Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Leerstand in der Innenstadt bereitet Kopfzerbrechen
Albstädter Gemeinderatsausschuss beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Situation während der Pandemie
ALBSTADT - Welche enorme Belastung die Corona-Krise für den Einzelhandel, die Gastronomie, für Kulturschaffende und nicht zuletzt für Friseure darstellt, machte Andreas Hödl, Leiter der Stabstelle Wirtschaftsförderung, in seinem Bericht vor Albstädter Gemeinderäten deutlich: „Viele stehen vor dem wirtschaftlichen Abgrund“, lautete sein Fazit. Ausbleibende Einnahmen und laufende Kosten während der beiden Lockdowns hätten zu einer Verschärfung der Situation geführt, so Hödl weiter. Denn viele Vermieter verlangten trotz der vorübergehenden Schließung der Geschäfte die volle Miete. Auch die Industrie und Bankinstitute würden über Rückgänge klagen, die womöglich noch Jahre spürbar blieben, erklärte Hödl. „Unsere regionalen Banken rechnen in diesem und nächstem Jahr mit vielen Ausfällen“, verdeutlichte der Wirtschaftsförderer die prekäre Lage.
Doch nicht nur dunkle Wolken hängen über der regionalen Wirtschaft – es gibt durchaus auch Lichtblicke. So berichtete Hödl, dass die Automobilzulieferer seit dem dritten Quartal des vergangenen Jahres wieder positive Zahlen schreiben würden. Ebenso seien die Auftragsbücher der Handwerker gut gefüllt und auch im Online-Gewerbe sowie bei den digitalen Technologien sei ein starker Zuwachs spürbar. Obwohl die Wirtschaft 2020 sehr hohe Verluste eingefahren habe, sei der Arbeitsmarkt dank arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen weitgehend stabil, informierte Hödl die Räte.
Zusammen mit Lissy Ljubic ist Andreas Hödl für die Wirtschaftsförderung in Albstadt zuständig. Unterstützt werden sie von Daniel Spitzbarth, Hanna Matthes, Susanne Buchner sowie der freien Angestellten Christine Seizinger – allesamt Mitarbeiter der Technologiewerkstatt.
Zum Portfolio der Wirtschaftsförderung gehört unter anderem der Ansiedlungs- und Immobilienservice. Trotz der Pandemie haben Andreas Hödl und sein Team im Jahr 2020 in dieser Sparte 170 Einzelberatungen durchgeführt. Ein Wert, der sich laut Hödl sehen lassen kann.
„Bedenkt man, dass im zweiten Quartal die Wirtschaft ins Stocken geriet und dadurch die Nachfrage zurück ging, sind die Zahlen stabil“, sagte er.
Was festzustellen ist: Albstadt ist als Standort für Handwerker und Unternehmer aus dem produzierenden Gewerbe höchst attraktiv. 2019 und 2020 entstand kurzfristig weiterer Bedarf an 6,22 Hektar Produktionsund Gewerbeflächen, den die Stadt nicht befriedigen konnte, erklärte Hödl. Da die Nachfrage für Gewerbeund Produktionsflächen anhalten werde, sei die Stadt gut beraten, weitere Angebote zu schaffen, blickte er in die Zukunft.
Auffällig ist hingegen auch, dass die Zahl der Existenzgründungen leicht rückläufig ist. Dennoch wurden im vergangenen Jahr 43 Einzelberatungen durchgeführt – ohne Start-ups in der Technologiewerkstatt. Im Wettbewerb zur „Gründerfreundlichen Kommune des Landes Baden-Württemberg 2020“belegte Albstadt den zweiten Platz.
Auch die Kaufkraft ist in Albstadt stabil. Hödl bezog sich dabei auf die aktuellen Zahlen aus dem Kaufatlas der IHK Reutlingen. Diese weist nach, wie attraktiv eine Innenstadt ist und wie viel Kaufkraft sie aus dem Umland anzieht. Die Zahl 100 entspricht der reinen, eigenen Kaufkraft, Albstadt bringt es auf einen Wert von 120,7. Zum Vergleich: Metzingen hat 334,4 und Balingen kommt auf 162,6.
Leichtes Kopfzerbrechen bereitet dem Wirtschaftsexperten die Lage des Einzelhandels. Es gebe den Trend, so Hödl, dass sich immer weniger Filialisten in der Stadt ansiedeln würden. Zudem, bezogen auf Ebingen, gebe es immer mehr leerstehende Geschäfte und Läden. Eine Besserung sei nicht in Sicht. „Im Handel und auch in der Gastronomie müssen wir uns auch in Zukunft wohl auf deutlich höheren Leerstand einstellen“, so seine Prognose.
Damit Albstadt in Zukunft weiterhin wirtschaftlich gut aufgestellt ist, müsse die Hochschule Albstadt-Sigmaringen unterstützt, Spitzentechnologie und Diversifizierung der Wirtschaft gefördert und die digitale Infrastruktur ausgebaut werden, gab der Wirtschaftsförderer vor.