Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
In Riedlingen trifft Charakter auf Qualität
Die Rothosen des TSV mischen als Aufsteiger die Fußball-Landesliga auf
RIEDLINGEN - Seit Ende Oktober ruht der Ball. Die wohl längste „Winterpause“der Historie im Amateurfußball dauert an. Die „Schwäbische Zeitung“nutzt die fußballlose Zeit, um die Vereine der Region ein bisschen unter die Lupe zu nehmen. Die Landesliga, Staffel 4 hat zehn Spieltage der geplanten 19 der so genannten Qualifikationsrunde absolviert. Nach ihr soll die Liga in eine Auf- und eine Abstiegsrunde unterteilt werden. Doch wann und wie es weitergeht, steht in den Sternen.
Rang zwei, bereits elf Spiele absolviert (eins mehr als die meisten Konkurrenten), neun Siege, ein Remis und nur eine Niederlage - das ist die Bilanz von Aufsteiger TSV Riedlingen vor der Saisonunterbrechung. Seit zehn Spielen ist die Mannschaft von Trainer Hans Hermanutz ungeschlagen, vor der „Pause“gab es sechs Siege in Reihe. „Für uns kam die Unterbrechung zum völlig falschen Zeitpunkt“, sagt Markus Blum, Abteilungsleiter beim TSV Riedlingen. Vor der Saison mit der Maßgabe Klassenerhalt gestartet, wenn möglich die Meisterrunde der besten Zehn zu erreichen, um eine sorgenfreie Frühjahrsrunde zu spielen, haben die Rothosen das Soll quasi übererfüllt und derzeit mit 28 Punkten 16 Zähler Vorsprung auf Rang elf.
Derzeit warten alle darauf, dass es vielleicht doch irgendwann weitergeht. „Erst mal müssen die Infektionszahlen runter. Und wenn es vielleicht im April soweit ist, dass wir wieder spielen dürfen, brauchen wir ja erst mal drei, vier Wochen Vorbereitung, sonst hagelt es Muskelverletzungen. Deshalb ist mein Tipp, dass die Vorrunde zu Ende gespielt und danach die Saison abgebrochen wird“, sagt Blum.
Und so hält sich der TSV Riedlingen bereit für den Ernstfall. „Derzeit soll jeder für sich etwas machen, laufen. Außerdem haben wir in einer virtuellen Mannschaftssitzung alle auf den neuesten Stand gebracht“, erklärt Blum zur „Kontaktpflege“. „In dieser Woche hatten wir über Zoom virtuell eine Ausschusssitzung. Da hat auch Hans Hermanutz einige aufmunternde Worte gesagt. Gerade den jungen Spielern geht es am schlechtesten“, sagt Blum. Diesen fehle das Miteinander, die Kameradschaft, der Sport am meisten. Ansonsten kümmerte sich der TSV Riedlingen um die Infrastruktur. „Wir haben die Umzäunung erneuert und die Parkplätze. Im Moment bereiten wir die Umrüstung des Flutlichts auf LED-Beleuchtung vor.“Denn auch das Umfeld soll mitwachsen. „Für uns alle ist Fußball ein Hobby. Und jedes Heimspiel ist für uns sehr viel Arbeit. Manchmal waren wir vielleicht von der Menge an Zuschauern sogar überrascht. Und die hätte ja noch größer sein können, wäre sie nicht auf 400 oder 430 beschränkt gewesen“, sagt
Blum über die erste Saisonphase.
Ein zweites Jahr Landesliga, in dem die Pflanze TSV Riedlingen weiter wachsen und gedeihen kann, ist eigentlich jetzt schon sicher. Hinzu kommt: Die Mannschaft von Trainer Hans Hermanutz bietet in fast jedem Spiel ein Spektakel. In allen elf Saisonspielen traf sie, in acht Spielen sogar mindestens dreimal, insgesamt 34-mal. Das ist für die beste Heimmannschaft (fünf Spiele, fünf Siege) und zweitbeste Auswärtsmannschaft der Liga (vier Siege, ein Remis, eine Niederlage) der zweitbeste Wert aller 20 Mannschaften.
