Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bunt gekleidet, wehrhaft und giftig
Die Stechpalme ist der Baum des Jahres 2021 – Der „Christusdorn“ist besonders geschützt
KARLSRUHE/FREISING (epd) - Sie ist botanisch keine Palme und auch kein Export aus dem Süden: Die Stechpalme (Ilex) mit den schönen roten Früchten und den stacheligen, lederartigen grünen Blättern ist seit Jahrhunderten in Europa heimisch. Ihr Name hängt mit dem Palmsonntag zusammen. Nach katholischer Tradition wird am Sonntag vor Ostern mit einer Prozession an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert, der dort mit Palmwedeln begrüßt wurde.
Vielerorts werden dafür Zweige der Stechpalme und anderer immergrüner Gehölze zum Palmwedelstrauß gebunden. Dies beschrieb der Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) sogar in einem Gedicht: „Im Vatikan bedient man sich Palmsonntags echter Palmen … Muß im Gebirg zu diesem Brauch Stechpalmen gar verwenden.“
Da sie eher auf sauren Böden wachsen, sind sie im Karlsruher Wald aber nur vereinzelt zu finden, so das städtische Forstamt. Die Blätter sind gezackt und piksen, wenn man sie anfasst. Dies soll auch die Dornenkrone von Jesus symbolisieren; die kräftig roten Beeren sollen an das Blut Christi erinnern. Gemeinsam mit dem sattgrünen Laub verkörpern sie die Farben der Hoffnung und der Liebe.
Die Dr. Silvius Wodarz Stiftung mit Sitz im niedersächsischen Rehlingen kürte den immergrünen Ilex dieses Jahr zum „Baum des Jahres“. Er wächst in dichten Laubwäldern eher buschig bis fünf Meter hoch. An hellen Standorten kann er zehn bis 15 Meter hoch werden. In der freien Natur ist er eine seltene Pflanze, wird aber als Zierstrauch in Gärten und Parks immer beliebter.
In Deutschland sei der „Ilex aquifolia“, so der komplette botanische Name, ein Paradebeispiel für gelebten Artenschutz, erklärt Stiftungspräsident Stefan Meier. Der „Baum des Jahres“bereichere die biologische Vielfalt der Wälder und biete vielen Tier- und Insektenarten Nahrung und Lebensraum. Die Pflanze mit den volkstümlichen Namen Walddistel, Christusdorn oder Stecheiche ist besonders geschützt und darf nicht in der Natur gepflückt werden.
Schon die Römer nutzen die Zweige zur Dekoration. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen sie dann derart in Mode, dass ganze Wagenladungen in den Wäldern geerntet wurden. Noch heute sind sie in der Weihnachtszeit besonders beliebt. In den USA gibt es sogar extra StechpalmPlantagen („holly-farms“).
Die Blätter und Früchte sind für Menschen allerdings giftig. In früheren Zeiten kamen Extrakte aus den Früchten als Heilmittel bei Fieber, Rheuma und Gicht zum Einsatz. Doch eine falsche Dosierung kann zum Tod führen.
Die belaubten Zweige dienten in alten Zeiten gebündelt und an einem Seil befestigt auch zum Reinigen des Schornsteins. Symbolhaft wird der Stechpalme die Kraft zugeschrieben, das Böse abzuwehren und zu bannen.