Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Streunender Hund reißt Reh in Neufra
Der Bürgermeister appelliert an Halter, ihre Tiere an die Leine zu nehmen.
NEUFRA - Innerhalb von nur drei Wochen haben in der Gemeinde Neufra gleich zwei Fälle mit streunenden Hunden ein tödliches Ende genommen. Im einen Fall musste ein angefallenes Reh von seinem Leiden erlöst werden, im anderen Fall starb der Hund selbst. Bürgermeister Reinhard Traub nimmt das zum Anlass, dringend an die Vernunft der Halter zu appellieren. „Wenn diese ihre Hunde nicht unter Kontrolle haben, ist das mindestens ein Ärgernis“, sagt er.
Der Vorfall mit dem attackierten Reh hatte sich bereits im Januar ereignet. „Als ich am 13. Januar bei Freudenweiler unterwegs war, habe ich im Wald ein Reh klagen gehört, also eine Art Hilfeschrei“, berichtet der zuständige Jäger im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Dadurch habe er das Tier ausfindig machen können. „Es war schwach und hat geblutet. Das Reh ist vor meinen
Augen umgefallen“, sagt der Jäger. Die Schwere der Verletzungen habe ihm keine andere Wahl gelassen, als das Tier zu erlösen.
Dass es ein Hund war, der das Reh anfiel – daran hat der Jäger keinen Zweifel. „Ein Luchs zum Beispiel beißt fast immer in den Hals und macht die Sache kurz und schmerzlos“, sagt er. „Ein Hund aber hetzt dem Reh hinterher und beißt dort zu, wo er es als erstes zu fassen kriegt.“Darauf habe auch die Verletzung im aktuellen Fall hingedeutet. Gerade jetzt im Winter hätten Wildtiere kaum eine Chance, solchen Angriffen zu entgehen: „Ihr Stoffwechsel fährt herunter und sie finden weniger Nahrung. Da wird es dann schnell gefährlich.“
Ihm gehe es keinesfalls um pauschale Kritik an Hundehaltern, betont der Jäger. „Aber es gibt eben einige schwarze Schafe“, sagt er. „Und gerade in der dunklen Jahreszeit bekommen viele vielleicht gar nicht mit, wenn ihr Hund einem Wildtier hinterherjagt.“Denn manchmal würden Hunde auch stumm jagen – ohne zu bellen, ohne einen Laut von sich zu geben. Im Zweifelsfall sollten Halter ihre Hunde einfach lieber an die Leine nehmen.
Dazu rät auch der Bürgermeister. „Laut der entsprechenden Satzung gilt innerorts zwar eine Leinenpflicht, außerorts aber nicht“, sagt Reinhard Traub. Deshalb bleibe ihm nur der Appell, die Hunde beim Spaziergang an die Leine zu nehmen. Andernfalls drohe die Gefahr, dass die Tiere weglaufen. „Das sollte nicht passieren“, sagt Traub. „Im schlimmsten Fall reagieren sie auf Radfahrer oder Jogger.“Auch der Bürgermeister betont, dass die meisten der 117 Hundehalter in der Gemeinde ihre Tiere gut erzogen haben. Aber eben nicht alle.
Der zweite Vorfall mit einem streunenden Hund ereignete sich laut Traub vor wenigen Tagen, in der Nacht von Samstag auf Sonntag: Bei der Ziegelhütte wurde das Tier von einem Auto angefahren und dabei tödlich verletzt. Wem dieser Hund gehörte, hat die Polizei mittlerweile herausgefunden. Wegen des Unfalls erwarte den Halter ein Verwarngeld in Höhe von zehn Euro, teilt Daniela Baier, Sprecherin des Polizeipräsidiums Ravensburg, auf SZ-Anfrage mit. Generell kämen Vorfälle und Unfälle mit streunenden oder freilaufenden Hunden nicht allzu häufig vor.
Unklar bleibt, ob der Hund, der beim Autounfall starb, auch derjenige war, der das Reh angefallen hat. Weil es sich bei der Attacke im Wald eher um einen Einzelfall handelt, verzichteten Bürgermeister und Jäger darauf, die Polizei einzuschalten. Deshalb kann diese auch keine Auskunft darüber geben, ob möglicherweise ein Zusammenhang besteht. „Trotz allem werden wir die Sache im Auge behalten“, sagt Reinhard Traub. Denn werde ein Wildtier gerissen, sei das kein Kavaliersdelikt – sondern Wilderei und damit eine Straftat.