Zudem scheint die Mannschaft noch nicht am Ende ihrer Entwicklung.
Das Gros des Teams ist 25 Jahre oder jünger, verstärkt um einige „Eckpfeiler“. Die erfahrenen offensiven Kräfte wie Co-Trainer Martin Schrode und Kapitän Fabian Ragg oder die Defensivspieler Andreas und Matthias Binder und Artur Altergot. „Die Mischung ist gut“, sagt auch Blum, „und es ist eine Mannschaft, die Spieler machen viel gemeinsam. Kommt einer von außen, wird er gut aufgenommen. Siehe Raphael Sontheimer, der natürlich auch eine herausragende Saison spielt.“Das Gros des Kaders kennt sich bereits seit gemeinsamen Jugendtagen in Riedlingen, ist zusammengewachsen, angeleitet von Trainer Hans Hermanutz, der die Spieler teilweise seit der E-Jugend begleitet. Und, gute Nachricht: „Hans hat für ein weiteres Jahr zugesagt“, sagt Blum über den routinierten Erfolgstrainer.
Die Moral beim Aufsteiger stimmt. Selbst Rückstände wie gegen Ravensburg II oder Ostrach - oder Rückschläge wie in Dettingen/Iller, als die Mannschaft zunächst einen 2:0-Vorsprung einbüßte, um doch noch mit 4:2 zu siegen, steckt sie weg. Nicht umsonst attestierte Hans Hermanutz seiner Mannschaft in der Vorschau vor dem Kehlen-Spiel in der „Schwäbischen Zeitung“„Charakter und Qualität“als Grundeigenschaften, die sie auszeichneten. „Zum einen entwickeln sich die Spieler von Jahr zu Jahr weiter. Jetzt sind sie in einem Flow, den sie nutzen wollen und sollen,“sagte er Ende Oktober 2020, ehe das Team ausgebremst wurde. In der Winterpause stießen zum Gesamtkader des TSV Riedlingen Josip Zetovic (Jugend FV Ravensburg) und Alexander
Widmer (SV Daugendorf) neu hinzu. „Offen ist noch, ob sie den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. Oder ob sie in der zweiten Mannschaft spielen“, sagt Blum.
Immer wieder eröffnet der Kader dem Coach Optionen. Sechs Spieler (Stefan Hermanutz, Manuel Fauler, Hannes Schmid, Pascal Schoppenhauer, Dennis Altergot und Patrick Spies) haben Einsätze in allen elf Spielen - entweder von Beginn an oder eingewechselt - insgesamt hat Hermanutz 20 Spieler eingesetzt. Alle Feldspieler, die Hermanutz für seinen Landesligakader benannte, haben auch Einsatzzeiten.
Und auch wenn Hermanutz mal verletzungs- oder beruflich bedingt jonglieren musste: Die Spieler, die in die Mannschaft kamen, fügten sich ein. Für die Ausgeglichenheit spricht auch die Verteilung der Tore: Zwar ragt Pascal Schoppenhauer mit zwölf Treffern als zweitbester Schütze der Liga heraus, aber mit Dennis Altergot (6), Kapitän Fabian Ragg und Felix Schmid (je 4) folgen weitere Spieler unter den besten Torjägern der Liga. Außerdem trafen Manuel Fauler, Martin Schrode, Raphael Sontheimer (je 2), Patrick Spies und Tobias Trenz (je 1).
„Natürlich sind wir mit der bisherigen Runde mehr als zufrieden“, sagt Blum. „Unser Selbstverständnis ist es, mit Spielern aus Riedlingen und der Umgebung zu spielen. Als Sokrates Filippidis und ich damals angetreten sind, war es unser Ziel, den TSV Riedlingen wieder aus der Kreisliga raus, in die Bezirksliga zu bringen. Alles was sonst noch kommt ist Bonus, haben wir gesagt. Jetzt sind wir in der Landesliga. Diesen Zustand wollen wir konservieren“, sagt Markus Blum.
„Unser Selbstverständnis ist es, mit Spielern aus Riedlingen und der Umgebung zu spielen“, sagt Riedlingens Abteilungsleiter Markus Blum.