion wird Kies benötigt.
Die alternativen Standorte Molpertshaus und Baindt scheiden aus Hasers Sicht aus. „Baindt ist unzumutbar, weil es weit weg vom Kieswerk in Grenis ist. Auch Molpertshaus ist mit 17 Kilometer zu weit weg von Grenis“, erklärt Haser. Denn um den Kies zu transportieren, müssten die Lastwagen den Rohstoff transportieren. „Grenis wäre zudem CO2 sparend“, sagt Haser. Tatsächlich bietet die Alternative Grenis auch andere Vorteile. Es müsste keine neue Grube aufgeschlossen werden, sondern es würde eine bestehende Grube erweitert werden. Außerdem könnte auf einen Eingriff in den Altdorfer Wald verzichtet werden, auch zusätzlichen Lastverkehr würde es nicht geben, weil der Kies direkt vor Ort aufbereitet und verarbeitet werden könnte. Zudem könnte das gleiche Unternehmen abbauen, das sowohl in Grenis tätig ist als auch in Grund abbauen würde.
Allerdings gibt es bei der Lösung Grenis einen Haken. Denn dort, wo der Kiesabbau erweitert werden könnte, macht das Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Jungmoränenlandschaft zwischen Amtzell und Vogt“einem solchen Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Dieses
Gebiet erstreckt sich über rund 5200 Hektar über die Gemarkungen Amtzell, Bodnegg, Waldburg, Vogt und Wangen. Aus Hasers Sicht wäre dies aber ein lösbares Problem. „Man könnte erstens das Landschaftsschutzgebiet leicht verkleinern oder zweitens einen Kiesabbau unter der Auflage der Wiederherstellung der Landschaft nach dem Kiesabbau zulassen“, erklärt Haser. Dabei gehe es ihm aber auf keinen Fall um eine Auflösung des LSG. Es gehe ihm lediglich um eine „maßvolle Verkleinerung“, sodass die in Grund erwartete Abbaumenge erreicht werden könne. „In Grund sprechen wir von elf Hektar, selbst wenn Grenis nur halb so viel Mächtigkeit hätte, sprächen wir von vielleicht 20 von 5200 Hektar“, sagt Haser.
Könnte diese Lösung also Grund ein für alle Mal schützen? Nein, denn die Kiesvorkommen sind jetzt kartiert. „Der Regionalverband könnte Grund dann zum Vorranggebiet erklären, aber man hätte mit Grenis eine gute Zeit Ruhe.“
Kiesunternehmer Rolf Mohr von „Meichle und Mohr“findet den Vorschlag „gar nicht schlecht“. „Wir wollten das schon immer machen und Grenis erweitern, aber es gab Hürden. Man könnte dort ohne Weiteres 400 000 Kubikmeter Kies gewinnen und würde damit Grenis um drei bis vier Jahre verlängern“, sagt Mohr. An dem umstrittenen Standort Grund will er aber festhalten.
„In Grund lagern vier Millionen Kubikmeter Kies. Wir haben zwar nicht den schönsten Kies wie etwa in Leutkirch, aber den kann man ohne Weiteres waschen und nutzen. Schließlich bauen auch die Gemeinden, die dagegen sind, und brauchen Kies dafür“, sagt Mohr. Eine Möglichkeit, den Standort Grenis so zu erweitern, dass man auf die gleiche Kiesmenge wie in Grund kommt, hält Rolf Mohr nicht für möglich. „Wir haben alles untersucht.“
Die Initiative der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, bestehende Gruben zu erweitern, um einen Neuaufschluss zu verhindern, unterstützte auch der Sozialminister und Grünen-Landtagsabgeordnete Manfred Lucha aus Ravensburg. Damals schrieb er in einem Brief, die Bürgermeister „plädieren nicht nur dafür, Abstand vom geplanten Kiesabbau nahe des Vogter Teilorts Grund zu nehmen. Sondern sie gehen einen entscheidenden Schritt weiter. Sie schlagen nämlich alternative Standorte auf ihren eigenen Gemeindegebieten vor, und zwar bereits existierende, in Betrieb befindliche Kiesgruben, die noch lange nicht ausgebeutet sind. Sie bekennen sich dabei explizit zur originären Zuständigkeit des Regionalverbandes für die Sicherung der Rohstoffversorgung in unserer Region.“