Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Mann schlägt 80-Jährige und legt Feuer bei der Kirche
Polizei fahndet in Heiligenberg zunächst ergebnislos nach psychisch auffälligem 30-Jährigen – Er leistet massiven Widerstand
HEILIGENBERG - Ein 30-Jähriger, der sich offensichtlich in einem psychischen Ausnahmezustand befand, hat die Polizei am Dienstag im Bereich Heiligenberg in Atem gehalten. Die Polizei nahm den Mann am Abend fest, nachdem er am Mittag eine 80-Jahre alte Frau tätlich angegriffen und am Abend bei einer Kirche in Röhrenbach einen Brand gelegt hatte, schreiben die Staatsanwaltschaft Konstanz und das Polizeipräsidium Ravensburg in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
Am Vormittag war der Polizei gemeldet worden, dass der Mann gegenüber einem Mitbewohner Aussagen getroffen hatte, die eine konkrete Eigengefährdung begründeten. Unmittelbar danach sei er in unbekannte Richtung davongelaufen. Die Polizei leitete daraufhin eine Suche nach dem 30-Jährigen ein, an der neben mehreren Streifenwagen auch ein Personenspürhund beteiligt war.
Gegen 14.45 Uhr wurde bei der Polizei bekannt, dass es in einem Waldgebiet bei Heiligenberg zu einer Körperverletzung gekommen war. Ein zunächst Unbekannter hatte einer Frau eine Glasflasche ins Gesicht geschlagen und ihr gegenüber geäußert, dass er sich selbst etwas antun werde. Die 80-Jährige erlitt durch den Angriff Verletzungen am Kopf und musste vom Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht werden. Noch vor dem Eintreffen der Polizei flüchtete der Täter, bei dem es sich den Ermittlungen zufolge um den 30Jährigen gehandelt haben dürfte, vom Tatort. Dass er die 80-Jährige angegriffen hat, scheint ein Zufall zu sein. „Unseren jetzigen Erkenntnissen zufolge kam der Angriff aus heiterem Himmel“, sagt Polizeisprecher Simon Göppert.
Wie Bürgermeister Frank Amann gegenüber der SZ bestätigt, handelt es sich bei dem Opfer um eine der beiden Ordensschwestern, die in der Klause Egg leben. Die Trappistinnen des Ordens Maria Frieden aus der Eifel haben ein Schweigegelübde abgelegt und leben zurückgezogen im Wald. Zusammen mit der Polizei und dem Orden habe die Gemeindeverwaltung geklärt, dass die Versorgung der zweiten Ordensschwester gesichert ist.
Später kam es in Heiligenberg zu einem zweiten Vorfall. Ein Mann in blutverschmierter Kleidung trat einer Joggerin äußerst aggressiv gegenüber. Laut dem Pressetext von Staatsanwaltschaft und Polizei gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um denselben Mann handelt. Die Frau konnte vor ihm flüchten, sodass es diesmal zu keiner Auseinandersetzung kam. Die Polizei intensivierte daraufhin ihre Fahndung im Bereich Heiligenberg mit weiteren Streifen und zusätzlichem Personal, ein Polizeihubschrauber konnte witterungsbedingt jedoch nicht eingesetzt werden. Die Fahndung führte zunächst nicht zum Erfolg.
Am Abend gegen 18.15 Uhr ging bei der Polizei schließlich ein Hinweis aus dem Bereich Röhrenbach ein. Ein Zeuge hatte eine verdächtige, stark blutende Person in der dortigen Kirche gesehen, die versuchte, mit Kerzen die Kirche in Brand zu setzen. Auf Ansprache habe der Mann von seinem Vorhaben abgelassen und sei geflüchtet, heißt es im Pressetext von Staatsanwaltschaft und Polizei. Daraufhin unmittelbar nach Röhrenbach entsandte Polizeikräfte entdeckten den 30-Jährigen schließlich vor einem Anbau des Gemeindehauses, in dem er offenbar zuvor ein Feuer gelegt hatte.
„Da aufgrund der Antreffsituation zu befürchten war, dass der Mann sich möglicherweise in den zwischenzeitlich im Vollbrand stehenden Anbau begeben könnte, griffen die Beamten unter Inkaufnahme einer erheblichen eigenen Gefährdung zu und zogen den 30-Jährigen aus dem Gefahrenbereich des Feuers“, heißt es in der Pressemitteilung. Da sich der Mann massiv gewehrt habe, sei es den Polizeibeamten nur mit Mühe und unter Einsatz von Pfefferspray und eines Diensthundes gelungen, den Tatverdächtigen zu überwältigen und vorläufig festzunehmen. Sowohl der 30-Jährige als auch drei der eingesetzten Polizisten wurden dabei leicht verletzt.
Der Tatverdächtige musste zunächst in einem Krankenhaus behandelt werden, bevor er nun vorläufig in einer Spezialklinik untergebracht wurde. Die genauen Geschehensabläufe und die Zusammenhänge der Taten sind bislang nicht näher bekannt und Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen, die durch die Kriminalpolizei Friedrichshafen geführt werden. „Zu religiösen Motiven liegen uns momentan keine Erkenntnisse vor“, sagt Göppert.
Nicht nur die Polizei, auch die Feuerwehr befand sich im Großeinsatz. Laut Pressebericht wurde die Freiwillige Feuerwehr Heiligenberg gegen 18.45 Uhr zu einem Gebäudebrand im Teilort Röhrenbach gerufen. Weitere Einsatzkräfte rückten von den Feuerwehren aus Pfullendorf und Salem an. Vor Ort habe sich gezeigt, dass ein Schuppenanbau des in der Region als Schwesternhaus bekannten und mitten im Dorf gelegenen Gebäudes brannte, heißt es. Da das Feuer drohte, auf das derzeit unbewohnte Hauptgebäude überzugreifen, wurde nach wenigen Minuten das Alarmstichwort auf Feuer F3 erhöht und damit weitere Kräfte zur Verstärkung alarmiert.
Die Führungsgruppe der Freiwilligen Feuerwehren Salem und Frickingen übernahm die Unterstützung des Einsatzleiters, die Drehleitern aus Pfullendorf und Wilhelmsdorf blieben in Bereitstellung. Zur Versorgung der Angriffstrupps mit Atemschutzgeräten wurde der Gerätewagen Atemschutz-Strahlenschutz aus Markdorf mit drei Feuerwehrleuten angefordert. Nach einer dreiviertel Stunde konnte von Einsatzleiter Johannes Leppert „Feuer unter Kontrolle“gemeldet werden. Den Einsatzkräften ist es gelungen, das Wohnhaus unter Einsatz von zahlreichen Strahlrohren zu halten. Nachlöscharbeiten zogen sich aber noch bis in die Nacht. Im Einsatz war die Feuerwehr zeitweilig mit insgesamt 66 Einsatzkräften und 18 Fahrzeugen, das DRK war mit 18 Helfern vor Ort. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen, zur Schadenshöhe kann die Feuerwehr keine Angaben machen.