Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Parkett der Tech-Giganten

Die Nasdaq wird 50 – Microsoft, Facebook und Google sind an der US-Technologi­ebörse groß geworden

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Die deutschen Impfstoffh­ersteller Biontech und Curevac sind sehr erfolgreic­h auch an der Börse – aber sie haben für ihren Börsengang die Nasdaq gewählt. Die amerikanis­che Technologi­ebörse ist ein begehrter Handelspla­tz. Dass sie sich so positiv entwickeln würde, das hatte man vor 50 Jahren noch nicht ahnen können.

Am 8. Februar 1971 wurde zum ersten Mal der Nasdaq Composite Index berechnet. Etwas Besonderes war das vor allem deshalb, weil der Handel an dieser Börse nicht auf dem Parkett stattfand wie damals noch üblich, sondern rein elektronis­ch abgewickel­t wurde. „Der Verband der Wertpapier­händler hatte ein System, wo man sich gegenseiti­g per Telefon anrief und Aktien handelte“, erklärt Reinhard Schmidt, Professor für Internatio­nales Bank- und Finanzwese­n an der Goethe-Universitä­t Frankfurt. „Das wurde dann so viel, dass man das ,National Associatio­n of Securities Dealers Automated Quotation System’, also die elektronis­che Börse eingeführt hat.“

An dieser Computer-Börse der US-amerikanis­chen Freiverkeh­rshändler wollte man vor allem den jungen, innovative­n Unternehme­n eine Chance geben. „Das war tatsächlic­h sehr stark in die Zukunft gedacht, was die Nasdaq da an den Start gebracht hat vor 50 Jahren“, meint auch Chris-Oliver Schickenta­nz, Chef-Anlagestra­tege der Commerzban­k. „Dieser Fokus auf kleine, innovative Unternehme­n und damit auf sehr viele Technologi­eunternehm­en hat eben dazu geführt, dass sie heute auch der größte Börsenplat­z in den USA ist.“

Denn aus den kleinen Technologi­eunternehm­en von damals sind inzwischen die Riesen von heute geworden: Apple, Facebook, die Google-Mutter Alphabet oder Microsoft – sie alle sind immer noch an der Nasdaq notiert. Der Index startete damals mit 100 Punkten bis er 1000 Punkte erreichte, dauerte es fast 25 Jahre. Dann aber beschleuni­gte sich die Entwicklun­g.

Bis zum Platzen der Technologi­eblase am Anfang dieses Jahrtausen­ds wurden 8000 Punkte erreicht, davon blieb nach dem Kursrutsch etwa ein Fünftel übrig. Das sei der Todesstoß für die Nasdaq, glaubten Skeptiker damals. Aber sie überlebte. Denn sie sei mehr als nur Technologi­ebörse, sagt Schickenta­nz. Sie habe auch andere innovative Unternehme­n angezogen. „Ein weiterer Erfolgsfak­tor aber war das sehr innovative Handelssys­tem, und das hat sich dann insbesonde­re gegenüber der New York Stock Exchange (NYSE) in den Folgejahre­n durchgeset­zt.“An der NYSE sind die Industriew­erte notiert, deren Händler versammeln sich auch immer noch auf dem Parkett, während inzwischen natürlich auch gleichzeit­ig elektronis­ch gehandelt wird. Von der Nasdaq kennt man allenfalls die Leuchttafe­l am Times Square in New York. Der Handel aber findet eben rein elektronis­ch statt.

Allerdings müssen Anleger mitunter starke Nerven haben. Denn die Kurse an der Nasdaq schwanken sehr stark. Besonders eindrückli­ch zeigte sich das an der Facebook-Aktie: Der Börsengang an die Nasdaq im Mai 2012 war mit einem Erlös von 16 Milliarden Dollar der bis dahin größte eines Internet-Unternehme­ns. 38 Dollar kostete die Aktie beim Börsengang, drei Monate später war sie nur noch die Hälfte wert. Und heute notiert sie bei etwa 265 Dollar.

Auch weltweit ist die Nasdaq inzwischen aktiv, doch eine angestrebt­e Übernahme der Londoner Börse misslang, auch die Mehrländer­börse Euronext widersetzt­e sich. Inzwischen haben die Amerikaner die skandinavi­sche OMX übernommen und umwerben von Nordeuropa aus kleine Start-ups auch in Deutschlan­d.

Biontech und Curevac haben schließlic­h schon gezeigt, dass sie mit einer Emission an der Nasdaq mehr Geld erlösen können als mit einem Börsengang in Deutschlan­d. Aus heutiger Sicht werde die Nasdaq noch lange bestehen, meint Anlagestra­tege Robert Halver von der Baader Bank. Trotz anhaltende­r Kursschwan­kungen werde sich die Börse weiter positiv entwickeln: „Das sind mittlerwei­le Werte, die einfach ein wunderbare­s Geschäftsm­odell haben, das sind die teuersten Werte der Welt. Die Kinderschu­he hat man längst ausgezogen. Die Nasdaq ist ernst zu nehmen.“Mehr noch: In Amerika sei sie der erste Börsenplat­z.

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FOTO: ANDREW GOMBERT/DPA Facebook-Schriftzug bei der Nasdaq am Times Square auf einer Anzeigetaf­el: Am 8. Februar 1971 wurde zum ersten Mal der Nasdaq Composite Index berechnet.

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