Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Strobl wehrt sich
Südwest-Innenminister verweist nach Kritik auf Erfolge in der Sicherheitspolitik
STUTTGART - Das schlechte Zeugnis will Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) nicht auf sich sitzen lassen: Nur zwölf Prozent der Menschen im Südwesten meinen, dass er genug tue, damit die Polizei ausreichend auf die Verbrechensbekämpfung vorbereitet ist. Das ist ein Ergebnis des aktuellen BaWü-Checks, der repräsentativen monatlichen Umfrage der Tageszeitungen in Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demoskopie Allensbach. Zwar schätzt eine große Mehrheit von 86 Prozent der Menschen ihren eigenen Wohnort als sehr sicher oder sicher ein. Doch gleichzeitig hat mehr als jeder Vierte den Eindruck, dass sich die Sicherheitslage in den letzten fünf Jahren verschlechtert hat. 92 Prozent der Befragten wünschen sich mehr Polizisten im Land, 94 Prozent fordern eine bessere Ausrüstung der Polizei. Innenminister Thomas Strobl wehrt sich – und verweist auf Erfolge.
„Unsere Landesregierung macht die größte Einstellungsoffensive, die es in der Geschichte der Landespolizei jemals gegeben hat: Zwischen 2016 und 2021 werden mehr als 9000 junge Menschen in die Polizei des Landes Baden-Württemberg eingestellt“, sagt Strobl. Das seien pro Jahr mehr als zwei Drittel mehr Einstellungen im Durchschnitt als in der vorausgegangenen Legislatur. Auch künftig will er sich für eine Verstetigung der Einstellungszahlen von 1400 pro Jahr und Etatisierung der dafür notwendigen Stellen im Haushalt einsetzen und dabei klar auf „modernste Ausrüstung, modernste Technik, moderne rechtliche Möglichkeiten“setzen.
Rückendeckung erhält der Minister vom innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Blenke. Die CDU nehme die Sorgen der Bevölkerung sehr ernst. „Die Menschen müssen sich angstfrei bewegen können, auch nachts und auch in den Städten. Die Bedingungen dafür sind in Baden-Württemberg so gut, wie nirgendwo sonst. Die Kriminalitätsbelastung ist so niedrig, wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagt er.
Das betont auch der Koalitionspartner. „Unter der grün-geführten Landesregierung ist die Kriminalität in Baden-Württemberg auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren, sagt Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag. „Die Bürgerinnen und Bürger können sich sicher fühlen – das spiegelt auch die Umfrage wieder.“Für die nächste Legislatur versprechen die Grünen, die Einstellungsoffensive fortzusetzen, die Polizei mit mehr schnellem Internet und mobilen Endgeräten auszustatten und sie bei der Verfolgung von Cyberkriminalität zu stärken.
Die Opposition sieht das naturgemäß etwas anders und verweist darauf, dass es trotz der Einstellungsoffensive der Landesregierung noch immer zu wenig Polizisten gibt. „Die Umfrage ist eine heftige Klatsche für die Politik von Thomas Strobl“, sagt etwa der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke. Strobl habe 1500 neue Polizisten versprochen, dieses Versprechen aber gebrochen. „Weil er zusätzliche Polizeianwärter zu spät eingestellt hat, haben wir heute 200 Polizisten weniger auf der Straße als 2016.“
Auch der SPD-Fraktionsvize Sascha Binder bezeichnet die Ergebnisse des BaWü-Checks zum Thema Sicherheit als „miserables Zeugnis für die CDU“. „Die Menschen im Land wollen, dass die Polizei besser ausgestattet wird. Dass der Innenminister dies tut, glaubt gerade einmal jeder zehnte Befragte“, sagt Binder. „Die CDU entdeckt die Innere Sicherheit immer nur kurz vor der Wahl“, sagt Binder. Daniel Rottmann von der AfD sagt, das Versagen der Sicherheitspolitik sei untrennbar mit dem Namen des Innenministers Strobl verbunden. Strobl begreife seine Arbeit nicht als Auftrag der Bürger, für deren Sicherheit zu sorgen. Vielmehr gehe es dem CDU-Politiker darum, im Auftrag der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für den Erfolg der grün-schwarzen Koalition zu sorgen. Dieses Bündnis im Südwesten solle als Blaupause für den Bund gelten.
Die Polizeigewerkschaft fühlt sich durch die Umfrage in ihrer Forderung nach mehr Personal und einer besseren Ausstattung bestätigt. „Für uns als größte Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg ist es interessant, dass die Befragten genau das äußern, was wir schon lange fordern“, sagt Ralf Kusterer, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Mit Kritik an Strobl hält sich Kusterer jedoch zurück. Dieser habe mit der Einstellungsoffensive „richtig was bewegt“. „Es ist bedauerlich, dass der Innenminister sich nicht noch mehr gegen die Grünen hat durchsetzen können.“