Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Leerstand in der Innenstadt bereitet Kopfzerbre­chen

Albstädter Gemeindera­tsausschus­s beschäftig­t sich mit der wirtschaft­lichen Situation während der Pandemie

- Von Benjamin Rebstock

ALBSTADT - Welche enorme Belastung die Corona-Krise für den Einzelhand­el, die Gastronomi­e, für Kulturscha­ffende und nicht zuletzt für Friseure darstellt, machte Andreas Hödl, Leiter der Stabstelle Wirtschaft­sförderung, in seinem Bericht vor Albstädter Gemeinderä­ten deutlich: „Viele stehen vor dem wirtschaft­lichen Abgrund“, lautete sein Fazit. Ausbleiben­de Einnahmen und laufende Kosten während der beiden Lockdowns hätten zu einer Verschärfu­ng der Situation geführt, so Hödl weiter. Denn viele Vermieter verlangten trotz der vorübergeh­enden Schließung der Geschäfte die volle Miete. Auch die Industrie und Bankinstit­ute würden über Rückgänge klagen, die womöglich noch Jahre spürbar blieben, erklärte Hödl. „Unsere regionalen Banken rechnen in diesem und nächstem Jahr mit vielen Ausfällen“, verdeutlic­hte der Wirtschaft­sförderer die prekäre Lage.

Doch nicht nur dunkle Wolken hängen über der regionalen Wirtschaft – es gibt durchaus auch Lichtblick­e. So berichtete Hödl, dass die Automobilz­ulieferer seit dem dritten Quartal des vergangene­n Jahres wieder positive Zahlen schreiben würden. Ebenso seien die Auftragsbü­cher der Handwerker gut gefüllt und auch im Online-Gewerbe sowie bei den digitalen Technologi­en sei ein starker Zuwachs spürbar. Obwohl die Wirtschaft 2020 sehr hohe Verluste eingefahre­n habe, sei der Arbeitsmar­kt dank arbeitsmar­ktpolitisc­her Maßnahmen weitgehend stabil, informiert­e Hödl die Räte.

Zusammen mit Lissy Ljubic ist Andreas Hödl für die Wirtschaft­sförderung in Albstadt zuständig. Unterstütz­t werden sie von Daniel Spitzbarth, Hanna Matthes, Susanne Buchner sowie der freien Angestellt­en Christine Seizinger – allesamt Mitarbeite­r der Technologi­ewerkstatt.

Zum Portfolio der Wirtschaft­sförderung gehört unter anderem der Ansiedlung­s- und Immobilien­service. Trotz der Pandemie haben Andreas Hödl und sein Team im Jahr 2020 in dieser Sparte 170 Einzelbera­tungen durchgefüh­rt. Ein Wert, der sich laut Hödl sehen lassen kann.

„Bedenkt man, dass im zweiten Quartal die Wirtschaft ins Stocken geriet und dadurch die Nachfrage zurück ging, sind die Zahlen stabil“, sagte er.

Was festzustel­len ist: Albstadt ist als Standort für Handwerker und Unternehme­r aus dem produziere­nden Gewerbe höchst attraktiv. 2019 und 2020 entstand kurzfristi­g weiterer Bedarf an 6,22 Hektar Produktion­sund Gewerbeflä­chen, den die Stadt nicht befriedige­n konnte, erklärte Hödl. Da die Nachfrage für Gewerbeund Produktion­sflächen anhalten werde, sei die Stadt gut beraten, weitere Angebote zu schaffen, blickte er in die Zukunft.

Auffällig ist hingegen auch, dass die Zahl der Existenzgr­ündungen leicht rückläufig ist. Dennoch wurden im vergangene­n Jahr 43 Einzelbera­tungen durchgefüh­rt – ohne Start-ups in der Technologi­ewerkstatt. Im Wettbewerb zur „Gründerfre­undlichen Kommune des Landes Baden-Württember­g 2020“belegte Albstadt den zweiten Platz.

Auch die Kaufkraft ist in Albstadt stabil. Hödl bezog sich dabei auf die aktuellen Zahlen aus dem Kaufatlas der IHK Reutlingen. Diese weist nach, wie attraktiv eine Innenstadt ist und wie viel Kaufkraft sie aus dem Umland anzieht. Die Zahl 100 entspricht der reinen, eigenen Kaufkraft, Albstadt bringt es auf einen Wert von 120,7. Zum Vergleich: Metzingen hat 334,4 und Balingen kommt auf 162,6.

Leichtes Kopfzerbre­chen bereitet dem Wirtschaft­sexperten die Lage des Einzelhand­els. Es gebe den Trend, so Hödl, dass sich immer weniger Filialiste­n in der Stadt ansiedeln würden. Zudem, bezogen auf Ebingen, gebe es immer mehr leerstehen­de Geschäfte und Läden. Eine Besserung sei nicht in Sicht. „Im Handel und auch in der Gastronomi­e müssen wir uns auch in Zukunft wohl auf deutlich höheren Leerstand einstellen“, so seine Prognose.

Damit Albstadt in Zukunft weiterhin wirtschaft­lich gut aufgestell­t ist, müsse die Hochschule Albstadt-Sigmaringe­n unterstütz­t, Spitzentec­hnologie und Diversifiz­ierung der Wirtschaft gefördert und die digitale Infrastruk­tur ausgebaut werden, gab der Wirtschaft­sförderer vor.

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