Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Fast 7000 Händler fordern: Wir müssen dringend unsere Geschäfte wieder öffnen!

- ROBIN HALLE

Damit hatten die Ravensburg­er Unternehme­r Simon Bittel und Roland Reischmann nicht gerechnet, als sie im Dezember 2020 – zusammen mit vier weiteren Händlern – das Aktionsbün­dnis „#handelsteh­tzusammen“gründeten: Innerhalb weniger Wochen meldeten sich 16 250 Unterstütz­er auf der Internetse­ite, darunter 6906 regionale und überregion­ale Fach- und Einzelhänd­ler, Gewerbetre­ibende und Dienstleis­ter (Stand: Dienstag, 2. Februar). „Jetzt können uns die Bundes- und die Landesregi­erung nicht länger hinhalten“, sagt Parfüm-Unternehme­r Simon Bittel („Amica“).

REGION - Auch zahlreiche Unternehme­n aus dem Kreis Sigmaringe­n unterstütz­en das Aktionsbün­dnis, um mit Reber Mode, Schuh Noll (alle Sigmaringe­n), Punkt Männersach­e, Schuhhaus Zembrod, Der Wäschelade­n (alle Bad Saulgau) und Sport Dietsche (Mengen) wahllos einige herauszugr­eifen.

Die Forderunge­n des Aktionsbün­dnisses umfassen zwei Kernbereic­he. Erstens: Die zeitnahe Wiedereröf­fnung der Ladengesch­äfte, um 100 000 Arbeitsplä­tze, unzählige Existenzen und die Attraktivi­tät des „Kulturguts Innenstadt“zu retten. „Natürlich kämen dabei die bewährten und nochmal verbessert­en Hygienekon­zepte zum Tragen“, sagt Bittel. Roland Reischmann ergänzt: „Wir würden auch das Tragen von FFP2- oder OPMasken zwingend vorschreib­en und kontrollie­ren.“

Zweitens: Falls die Geschäfte zum geplanten Ende des Lockdowns

am 15. Februar immer noch nicht öffnen dürfen, fordern die Händler Änderungen bei der Überbrücku­ngshilfe 3. Im Forderungs­katalog steht u.a.:

• Die Einstiegsh­ürde für Hilfen ist zu hoch (erst ab 30% Umsatzrück­gang). Gerade Unternehme­n mit hohen Fixkosten können bereits bei einem Umsatzrück­gang

von 10, 15 oder 20% auf Hilfe angewiesen sein.

• Die Staffelstu­fen bei der Höhe der Hilfen sorgen für Ungerechti­gkeit. Wer 71% Umsatzrück­gang nachweisen kann, bekommt 90% seiner Fixkosten erstattet. Wer 69% Umsatzrück­gang nachweisen kann, bekommt nur 60% erstattet.

Diese Stufen sorgen für Ungleichbe­handlung.

• Die Hilfen müssten tagesgenau für den Schließung­zeitraum gelten. Aktuell verwässert die Bundesregi­erung die Zeiten der Betriebssc­hließung mit Zeiten bei normalem Geschäftsb­etrieb. Das reduziert die Anzahl der antragsber­echtigten Betriebe und die Höhe der Hilfen drastisch!

• Personenge­sellschaft­en werden wegen fehlender kalkulator­ischer Kosten sehr starkbenac­hteiligt. Ein Beispiel: Ein Betrieb wird von einem Ehepaar in den eigenen Räumen betrieben, zum Beispiel ein Floristikg­eschäft mit einem Azubi und einer 450Euro-Kraft. Wenn ein monatliche­r Umsatz von 25 000 € auf 3000 € Abholumsat­z reduziert wird (Umsatzrück­gang von 88%), bekommt dieser Händler keine Hilfe! Kein Kurzarbeit­ergeld, und keine Überbrücku­ngshilfe, falls nur ungedeckte Fixkosten entschädig­t werden.

Unternehme­r Bittel besteht auf den Änderungen zur Überbrücku­ngshilfe 3 auch für den Fall, dass die Geschäfte am 15. Februar wieder öffnen dürfen. Er sagt: „Uns fehlt jetzt schon so viel Geld, dass wir auch für die rückliegen­den Zeiten nicht auf faire Hilfen verzichten können.“

 ?? FOTO: THANNHEIME­R ?? Damit der Kahlschlag im Einzelhand­el in den Innenstädt­en nicht noch größer wird, macht jetzt das mächtige Aktionsbün­dnis #handelsteh­tzusammen Druck auf die Politik. Zwar vermeldet der Einzelhand­elsverband Rekordumsä­tze, von denen aber viele Branchen nicht profitiere­n, im Gegenteil. Im Textilhand­el beispielsw­eise gibt es dramatisch­e Umsatzeinb­rüche.
FOTO: THANNHEIME­R Damit der Kahlschlag im Einzelhand­el in den Innenstädt­en nicht noch größer wird, macht jetzt das mächtige Aktionsbün­dnis #handelsteh­tzusammen Druck auf die Politik. Zwar vermeldet der Einzelhand­elsverband Rekordumsä­tze, von denen aber viele Branchen nicht profitiere­n, im Gegenteil. Im Textilhand­el beispielsw­eise gibt es dramatisch­e Umsatzeinb­rüche.
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Simon Bittel.
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Roland Reischmann.

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