Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Acht Menschen mit Mutation infiziert
Varianten von SARS-CoV-2 bei Proben im Kreis Ravensburg nachgewiesen
RAVENSBURG - Acht Menschen im Kreis Ravensburg haben sich bereits mit einer mutierten Version des Coronavirus angesteckt. Das teilte das Landratsamt Ravensburg am Donnerstagvormittag auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. „Wir wissen derzeit allerdings noch nicht, um welche Mutation es sich handelt“, sagte die Sprecherin der Behörde, Selina Nußbaumer. Auch im Kreis Biberach und im Alb-DonauKreis sind Infektionen mit Coronavirus-Varianten festgestellt worden, wie am Donnerstag bekannt wurde.
Im Dezember sind erste Infektionen mit mutierten Coronaviren in Baden-Württemberg nachgewiesen worden. Dabei geht es um eine Virusversion, die sich zunächst in Großbritannien verbreitet haben soll und eine weitere südafrikanische Variante sowie eine brasilianische Variante, die aber der aus Südafrika ähnelt, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Internetseite erklärt. Das RKI geht davon aus, dass die Mutationen noch leichter von Mensch zu Mensch übertragbar sind als das ursprüngliche Coronavirus.
Die acht Fälle im Landkreis Ravensburg hängen nach Angaben des Landratsamtes teilweise zusammen. Ob sich die Personen zum Beispiel auf Geschäftsreisen angesteckt haben und wie die Infizierten miteinander in Verbindung stehen, wollte die Behörde jedoch nicht sagen. Es handle sich im Kreis Ravensburg aber nicht um eine Verbreitung in einer Kindertagesstätte wie etwa in Freiburg.
Dort war bekannt geworden, dass sich Kinder und Betreuer in einer Kindertagesstätte mit einem mutierten Virus infiziert haben, woraufhin das Land Baden-Württemberg die Entscheidung über die Öffnung von Schulen und Betreuungseinrichtungen, die zum 1. Februar geplant war, aufgeschoben hat. Auch in mindestens einem weiteren Landkreis soll es nach Informationen des SWR Infektionen mit Coronavirus-Mutationen geben.
Dass die acht Getesteten aus dem Kreis Ravensburg mit der Mutation infiziert sind, wurde bei routinemäßigen Überprüfung des Probenmaterials auf die Virusvarianten hin entdeckt. Das MVZ Labor Dr. Gärtner in Ravensburg wertet die PCR-Tests aus der Region aus und muss bei fünf Prozent der positiven Proben eine weitere Untersuchung durchführen, wie Pressesprecherin Sandra Schmalz erklärt. Das schreibe eine neue Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums, die seit 19. Januar in Kraft ist.
Bei der weiterführenden Untersuchung handle es sich um eine sogenannte Genomsequenzierung, erklärt Schmalz. Die Proben für diese intensivere Untersuchung würden zufällig ausgewählt. Die nachgewiesenen Infektionen mit der Mutation im Landkreis Ravensburg zeigen sehr wahrscheinlich also nur einen Teil der tatsächlichen Infektionen mit Corona-Varianten. Die drei ersten Fälle wurden dem Landratsamt am Mittwoch vom Labor gemeldet, fünf weitere am Donnerstag.
Die Untersuchung erklärt Schmalz so: „Dabei wird das vollständige Erbgut – in diesem Fall des Coronavirus – vollständig analysiert, das heißt Base für Base aufgelöst und entschlüsselt. Die dabei generierten RNA-Fragmente erlauben es, beim Abgleich mit einer großen Datenbank, kleinste Veränderungen im Erbgut eines Virus zu identifizieren. So lassen sich beispielsweise bei der britischen Mutationsvariante B.1.1.7 sowie der Variante aus Südafrika (B.1.351) eine Veränderung auf dem B-Fragment feststellen.“Die ermittelten Daten müsse das Labor anonymisiert an das Robert-Koch-Institut melden. Auch das Gesundheitsamt im Landkreis wird informiert. Um herauszufinden, um welche Mutation es sich handelt, sind laut Landratsamt weitere Untersuchungen nötig. Bis das Ergebnis vorliegt, könnten bis zu sieben Tage vergehen.
In der Oberschwabenklinik (OSK) gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass Patienten mit der Virusvariante infiziert sind, wie Kliniksprecher Winfried Leiprecht am Donnerstag sagte. Nachdem die Mutationen in Baden-Württemberg aufgetaucht sind, habe die Klinik die Schutzvorkehrungen im Januar verschärft und für alle Besucher oder Handwerker, die die Krankenhäuser betreten, FFP2-Masken vorgeschrieben. Die Belegung mit Covid-19-Patienten in der OSK hat sich in den vergangenen Tagen derweil spürbar entspannt, teilte Sprecher Winfried Leiprecht mit. Am Donnerstagvormittag lagen nach OSK-Angaben im St.-Elisabethen-Klinikum in Ravensburg und im Westallgäu-Klinikum in Wangen insgesamt 57 bestätigte Fälle, davon sieben auf den Intensivstationen.
Hinzu kamen elf Verdachtsfälle, davon zwei in intensivmedizinischer Betreuung. Damit hat sich in den OSK-Häusern, verglichen mit dem bisherigen Höhepunkt der „zweiten Welle“an den Tagen um Dreikönig mit einem Höchststand von 106 Corona-Patienten, die Fallzahl beinahe halbiert. Noch immer ist dies aber wesentlich mehr als auf dem Höhepunkt der „ersten Welle“im April mit 32 bestätigten Fällen in den Kliniken. 21 Patienten sind während der „zweiten Welle“in den OSK-Häuern verstorben.