Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Durchwachsener Ausblick auf die Dividendensaison 2021
Weil 2020 das Corona-Jahr war, werden einige Aktionäre in diesem Jahr leer ausgehen
FRANKFURT - Siemens hat am Mittwoch den Auftakt gemacht und seine Aktionäre zur coronabedingt virtuellen Hauptversammlung geladen. Und die hatte es in sich: Ein Gewinnsprung gibt dem neuen Chef Roland Busch (Foto: Matthias Schrader/dpa) Rückenwind für seinen Start als Siemens-Chef. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres, für das er bereits die operative Verantwortung trägt, hat der Konzern 1,5 Milliarden Euro verdient, wie er am Mittwoch mitteilte. Angesichts des laut Busch „außerordentlich guten Starts“erhöht Siemens seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr. Mit dieser Nachricht gibt der Münchner Konzern auch den Startschuss in die Dividendensaison.
Denn auf den Hauptversammlungen entscheiden die Anteilseigner auch über die Höhe der Dividende, die das Unternehmen ausschütten wird. Die richtet sich nach den Gewinnen des Vorjahres. Die SiemensAktionäre erhalten deshalb nur 3,50 Euro statt 3,90 Euro wie für das Vorjahr.
Damit geht es ihnen noch recht gut. Denn weil 2020 das Corona-Jahr war, dürften einige Aktionäre in diesem Jahr leer ausgehen. Das gilt etwa für diejenigen, die Anteilsscheine an den Banken halten. Denn denen hatte die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank empfohlen, möglichst auf Dividendenzahlungen zu verzichten und stattdessen ihre Liquidität zu stärken. Das soll zumindest bis September gelten. Die ursprünglichen Ausschüttungspläne könnten so ungefähr zur Hälfte durchgeführt werden, glaubt Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling. Der Bundesverband deutscher Banken sieht das kritisch. So sagte dessen Präsident Hans-Walter Peters kürzlich: „Je länger die Restriktionen aufrechterhalten werden, umso mehr ziehen sich die Investoren aus dem Bankensektor zurück oder zögern mit Engagements.“Zumindest die Anteilseigner von Deutscher Bank und Commerzbank werden wohl leer ausgehen.
Auch die Investoren anderer Unternehmen im DAX 30 müssen zwar Einbußen hinnehmen. Allerdings versuchen viele Vorstände auch, mit einer konstanten oder kontinuierlich steigenden Dividendenausschüttung die Anleger an sich zu binden. Das gilt etwa für die Allianz, die wie im Vorjahr 9,60 Euro zahlen wird. Insgesamt
schüttet der Münchner Versicherer damit etwa 3,95 Milliarden Euro aus, gefolgt von der Deutschen Telekom mit 2,85 Milliarden Euro und eben Siemens mit – trotz Senkung – immer noch 2,8 Milliarden Euro.
Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF dürfte mit 2,73 Milliarden Euro folgen. Klar ist das noch nicht, denn das vergangene Jahr lief für den Konzern zumindest bis Herbst nicht so gut. Der Vorstand hat den Anteilseignern zwar eine jährlich steigende Dividende versprochen. Allerdings warnte Vorstandschef Martin Brudermüller Ende Oktober auch: „Sollte das künftige gesamtwirtschaftliche Umfeld die Wachstumschancen der BASF verringern und die Profitabilität der BASF erheblich beeinträchtigen, kann eine Anpassung der Dividendenausschüttung erforderlich werden.“Experten glauben, dass neun Dax-Unternehmen eine stabile Dividende zahlen werden, sechs Konzerne dürften weniger als im Vorjahr ausschütten, darunter wohl auch die Autokonzerne, 13 mehr und zwei Unternehmen – neben der Deutschen Bank auch Delivery Hero – verzichten in diesem Jahr auf die Dividende.
Mit Blick auf den weiter gefassten Aktienindex MSCI Europa rechnet die Fondsgesellschaft Allianz Global
Investors (AGI) mit 330 Milliarden Euro an Ausschüttungen. Das sei etwa 15 Prozent mehr als im Vorjahr, da aber war das Dividendenvolumen um ein Fünftel zurückgegangen. Das Niveau von vor der Corona-Krise dürfte erst wieder im kommenden Jahr erreicht werden. Dabei schütten börsennotierte Unternehmen aus dem Gesundheitssektor als auch Versorger voraussichtlich mehr aus, während stark von der Krise gebeutelte Unternehmen aus dem Konsumund Industriegütersektor erst wieder mehr zahlen dürften, wenn die Konjunktur sich erholt.
Auch wenn das Dividendenjahr 2021 schlechter ausfallen dürfte, sei die Dividende auf lange Sicht ein stabilisierender Faktor für das Depot, sagt Hans-Jörg Naumer, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der AGI. Das gelte vor allem in Jahren mit negativer Kursentwicklung, weil sie dann Kursverluste ganz oder teilweise kompensierten. So sank die sogenannte Dividendenrendite in Europa, die das Verhältnis von Dividende zum Aktienkurs angibt, nach AGIBerechnungen im zweiten Halbjahr 2020 zwar um einen Prozentpunkt auf 2,75 Prozent. Doch damit liegt sie immer noch weit über den Nominalrenditen von Staatsanleihen. Die zehnjährige Bundesanleihe etwa rentiert im leicht negativen Bereich.