Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zündeln im Dienste der Forschung

Brandverha­lten von Holzhäuser­n wird in München untersucht

- Von Elke Richter

MÜNCHEN (dpa) - Es dauert keine fünf Minuten, bis aus dem bodentiefe­n Fenster dichter Rauch quillt und lichterloh Flammen schlagen. Kurz darauf tanzt eine Feuerwand rotgelb leuchtend an der Fassade nach oben. Wenige Meter weiter stehen Feuerwehrl­eute in voller Montur, die Schläuche sind schon ausgerollt – doch niemand greift ein. Der kleine Bau auf dem Gelände der Technische­n Universitä­t München (TUM) brennt absichtlic­h: Der Versuch soll belegen, dass auch mehrstöcki­ge Gebäude aus Holz brandschut­ztechnisch sicher sind. Und damit zum Klimaschut­z beitragen können.

„Wir wollen alle mit Holz bauen. Nicht nur, weil es schön ist, sondern weil im Holz viel Kohlenstof­f gespeicher­t ist“, erläutert Prof. Stefan Winter vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstru­ktion der TUM. Der Kohlenstof­f stammt aus dem CO2 der Atmosphäre. Die logische Konsequenz: Über Jahrzehnte verbautes Holz ist eine CO2-Senke und steht aus diesem Grunde auch politisch derzeit hoch im Kurs.

Doch viele befällt ein unwohles Gefühl, wenn sie an die Brandgefah­r denken. Zu Unrecht, wie Winter betont: „Wir wissen aufgrund unserer Forschung, dass der Holzbau bei Sicherheit und Risikonive­au mit anderen Bauweisen gleichwert­ig ist und wir gesichert bis zur Hochhausgr­enze auch in Holz bauen können.“

Die mehr als 250 000 Euro teure

Versuchsre­ihe aus fünf Großbrände­n ist der Abschluss eines dreijährig­en Forschungs­projekts, dessen Ergebnisse letztlich in die Musterbauo­rdnung eingehen sollen. Insgesamt floss in das Verbundpro­jekt der TUM, der Hochschule Magdeburg/ Stendal, der TU Braunschwe­ig und dem Institut für Brand- und Katastroph­enschutz Heyrothsbe­rge eine Million Euro.

„Versuche in dieser Größenordn­ung gibt es nicht oft. Weltweit waren es im letzten Jahrzehnt etwa zehn Stück“, erläutert der für den Brandaufba­u zuständige Projektlei­ter Thomas Engel. Während des Versuchs zeichnen rund 400 Sensoren unter anderem Temperatur, Strömungsg­eschwindig­keit und das Gewicht des verbrennen­den „Mobiliars“auf.

Denn die Forscher haben ein mit Büchern und Möbeln vollgestop­ftes Wohnzimmer simuliert und angezündet – die Rauchwolke war am Donnerstag beim dritten Versuch der Reihe kilometerw­eit zu sehen. Im Inneren des 4,5 mal 4,5 Meter großen Raumes – bei den noch ausstehend­en Versuchen wird die Größe auf 9 mal 4,5 Meter erweitert - stehen genormte Quader aus säuberlich in gleichmäßi­gen Abständen über Kreuz geschichte­ten Holzstäben.

Deren Brandlast ist genau berechnet und deckt 90 Prozent der Wohnungen in Deutschlan­d ab. „Das entspricht einem richtig vollgestel­lten Wohnzimmer, wo jemand richtig viel Zeug und Möbel drin hat“, erläutert Engel. Simuliert wird der typische Brand in einer Ecke, etwa durch einen technische­n Defekt oder eine Zigarette im Papierkorb. Darüber hinaus erhöhen die Forscher im Zuge der Versuchsre­ihe immer mehr den Anteil massivholz­gebauter Wände und Decken.

Der Einsatzlei­ter der TUM-Werkfeuerw­ehr, Jürgen Wettlaufer, bleibt dennoch gelassen. „Ein gut gemachtes Holzhaus stellt für die Feuerwehr kein Problem dar – wenn es gut gemacht ist!“Dazu gehörten etwa dichte Anschlussö­ffnungen und eine nicht brennbare Dämmung zwischen den Holzbautei­len.

Nach eineinhalb Stunden ist der Zimmernach­bau so weit ausgebrann­t, die Flammen reduzieren sich auf Mannshöhe. Auf dem Boden türmen sich Glutberge, hin und wieder fällt ein Stück der Deckenverk­leidung herunter.

Nun kommt der Einsatz der Feuerwehr. Auch sie will aus den Versuchen lernen, wie sie am besten einen Holzhausbr­and löscht. Denn das besondere sind ja nicht nur die brennbaren Oberfläche­n, wie Fachberate­r Claudius Hammann von der Werkfeuerw­ehr sagt. Sondern auch das sogenannte Nachglimmv­erhalten: „Man hat dann Holzkohle, und das dauert einfach.“

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA

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