Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Wenn Papa nicht zahlt, zahlt Vater Staat
Wie Betroffene den Unterhaltsvorschuss in Anspruch nehmen können
SCHONDORF - Alleinerziehende leisten außerordentlich viel: Job, Haushalt, Betreuung des Kindes – und das komplett allein. Fällt für das Kind der Barunterhalt des anderen Elternteils aus, stehen Alleinerziehende meist vor großen Problemen. Als finanzielle Hilfe können sie Unterhaltsvorschuss für ihr Kind beantragen.
Mitte des Jahres 2020 erhielten rund 840 000 Kinder einen Unterhaltsvorschuss oder Ausfallleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. In manchen Fällen wollte der Unterhaltpflichtige nicht zahlen, in anderen konnte er nicht. Manchmal ist der Vater schlichtweg unbekannt. Zum Jahresbeginn wurden die Sätze leicht angehoben.
Anspruch und Höhe:
Kinder bis 18 Jahre, die mit dem alleinerziehenden Elternteil leben und keinen, zu wenig oder unregelmäßig Unterhalt erhalten, können den Unterhaltszuschuss bekommen. Seit dem 1. Januar 2021 beträgt er für Kinder bis fünf Jahre 174 Euro, für Sechs- bis Elfjährige 232 Euro und für Kinder im Alter von zwölf bis 17 Jahren 309 Euro. Der Unterhaltsvorschuss wird zu 100 Prozent auf Leistungen des Zweiten Sozialgesetzbuchs wie Arbeitslosengeld 2 angerechnet, zu 45 Prozent als Einkommen auf den Kinderzuschlag und als Teil des Haushaltseinkommens auf den Wohngeldanspruch.
Kein Unterhaltspflichtiger, kein Vorschuss?
Der Unterhaltsvorschuss ist ein Vorschuss, den Vater Staat zahlt, wenn ein Unterhaltspflichtiger nicht zahlt. Die Unterhaltsansprüche des Kindes gehen mit Zahlung an ihn über. Das Geld holt er sich – soweit möglich – vom Unterhaltspflichtigen zurück. Im Jahr 2019 wurden laut Auskunft des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Unterhaltsvorschüsse und -ausfallleistungen von rund 2,18 Milliarden Euro ausgezahlt. Davon konnten 360 Millionen Euro von den Unterhaltspflichtigen zurückgeholt werden. Frauen, die sich weigern, über den zahlungspflichtigen Elternteil Auskünfte zu erteilen, kann der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss verweigert werden. Anders verhält es sich bei Müttern, die nach einem One-Night-Stand schwanger wurden und glaubhaft versichern können, den Vater nicht zu kennen, und alles Zumutbare unternommen zu haben, um die Identität zu klären. Hier entscheidet das Jugendamt nach Einzelfallprüfung über den Antrag.
Beistandschaft vom Jugendamt:
Gibt es Probleme bei der Unterhaltszahlung, können sich Alleinerziehende helfen lassen. Weigert sich der
Ex-Partner zu zahlen, können sie sich vor dem Gang zur Unterhaltsvorschussstelle an das Jugendamt wenden und Beistandschaft für das Kind beantragen. Das Jugendamt wird dann als Vertreter des Kindes versuchen, Unterhaltsansprüche geltend zu machen, notfalls gerichtlich. Dies ist oft eine enorme Entlastung für Alleinerziehende.
Recht des Kindes:
Manchen Alleinerziehenden fällt es schwer, ausstehenden Unterhalt einzufordern. Kinder haben jedoch ein Recht auf Unterhalt. Und es gibt zwei Arten des Nicht-Zahlens: nicht können und nicht wollen. Kann der Unterhaltspflichtige nicht zahlen, gibt es Unterstützung vom Staat. Will ein Elternteil hingegen nicht zahlen, so ist dies laut Paragraf 170 Strafgesetzbuch eine Straftat. Die vergangenen Monate der Corona-Pandemie haben fast allen das Leben schwer gemacht. Viele Väter stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Sie sind von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit getroffen, Selbstständige kämpfen mit der Pleite. Vielleicht ist es für den einen oder anderen Vater gar eine Entlastung, wenn der Staat vorschießt, bis er wieder selbst für sein Kind aufkommen kann.