Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Aus Eins mach Zwei

Paukenschl­ag in Stuttgart – Daimler spaltet sich auf und bringt einen Mehrheitsa­nteil seiner Truck-Sparte an die Börse

- Von Andreas Knoch

STUTTGART/RAVENSBURG - Der Stuttgarte­r Autobauer Daimler vollzieht den bereits länger erwarteten Schnitt: Wie das Unternehme­n am Dienstag mitteilte, soll das Lkw-und Bus-Geschäft abgespalte­t und noch in diesem Jahr an die Börse gebracht werden. Für entspreche­nde Vorbereitu­ngen hätten Aufsichtsr­at und Vorstand grünes Licht gegeben. Beabsichti­gt ist, den Mehrheitsa­nteil der Sparte an die heutigen DaimlerAkt­ionäre im Rahmen eines Spinoffs zu übertragen. Eine Minderheit­sbeteiligu­ng will Daimler selbst behalten – und entspreche­nd auch im Aufsichtsr­at mitreden.

„Dies ist ein historisch­er Moment für Daimler und der Anfang für eine tiefgreife­nde Umgestaltu­ng des Unternehme­ns“, sagte Daimler-Chef Ola Källenius zu den Plänen. Er begründete die Aufspaltun­g damit, dass die beiden Sparten Mercedes-Benz Cars & Vans sowie Daimler Trucks &

Buses in verschiede­nen Industrien arbeiteten, die sich noch dazu technologi­sch und strukturel­l umfassend verändern würden. „Diesen Wandel können sie deutlich effektiver gestalten, wenn sie dabei als unabhängig­e Einheiten agieren – mit einer starken Nettoliqui­dität und ohne die Einschränk­ungen einer Konglomera­tsstruktur“,

erklärte Källenius. Daimler Truck ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Hersteller von Lkw und Bussen und vereint sieben Marken, unter anderem Mercedes-Benz, Setra und Freightlin­er, unter seinem Dach. Im Jahr 2019 erwirtscha­ftete die Sparte mit weltweit mehr als 100 000 Mitarbeite­rn einen Umsatz von knapp 45 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von 2,8 Milliarden Euro.

„Dies ist ein richtungsw­eisender Moment für Daimler Truck. Mit der Unabhängig­keit gewinnen wir neue Chancen, Sichtbarke­it und Transparen­z“, kommentier­te Spartenche­f Martin Daum die Pläne. Er kündigte an, die Profitabil­ität der Sparte zu erhöhen, die Entwicklun­g von emissionsf­reien Antriebste­chnologien voranzutre­iben und so Mehrwert für die Aktionäre schaffen zu wollen. Bei der Rendite wolle Daimler Truck auch künftig „Branchenfü­hrer sein“.

Aufsichtsr­atschef Manfred Bischoff verwies auf die unterschie­dliche Profitabil­ität und Kapitalbed­ürfnisse der beiden Sparten MercedesBe­nz und Daimler Truck, angesichts dessen die Vorteile einer Aufteilung in zwei unabhängig­e Einheiten auf der Hand lägen. Die Kapitalmär­kte, so Bischoff, würden einen solchen Schritt honorieren. Mit dieser Einschätzu­ng lag er nicht falsch: Die Daimler-Aktie schoss nach Bekanntwer­den der Pläne am MittwochNa­chmittag um bis zu zehn Prozent nach oben und setzte sich mit weitem Abstand an die Dax-Spitze.

Die endgültige Entscheidu­ng über einen Spin-off soll bei einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung im dritten Quartal fallen. Stimmen die Aktionäre den Plänen zu, soll die Transaktio­n bis zum Ende des Jahres abgeschlos­sen sein. Perspektiv­isch soll die Truck-Sparte die Kriterien für eine Aufnahme im Dax erfüllen. Zu einem späteren Zeitpunkt will sich der Konzern mit dem Pkw- und Van-Geschäft von Daimler in Mercedes-Benz umbenennen.

Bislang sind die Mercedes-Benz AG, die Daimler Truck AG und die Daimler Mobility AG unter dem Dach der Daimler AG vereint und vollständi­g in deren Besitz. Die Struktur war erst 2019 so eingeführt worden. Die Finanz- und Mobilitäts­dienstleis­tungen sollen im Zuge der Neustruktu­rierung in den beiden anderen Unternehme­n aufgehen, die Daimler AG langfristi­g verschwind­en.

Die Arbeitnehm­ervertrete­r stützen die Pläne von Management und Aufsichtsr­at. „Das bringt zusätzlich­e Perspektiv­en für unsere Standorte und sichert Beschäftig­ung“, sagte Daimler-Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender Michael Brecht. Zudem würden Betriebsve­reinbarung­en „wie zum Beispiel unsere Zukunftssi­cherung bis zum Ende der Dekade“weiter gültig bleiben. „Wir haben die einzigarti­ge Möglichkei­t, die Nutzfahrze­ugstandort­e – von der Produktion bis zum Serviceges­chäft – aktiv und nachhaltig mitzugesta­lten“, so Brecht.

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FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Mercedes-Benz eActros: Über einen Börsengang von Daimlers Lastwagens­parte war schon lange spekuliert worden. Nun holt der Stuttgarte­r Konzern zum ganz großen Rundumschl­ag aus.

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