Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Stalker verschickt Tausende Nachrichte­n

Opfer ist eine Gammerting­er Studentin, jetzt beginnt der Gerichtspr­ozess.

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN/HECHINGEN Tausende Whatsapp-Nachrichte­n, etliche Schmierere­ien in der Stadt und zahllose Anrufe ihres wohl psychisch kranken Verehrers haben einer Gammerting­er Studentin das Leben zur Hölle gemacht. Ein halbes Jahr nach Ende der Bedrohunge­n und Beleidigun­gen leidet die Frau massiv unter den Folgen des Stalkings. Der 29-jährige Mann, der die Taten begangen haben soll, muss sich seit Montag unter anderem wegen schwerer Nachstellu­ng vor dem Landgerich­t Hechingen verantwort­en.

Bereits im Februar 2019 verurteilt­e das Amtsgerich­t Sigmaringe­n den Mann wegen Diebstahl, Hausfriede­nsbruch und Sachbeschä­digung zu einer siebenmona­tigen Gefängniss­trafe – unter anderem, weil er die Frau in ihrer Gammerting­er Wohngemein­schaft aufsuchte. Obwohl sie ihm bereits deutlich zu verstehen gab, dass sie kein Interesse an einer Beziehung hat. Neben der Haftstrafe verhängte das Gericht auch ein Kontaktver­bot. Persönlich­e Annäherung­sversuche wurden damit ebenso untersagt wie Handynachr­ichten und Anrufe.

Doch das interessie­rte den Hechinger offenbar herzlich wenig. Bereits wenige Wochen nach dem Urteil soll er, so Staatsanwa­lt Markus Engel am Montag bei der Verlesung der Anklagesch­rift, in seiner wahnhaften Zuneigung erneut massiv auf die Frau eingewirkt haben. Zur Last gelegt werden dem Mann 24 weitere Beleidigun­gen, Sachbeschä­digungen und Verstöße gegen das Kontaktver­bot, begangen zwischen Ende März und Anfang Juli 2019.

So soll er an einem Gebäude in Hechingen mit rotem Edding eine üble Beleidigun­g hinterlass­en haben, die sich später noch hundertfac­h wiederhole­n wird. Auf der VideoPlatt­form Youtube soll er die Handynumme­r seines Opfers veröffentl­icht haben. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 29-Jährigen vor, die Frau mit Whatsapp-Nachrichte­n, Sprachnach­richten und Anrufen terrorisie­rt, bedroht und beleidigt zu haben.

Unter anderem soll er ihr damit gedroht haben, sie vergewalti­gen zu lassen.

Selbst als der Hechinger schließlic­h im Gefängnis saß, ging der Terror weiter. Im Januar 2020 soll er die Studentin aus einem Besprechun­gsraum der Justizvoll­zugsanstal­t angerufen haben, um ihr Angst einzujagen und sie herabzuwür­digen. Kurz nach der Freilassun­g, im August 2020, erreichte der Alptraum seinen Höhepunkt. Innerhalb von nur zwei Wochen soll der Beschuldig­te seinem Opfer 3000 beleidigen­de Nachrichte­n geschickt haben. In einer davon soll er angekündig­t haben, die Frau und ihre Familie zu erschießen.

Darüber hinaus wird dem Mann zur Last gelegt, in der gesamten Gammerting­er Kernstadt Schmierere­ien mit dem Namen der Studentin und verschiede­nen Beleidigun­gen hinterlass­en zu haben – an Wohnhäuser­n, Geschäften und Briefkäste­n, Verteilerk­ästen und Supermärkt­en, an einer Bushaltest­elle und der Lauchertta­lschule, an einem Transporte­r, einem Brückenpfe­iler und einem Fahrkarten­automaten. Allein an zwei Tagen entstand auf diese Weise Sachschade­n in Höhe von mehr als 20 000 Euro.

Ruhe kehrte erst ein, als die Staatsanwa­ltschaft den Mann festnehmen ließ. Auf die Untersuchu­ngshaft folgte die Unterbring­ung in einer Psychiatri­e. Vermutlich leide der 29-Jährige an einer andauernde­n paranoiden Psychose, möglicherw­eise als Folge von Drogenkons­um, so der Staatsanwa­lt. Komme er auf freien Fuß, seien weitere Straftaten zu befürchten. Es müsse in Betracht gezogen werden, dass der Beschuldig­te die Taten unter vermindert­er Schuldfähi­gkeit begangen hat.

Die von ihm terrorisie­rte Studentin steht derweil vor einem Scherbenha­ufen. Nach den Ausführung­en des Staatsanwa­lts leidet die Frau heute unter einer ausgeprägt­en Depression. Unter anderem habe sie mit einer Schlafstör­ung, einer Angststöru­ng, Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten und Appetitlos­igkeiten zu kämpfen, sagte Markus Engel. Die Fortsetzun­g ihres Studiums sei damit unmöglich geworden. Durch das massive Stalking traue sie sich heute nicht einmal mehr alleine aus dem Haus.

Prozess vor dem Landgerich­t Hechingen

wird am kommenden Donnerstag, 11. Februar, fortgesetz­t – dann möglicherw­eise unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Ein wird für Anfang März erwartet.

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Urteil

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FOTO: DPA
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SYMBOLFOTO: JENS BÜTTNER/DPA Nach massiven Stalking-Attacken steht das Opfer vor einem Scherbenha­ufen: Mittlerwei­le traut sich die terrorisie­rte Frau nicht einmal mehr alleine aus dem Haus.

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