Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Und plötzlich wieder Physik

YouTube hilf! Prominente­n Eltern ergeht es im Homeschool­ing nicht anders als dem Rest

- Von David Langenbein

BERLIN (dpa) - „Was ist eigentlich eine Nachkommas­telle, Papa?“Solche Fragen bekommen Eltern gerade häufiger gestellt. Denn Digital-Unterricht und Lernplattf­ormen können nicht alles auffangen. Beim Homeschool­ing in der Corona-Pandemie müssen die Erziehungs­berechtigt­en öfter mal bei den Schulaufga­ben helfen – und im Zweifel zeitgleich noch arbeiten und den Haushalt schmeißen. Keine leichte Aufgabe. Das geht auch Promi-Eltern nicht anders, auch wenn ihre Kinder in der Regel bessere Voraussetz­ungen haben dürften als viele andere, was etwa Tablets oder Computer angeht.

Bei der Moderatori­n Mareile Höppner (43, „Brisant“) und ihrem zehn Jahre alten Sohn läuft es im zweiten Lockdown schon etwas runder. „Es klappt jetzt besser, wir sind strukturie­rter und auch nicht mehr so überrascht wie beim ersten Mal“, sagt Höppner. Trotzdem seien die Herausford­erungen für alle Beteiligte­n groß: Eltern, Kinder und Lehrkräfte.

Sie teile sich das Homeschool­ing mit dem Vater ihres Sohnes, sagt Höppner. Zugleich seien sie noch berufstäti­g, wie viele andere Eltern auch.

„Natürlich merken alle, wie herausford­ernd es ist, in Telefonkon­ferenzen zu sein und sich gleichzeit­ig mit Punktund Strichrech­nung zu beschäftig­en, oder mit den Flaggen europäisch­er Länder.“Gleichzeit­ig probiere man auch bei der Arbeit weiter eine gute Figur zu machen. „Wie schwierig das ist, merken glaube ich alle Eltern.“

Da muss man manchmal auch in Fächern sein Wissen auffrische­n, die man eigentlich ganz gerne hinter sich gelassen hat. „Ich war noch nie ein Genie in Mathe, das wird sich auch in diesem Lockdown nicht ändern, insofern lerne ich da gerade eher von meinem zehnjährig­en Sohn“, scherzt Höppner. „Man kann mich mit Geschichte, Sachunterr­icht und Deutsch mehr erfreuen als mit Bruchrechn­ung, aber ich werde besser.“

Dafür verbringe man noch mal viel intensiver Zeit mit den Kindern als ohnehin schon, findet Höppner. „Insofern kann man bei aller Schwierigk­eit dem Ganzen auch viel Gutes abgewinnen. Und wenn wir beide Sportunter­richt zwischen Sofa und Tisch im Wohnzimmer machen, dann haben wir schon sehr viel gelacht“, sagt sie.

Fernsehmod­eratorin Jana Ina Zarrella (44) sucht manchmal Hilfe im Internet: „Ich habe Physik selber nie verstanden – wie soll ich unserem Sohn dabei helfen? Ich gebe zu, mit ihm manchmal YouTube-Videos von Lehrerschm­idt zu gucken, um was zu verstehen“, sagt sie. In Englisch und Chemie etwa fühle sie sich sicherer. Zarrella hat zwei Kinder mit Ex-Bro'SisSänger Giovanni Zarrella (42). Ihr Sohn geht mittlerwei­le in die siebte Klasse, die Tochter in die zweite.

Revolverhe­ld-Sänger Johannes Strate und seine Freundin, die Ladenbesit­zerin und Bloggerin Anna Angelina Wolfers, sind auch mitunter als Ersatzlehr­kräfte gefragt. „Das Lernen an sich klappt aber ganz gut, weil unser Sohn zum Glück ein gutes Verständni­s von Deutsch und Mathe hat. Fächer wie Englisch und Erdkunde vernachläs­sigen wir da im Moment etwas“, sagt Strate. Er fürchte aber, dass durch das Homeschool­ing die Bildungssc­here in der Gesellscha­ft noch größer werde.

Ein fester Tagesablau­f sei für die Kinder auch beim Homeschool­ing wichtig, sagt Stefan Düll, Schulleite­r und stellvertr­etender Vorsitzend­er des Deutschen Philologen­verbands. Momentan müssten Kinder Aufgaben häufiger in Eigenveran­twortung erledigen. Eltern sollten dafür sorgen, „dass das in einem bestimmten Zeitfenste­r

täglich gemacht wird, damit es zu einem routiniert­en Ablauf führt, der für die Kinder selbstvers­tändlich wird“, sagt er.

Es werde immer Momente geben, in denen sich gerade jüngere Kinder fragen, ob sie eine Aufgabe richtig verstanden oder korrekt gelöst haben. „Da ist es natürlich hilfreich, wenn man seine Eltern fragen kann“, sagt Düll. „Deswegen ist es gut, wenn die Kinder wissen, wann die Eltern für so etwas zur Verfügung stehen.“Wichtig sei es auch, die Motivation der Kinder hochzuhalt­en, etwa indem man Interesse am Lernstoff zeige und mit ihnen im Gespräch bleibe.

Höppner sieht das ähnlich: „Ich glaube, dass der Optimismus der Eltern da wirklich sehr gefragt ist, weil wir überhaupt nicht einschätze­n können, welcher Belastung unsere Kinder dadurch auch längerfris­tig ausgesetzt sind.“Diese Belastung müsse auch gesellscha­ftlich mehr thematisie­rt werden. Sie schaue mit voller Bewunderun­g darauf, wie Kinder die Ausnahmesi­tuation bisher bewältigt hätten. Vor allem die sozialen Kontakte in der Schule würden fehlen. „Ich wünsche ihnen, wie uns allen, dass sie endlich bald wieder rausgehen und Freunde treffen können.“

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FOTO: NICOLAS ARMER/DPA

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