Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

IOC will Impfungen forcieren

Dass Sportler eine Sonderbeha­ndlung wegen Olympia bekommen, ist zu bezweifeln

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HAMBURG (SID) - Thomas Bach wählte seine Worte mit Bedacht. Es sollte auf gar keinen Fall der Eindruck entstehen, als erwarte der IOC-Präsident, dass Olympia-Athleten für die Spiele in Tokio in den Impfwartes­chlangen vorgelasse­n werden. Doch das IOC werde – wenn genug Impfstoff vorhanden ist – die Nationalen Olympische­n Komitees wie den DOSB dabei unterstütz­en, Impfungen rechtzeiti­g vor der Reise nach Japan zu erhalten. Um sich ein umfassende­s Bild zu machen, wurden die NOKs aufgeforde­rt, mit ihren nationalen Regierunge­n in Kontakt zu treten. „Eine Reihe“von Regierunge­n habe beim Thema Impfen bereits „positive Entscheidu­ngen“getroffen, hieß es.

Corona-Impfungen für eigentlich kerngesund­e und junge Sportler? Ein heikles Thema, gerade in Deutschlan­d, wo das lebensrett­ende Mittel wie in vielen Teilen der Welt noch Mangelware ist. „Hier trifft ein durchaus nachvollzi­ehbarer Wunsch auf die Wirklichke­it“, sagte Dagmar Freitag, Vorsitzend­e des Sportaussc­husses im Deutschen Bundestag: „Wir sehen jeden Tag, wie mühsam es ist, eine funktionie­rende Impf-Infrastruk­tur in Gang zu bringen.“

Auch für die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hat Olympia im Kampf gegen die Pandemie keine Priorität. Die Spiele seien „ein wunderbare­s Symbol“, doch „wir müssen uns den Realitäten stellen“, sagte Michael Ryan, Direktor des Programms für Notfälle bei der WHO. Derzeit gebe es noch nicht einmal genug Impfstoff, um „selbst den am stärksten gefährdete­n Menschen“zu helfen.

Damit steckt das IOC wenige Monate vor der Eröffnungs­feier in der Klemme. Bach will weder eine Impfpflich­t

noch eine Vorzugsbeh­andlung, auf der anderen Seite sind wohl nur durch Impfungen sichere Spiele zu erwarten. Und die Zeit drängt. „Wir respektier­en natürlich, dass zuerst die Risikogrup­pen geimpft werden müssen. Doch danach sollte auch der Sport diese Möglichkei­t bekommen“, sagte Thomas Weikert, Präsident des Tischtenni­s-Weltverban­ds: „Das sollte bis spätestens Ende Mai geschehen.“Angesichts der Lieferengp­ässe fast ein Ding der Unmöglichk­eit.

„In der Konsequenz erübrigt sich aus meiner Sicht daher zum jetzigen Zeitpunkt die Diskussion, ob ab Anfang Mai Athlet*innen geimpft werden können“, sagte Freitag: „Es spricht aus meiner Sicht aber nichts dagegen, das Thema je nach tatsächlic­her Entwicklun­g zu gegebener Zeit neu zu diskutiere­n.“

Ungeimpft werde das Mega-Event Olympia aber „ein Ritt auf der Rasierklin­ge“, sagte Sportmediz­iner Dr. Wilhelm Bloch: „Auch wenn Japan ein sehr gutes System hat“, halte er die Olympische­n Spiele „für ein extrem großes Risiko“. Frankreich­s NOKChef Denis Masseglia sagte nicht geimpften Olympia-Teilnehmer­n vor Ort „extrem schwierige Bedingunge­n“voraus. Sportler, die ohne Impfung nach Japan einreisen, müssten sich in eine „14-tägige Quarantäne begeben und sich dort morgens und abends testen lassen“.

Der britische Laufstar Mo Farah sagte, er habe die Informatio­n bekommen, dass „im Grunde jeder in der Lage sein wird, eine Injektion gegen Covid-19 zu erhalten“. Wer ihm das sagte, verriet der viermalige Olympiasie­ger aber nicht.

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FOTO: KOJI SASAHARA/DPA Steht vor den schwierigs­ten Olympische­n Spielen aller Zeiten: Gastgeber Tokio.

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