Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Frank Nopper tritt heute Amt als Stuttgarter OB an
Stuttgarts neuer Oberbürgermeister Frank Nopper startet in sein Amt
STUTTGART (thg) - Gewählt wurde Frank Nopper bereits am 29. November vergangenen Jahres. An diesem Donnerstag nun tritt der CDU-Politiker sein Amt als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart an. Am späten Nachmittag wird der CDU-Politiker im Beethovensaal der Liederhalle seinen Amtseid leisten – im Beisein des kompletten Gemeinderats. Hierfür wurde mit dem Gesundheitsamt ein strenges Hygienekonzept erarbeitet. Der 59-jährige Nopper, bisher Oberbürgermeister von Backnang, wird Nachfolger des Grünen Fritz Kuhn (65), der seit 2013 im Amt war.
STUTTGART - Am Abend bevor Frank Nopper zum Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart gewählt wurde, spielte er mit seiner Familie eine Runde Monopoly. Es gab selbstgemachte Pizza, Nopper kaufte Straßen, baute Häuser und Hotels. „Ich setze beim Monopoly auf die günstigen, auf die mittleren, auf die teuren Straßen und auch auf die Bahnhöfe“, sagt er. „So muss man es auch in der Stadt machen. Ein OB ist für alle da und wenn sich das gut zusammenfügt, ist die Stadt als Gemeinschaft stark.“
Wenige Stunden später – Nopper hatte die Partie inzwischen verloren – wählten ihn die Stuttgarter im zweiten Wahlgang mit 42,3 Prozent der Stimmen zu ihrem neuen Stadtoberhaupt. Dreimal schon hatte Frank Nopper zuvor eine Oberbürgermeisterwahl gewonnen, zuletzt 2018 mit überdeutlicher Mehrheit. Jetzt, beim vierten Mal, war der Erfolg zwar nicht ganz so triumphal wie in Backnang, das Amt dafür umso bedeutender.
Der CDU-Kandidat Nopper versprach im Wahlkampf vor allem, vieles schneller und besser zu machen als der Amtsinhaber. Fritz Kuhn, das Urgestein der Grünen, war nach einer Amtszeit nicht zur Wiederwahl angetreten. Persönliche und familiäre Gründe hatte er dafür angeführt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Sein Ansehen in der Bevölkerung war geschwunden. Zu zaghaft, zu leise, zu wenig selbstbewusst – fast die Hälfte der Befragten bescheinigte Kuhn in einer Umfrage „kein guter OB“gewesen zu sein.
Hier konnte Nopper ansetzen. Von allen Bewerbern war er schließlich der einzige, der von sich behaupten konnte, er wisse, wie der Job geht. Der Bankkaufmann und Jurist gilt als Ur-Stuttgarter mit Bodenhaftung. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Bevor er 2002 Berufspolitiker wurde, arbeitete er unter anderem als Chef des Landesinnungsverbandes des Schreinerhandwerks. Im Wahlkampf warb er weniger mit Visionen als mit dem Ruf, Dinge umsetzen zu können – im Gegensatz zu Kuhn. Nopper holte seine Wähler mit den Themen Sicherheit, Ordnung, Stabilität und dem Kampf um Arbeitsplätze im Automobilsektor ab. Statt einem Radikalumbau strebt er vor allem einen Imagewandel der Stadt an. Stuttgart solle „leuchtender Stern im deutschen Süden“werden, sagt er, „mindestens auf Augenhöhe mit München“. Das Bild von der Problemstadt will Nopper
deshalb schnellstmöglich loswerden. „Der Begriff Feinstaubalarm war kein Marketingkunststück, auch die Krawallnacht hat sich in der ganzen Republik ausgewirkt“, sagt er. Dabei habe Stuttgart doch so viel vorzuzeigen. „Wir sind die Kultur-, Opern- und Balletthauptstadt Europas. Wir haben diese unglaubliche topografische Lage. Wir sind die Wiege des Automobils. Stuttgart hat unglaublich viele Stärken. Die müssen wir den Leuten wieder stärker bewusst machen und in den Vordergrund stellen.“
Seine Heimatstadt sei für ihn eine Herzensangelegenheit, betont Nopper. Viel hätte nicht gefehlt und es hätte schon einmal ein Nopper auf dem Stuttgarter OB-Sessel Platz genommen. Mit 39,5 Prozent der Stimmen
erzielte Frank Noppers Vater, Manfred Nopper, damals bei der FDP, im Jahr 1966 einen Achtungserfolg gegen den Amtsinhaber Arnulf Klett (parteilos). 55 Jahre später profitierte sein Sohn Frank auch vom Streit auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Ausgerechnet die Grünen hatten nach Kuhns Rückzug keinen passenden Kandidaten gefunden, um die Macht im Rathaus zu verteidigen. Lange suchten sie vergeblich nach einem Bewerber und stellten schließlich Veronika Kienzle auf, eine Bezirksvorsteherin aus der zweiten Reihe. Sie warf nach dem ersten Wahlgang mit großem Rückstand hin.
