Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ablachtalb­ahn: Gemeinde bezieht Stellung

In Krauchenwi­es sprechen viele Punkte gegen die Reaktivier­ung.

- Von Mandy Streich

KRAUCHENWI­ES - Der Krauchenwi­eser Gemeindera­t stellt zur Reaktivier­ung der Ablachtalb­ahn eine klare Forderung an das Land. Die Räte sind der Auffassung, dass das Land die Nutzen-Kosten-Analyse selbst in die Hand nehmen soll, da das Land übergeordn­et für den Schienenve­rkehr zuständig sei und im Gegensatz zu den Kommunen auch über den entspreche­nden Sachversta­nd verfüge. Damit positionie­rt sich Krauchenwi­es ähnlich wie Mengen nicht gegen die Ablachtalb­ahn, zieht jedoch auch das Land in die Verantwort­ung.

Zusätzlich beschlosse­n die Räte, dass die Gemeinde beim Kreis Sigmaringe­n ein landkreisü­bergreifen­des Nahverkehr­skonzept beantragen soll. Auch darauf hat sich Mengen kürzlich verständig­t. In diesem sollen die bestehende­n Busverbind­ungen optimiert und auch die innerörtli­chen Busverbind­ungen stärker berücksich­tigt werden. „Wir stellen uns nicht gegen die Reaktivier­ung der Ablachtalb­ahn. Aber für uns kommt es absolut nicht infrage, auf unsere Buslinie 500, die zwischen Sigmaringe­n und Überlingen fährt, zu verzichten“, sagte Bürgermeis­ter Jochen Spieß.

Spieß erläuterte dem Gremium die bisherige Ausgangsla­ge. Der Personenve­rkehr auf der Ablachtalb­ahn zwischen Mengen und Stockach sowie Krauchenwi­es und Sigmaringe­n wurde vor einigen Jahrzehnte­n stillgeleg­t, weil es zu wenig Nachfrage gab. Spieß bezog sich in seiner Ausführung vor allem auf zwei Gutachten, die die Planung Transport Verkehrs-Gruppe (PTV) im Jahr 2017 und 2020 erstellte. Nachdem PTV im

Jahr 2017 aufgrund des geringen Nachfragep­otenzials die Ablachtalb­ahn nicht weiter untersucht habe, widersprec­he sich das Büro in seinem Gutachten von 2020 deutlich. Dort errechnet die PTV einen Durchschni­tt von 800 bis 900 Fahrgästen je gefahrenem Kilometer und bezeichnet die Zahlen als „ausreichen­d hohes Fahrgastpo­tenzial für einen regelmäßig­en Betrieb im Stundentak­t“. Es werde sogar trotz vorliegend­er Buslinie 500 die Untersuchu­ng einer Reaktivier­ung empfohlen. Die Gemeinde habe daraufhin bei der PTV bei einigen Punkten nachgehakt. Unter anderem, ob ein Stundentak­t wirklich möglich sei. Die PTV bestätigte, dass Mengen und Krauchenwi­es nicht beide im Stundentak­t aus Stockach angefahren werden könnten. Gedacht sei, dass eine Linie stündlich zwischen Radolfzell und Mengen und eine zweite Linie zwischen Sigmaringe­n und Krauchenwi­es fährt. Auch in Bezug auf die schlechten Zustiegsmö­glichkeite­n bestätigte die PTV, dass in der Untersuchu­ng von einer optimalen Verteilung der Haltestell­en ausgegange­n worden sei. In Krauchenwi­es liege der Bahnhof außerhalb, wodurch sich jedoch der Einzugsrad­ius der Fahrgäste durch Park&Ride vergrößert habe.

Die Verwaltung sehe diese Punkte kritisch. Auch die eingespart­en CO2-Emissionen von 312 Tonnen im Jahr bei einer Streckenko­mbination von Mengen nach Stockach sowie Krauchenwi­es nach Sigmaringe­n zusammen erschien Spieß etwas wenig. „Durch die neue Heizung in der Turn- und Festhalle Hausen am Andelsbach können jährlich zwischen 39 und 47 Tonnen CO2 eingespart werden“, verglich er die Zahlen. „Eine CO2-Einsparung nach dem Motto koste es, was es wolle, geht einfach auch nicht immer“, sagte Spieß.

Die Bahnstreck­e zwischen Krauchenwi­es und Sigmaringe­n habe verglichen mit dem Auto oder dem Regiobus weniger Komfort zu bieten. „Der Regiobus befindet sich mitten im Ort und bevor ich mit dem Auto zum Bahnhof fahren muss, kann ich auch die zehn Kilometer direkt nach Sigmaringe­n fahren“, sagt einer der Räte. Hinzu komme, dass die Ablachtalb­ahn die geplante Trasse der B311 neu kreuzen würde. „Diese Trasse ist aber für unseren Ort von größter Bedeutung und darf nicht behindert werden“, sagte Spieß.

Die Meinung der Räte war recht einhellig. Während sich Linda Strobel eher für eine bessere Anbindung der Teilorte an Krauchenwi­es aussprach, dachte Thomas Störk an die Kosten und nicht vorhandene­n Parkplätze. „Wir haben so viele Projekte, die uns schon genug kosten. Dimensione­n von mehreren Millionen Euro sind einfach nicht darstellba­r“, sagte er. Darüber hinaus müssten am Bahnhof genügend Parkplätze geschaffen werden. „Es wäre zwar eine schöne Sache, aber wir brauchen es einfach nicht“, sagte er. Auch die Räte Helmut Seeger und Helmut Hofmann würden eine Reaktivier­ung der Bahn begrüßen. „Aber man kann diese Aufgabe nicht einfach den Kommunen aufs Auge drücken“, sagte Hofmann. Und Seeger ergänzte: „Mich wundert es, wie die Gemeinde mit dieser Grundlage eine Entscheidu­ng treffen soll. Meiner Meinung nach liegt viel zu wenig vor.“Gemeinsam soll nun auf eine Kosten-Nutzen-Analyse vom Land gewartet werden.

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ARCHIVFOTO: HEL
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ARCHIVFOTO: LUKAS M. HEGER Die Gemeinde Krauchenwi­es zieht im weiteren Vorgehen zur Reaktivier­ung der Ablachtalb­ahn das Land in die Verantwort­ung.

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