Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stalker verschickt Tausende Nachrichten
Opfer ist eine Gammertinger Studentin, jetzt beginnt der Gerichtsprozess.
GAMMERTINGEN/HECHINGEN Tausende Whatsapp-Nachrichten, etliche Schmierereien in der Stadt und zahllose Anrufe ihres wohl psychisch kranken Verehrers haben einer Gammertinger Studentin das Leben zur Hölle gemacht. Ein halbes Jahr nach Ende der Bedrohungen und Beleidigungen leidet die Frau massiv unter den Folgen des Stalkings. Der 29-jährige Mann, der die Taten begangen haben soll, muss sich seit Montag unter anderem wegen schwerer Nachstellung vor dem Landgericht Hechingen verantworten.
Bereits im Februar 2019 verurteilte das Amtsgericht Sigmaringen den Mann wegen Diebstahl, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung zu einer siebenmonatigen Gefängnisstrafe – unter anderem, weil er die Frau in ihrer Gammertinger Wohngemeinschaft aufsuchte. Obwohl sie ihm bereits deutlich zu verstehen gab, dass sie kein Interesse an einer Beziehung hat. Neben der Haftstrafe verhängte das Gericht auch ein Kontaktverbot. Persönliche Annäherungsversuche wurden damit ebenso untersagt wie Handynachrichten und Anrufe.
Doch das interessierte den Hechinger offenbar herzlich wenig. Bereits wenige Wochen nach dem Urteil soll er, so Staatsanwalt Markus Engel am Montag bei der Verlesung der Anklageschrift, in seiner wahnhaften Zuneigung erneut massiv auf die Frau eingewirkt haben. Zur Last gelegt werden dem Mann 24 weitere Beleidigungen, Sachbeschädigungen und Verstöße gegen das Kontaktverbot, begangen zwischen Ende März und Anfang Juli 2019.
So soll er an einem Gebäude in Hechingen mit rotem Edding eine üble Beleidigung hinterlassen haben, die sich später noch hundertfach wiederholen wird. Auf der VideoPlattform Youtube soll er die Handynummer seines Opfers veröffentlicht haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 29-Jährigen vor, die Frau mit Whatsapp-Nachrichten, Sprachnachrichten und Anrufen terrorisiert, bedroht und beleidigt zu haben.
Unter anderem soll er ihr damit gedroht haben, sie vergewaltigen zu lassen.
Selbst als der Hechinger schließlich im Gefängnis saß, ging der Terror weiter. Im Januar 2020 soll er die Studentin aus einem Besprechungsraum der Justizvollzugsanstalt angerufen haben, um ihr Angst einzujagen und sie herabzuwürdigen. Kurz nach der Freilassung, im August 2020, erreichte der Alptraum seinen Höhepunkt. Innerhalb von nur zwei Wochen soll der Beschuldigte seinem Opfer 3000 beleidigende Nachrichten geschickt haben. In einer davon soll er angekündigt haben, die Frau und ihre Familie zu erschießen.
Darüber hinaus wird dem Mann zur Last gelegt, in der gesamten Gammertinger Kernstadt Schmierereien mit dem Namen der Studentin und verschiedenen Beleidigungen hinterlassen zu haben – an Wohnhäusern, Geschäften und Briefkästen, Verteilerkästen und Supermärkten, an einer Bushaltestelle und der Laucherttalschule, an einem Transporter, einem Brückenpfeiler und einem Fahrkartenautomaten. Allein an zwei Tagen entstand auf diese Weise Sachschaden in Höhe von mehr als 20 000 Euro.
Ruhe kehrte erst ein, als die Staatsanwaltschaft den Mann festnehmen ließ. Auf die Untersuchungshaft folgte die Unterbringung in einer Psychiatrie. Vermutlich leide der 29-Jährige an einer andauernden paranoiden Psychose, möglicherweise als Folge von Drogenkonsum, so der Staatsanwalt. Komme er auf freien Fuß, seien weitere Straftaten zu befürchten. Es müsse in Betracht gezogen werden, dass der Beschuldigte die Taten unter verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.
Die von ihm terrorisierte Studentin steht derweil vor einem Scherbenhaufen. Nach den Ausführungen des Staatsanwalts leidet die Frau heute unter einer ausgeprägten Depression. Unter anderem habe sie mit einer Schlafstörung, einer Angststörung, Konzentrationsschwierigkeiten und Appetitlosigkeiten zu kämpfen, sagte Markus Engel. Die Fortsetzung ihres Studiums sei damit unmöglich geworden. Durch das massive Stalking traue sie sich heute nicht einmal mehr alleine aus dem Haus.
Prozess vor dem Landgericht Hechingen
wird am kommenden Donnerstag, 11. Februar, fortgesetzt – dann möglicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein wird für Anfang März erwartet.
Der
Urteil