Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
US-Gericht fühlt sich nicht für Welfenschatz zuständig
Supreme Court verweist Kläger an deutsche Justiz – Preußenstiftung begrüßt Entscheidung
WASHINGTON/BERLIN (KNA) - Der Streit um den sogenannten Welfenschatz kann nach einer Entscheidung des Obersten US-Gerichts nicht vor amerikanischen Gerichten ausgetragen werden. Es handle sich um eine innerdeutsche Angelegenheit, urteilten die neun Verfassungsrichter des Supreme Court am Mittwoch (Ortszeit) in Washington einstimmig. Die Erben hätten nicht belegen können, warum sie Ansprüche in den USA gegen Deutschland geltend machen könnten.
Jüdische Kunsthändler hatten den mittelalterlichen Kirchenschatz aus dem Braunschweiger Dom 1929 für 7,5 Millionen Reichsmark vom Adelsgeschlecht der Welfen erworben und 1935 einen Teil davon wiederum für 4,25 Millionen Reichsmark an den preußischen Staat verkauft. Ihre Nachfahren sagen, es sei ein Verkauf unter Druck gewesen und fordern die Rückgabe der 42 Stücke, die im Berliner Kunstgewerbemuseum ausgestellt werden.
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hingegen nennt es ein „ordnungsgemäßes“Geschäft. Die Limbach-Kommission, die Beratende Kommission für NS-Rückgaben, hat das bestätigt. Historiker halten dem entgegen, kein Verkauf jüdischen Eigentums in der NS-Zeit sei freiwillig zustande gekommen. Das Land Berlin hat den Welfenschatz 2015 zu national wertvollem Kulturgut erklärt. Damit ist eine Ausfuhr nur noch mit Genehmigung der Bundesregierung möglich. Die Erben hatten sich deshalb an US-Gerichte gewandt. Der Chef der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, begrüßte das Urteil aus Washington. Die neun Richter seien der Argumentation der Stiftung im Welfenschatz-Fall gefolgt. „Die SPK ist seit Langem der Meinung, dass der Fall nicht vor ein US-Gericht gehört“, erklärte er auf Twitter.
Der sogenannte Welfenschatz war der Reliquienschatz der früheren Stiftskirche Sankt Blasius zu Braunschweig. 1671 gelangte er in den Besitz des Welfenhauses. Dieses verkaufte das aus 82 Objekten bestehende Konvolut 1929 an ein Konsortium von Kunsthändlern – nur drei Wochen vor dem Beginn der Großen Depression. 1935 erwarb der preußische Staat von dem Konsortium, zu dem auch Juden gehörten, 42 Werke für das Schlossmuseum, das heutige Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin. Zwei weitere Werke kamen 1935 und 1937 auf dem Tauschwege hinzu.