Am Donnerstag soll Nopper vom Gemeinderat in sein neues Amt eingesetzt werden – allerdings wegen mehrerer Klagen gegen die OB-Wahl zunächst als sogenannter Amtsverweser. Damit kann er zwar die Amtsgeschäfte wahrnehmen, muss aber zunächst ohne Stimmrecht auskommen. Im Gemeinderat wird sich Nopper ohnehin warm anziehen müssen. Die Mehrheit der Sitze haben die Grünen, Nopper muss sich von Thema zu Thema Mehrheiten aufbauen. Doch er gibt sich gelassen, erzählt von seinem guten Verhältnis zum grünen baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann, der einst am Gymnasium in Degerloch sein Sportlehrer war. „Ich bin oft nicht seiner Meinung, aber wir mögen uns“, sagt Nopper. Er findet, es gehört dazu, den anderen auch mal leben zu lassen. „In der Vergangenheit ist es mir gelungen, die verschiedenen Kräfte einzubinden“, sagt er. „In Stuttgart wird das schwerer, weil es sehr viel politisierter ist. Aber ich bin guten Mutes.“
Aufgaben wird es genug geben: Der Rückgang der Schadstoffbelastung im Stuttgarter Talkessel ist wohl eher der Pandemie zu verdanken und damit nicht von Dauer, bezahlbarer Wohnraum ist weiterhin knapp und nebenbei gilt es, die Corona-Pandemie zu bewältigen. Im Wahlkampf hatte Nopper einen Schwerpunkt auf die Wirtschaftsförderung gelegt. Vor allem geht es ihm um den Ausbau der digitalen Infrastruktur, die Förderung des Mittelstands und gute Rahmenbedingungen für Start-up-Unternehmen. Zudem will er den Wohnungsbau ankurbeln: Im Durchschnitt 2000 zusätzliche Wohnungen pro Jahr hat sich Nopper zum Ziel gesetzt. Umweltfreundliche Mobilität und Klimaschutz scheinen hingegen auf seiner politischen Prioritätenliste nicht ganz oben zu stehen.
Läuft alles nach Plan fällt in seine Amtszeit auch die Eröffnung des neuen Stuttgarter Bahnhofs. Hier will Nopper endlich Ruhe einkehren lassen. „Wir sollten die Stadt über Stuttgart21 befrieden“, sagt er. Mit seinem Vater, einem bekennenden Gegner des Projekts, habe er oft darüber diskutiert und glaube, sich in die Gegner und Skeptiker hineinversetzen zu können. „Deshalb denke ich, dass es uns gelingen kann, das Eröffnungsfest im Dezember 2025 zu einem Versöhnungsfest zu machen.“Ein Bündnis aus Stuttgart21-Gegnern hat bereits angekündigt, ihn bei seiner Amtseinführung in der Stuttgarter Liederhalle mit seinen Forderungen zu konfrontieren. Womöglich muss Nopper also schon am Donnerstag mit der Versöhnungsarbeit beginnen.