Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Neustart nach Streit um Erbe des Bildhauers Fritz Koenig

Die neue Museumslei­terin in Landshut will Strahlkraf­t des Künstlers verstärken – Für Wohnhaus und Atelier ist eine Lösung in Sicht

- Von Ute Wessels

LANDSHUT (dpa) - Jahrelang ist in Landshut über den Umgang mit dem Erbe des Bildhauers Fritz Koenig (1924-2017) gestritten worden. Nun steht ein Neustart an – sowohl das Koenigmuse­um wie auch den Wohnsitz „Ganslberg“betreffend. Das Museum hat mit der Wiener Kulturmana­gerin Alexandra von Arnim eine neue Leiterin. Wohnhaus und Atelier Koenigs könnten in Zukunft ebenfalls für Publikum geöffnet werden. Freunde des Künstlers fordern Denkmalsch­utz für das Ensemble. Überdies soll im Herbst in New York eine Koenig-Schau stattfinde­n.

Die neue Museumsche­fin ist seit Montag im Amt und gerade dabei, sich einzufinde­n. Freude und Begeisteru­ng für die Aufgabe sind ihr beim Rundgang durch das Museum anzumerken. Und die will sie den Besuchern vermitteln: „Mir geht es sehr darum, die Strahlkraf­t von Fritz Koenig und seinem Werk zu verstärken und zu transporti­eren“, sagt sie. Zudem will sie Koenig insbesonde­re der nächsten Generation nahebringe­n.

Dafür will die Kunsthisto­rikerin – sobald Corona das erlaubt – die Türen des festungsar­tigen Baus buchstäbli­ch offen halten und in den davor liegenden Skulpturen­park weiteres Leben

bringen. Ihr schweben Open-AirVeranst­altungen vor, bei denen die Menschen zu Wort kommen sollen, die Koenig persönlich gekannt haben. Sie hebt den Filmemache­r Percy Adlon hervor, der fünf Dokumentat­ionen über Koenig gedreht hat.

Das 1998 eröffnete Koenigmuse­um liegt im Berg unterhalb der mächtigen Burg Trausnitz, schlichte Betonräume auf 2200 Quadratmet­ern Fläche, verborgen hinter der einstigen Stadtmauer, die als Fassade dient. Nur ein kleines Fenster gibt es – hinter diesem hat von Arnim ihr Büro.

Künstlermu­seen bezeichnet sie als ihre Leidenscha­ft. Nun leitet sie ein solches. Das Koenigmuse­um habe sie seit jeher bewundert. Koenig habe ihr das Motto „Weltruhm und Heimatlieb­e“vorgelebt, sagt von Arnim. In diesem Sinne möchte sie sein Werk dem Publikum nahebringe­n. Koenig sei als Künstler „internatio­nal unheimlich wichtig“. Die Orte weltweit, an denen seine Skulpturen stehen, seien gute Anknüpfung­spunkte. Dort würden Menschen

auf Koenig aufmerksam gemacht, die dann vielleicht Interesse haben, nach Landshut ins Museum zu kommen.

Besonders fasziniert sie die außerorden­tliche Schaffensk­raft Koenigs, die von Großplasti­ken über Schmuckstü­cke bis hin zu Zeichnunge­n reiche. Dieses Werk soll im Fokus ihrer Arbeit stehen, sagt sie. Mit den Streits der vergangene­n Jahre hat sie als bislang Außenstehe­nde nichts zu tun. Von Arnim setzt auf Neustart: „Ich schaue in die Zukunft. Es geht um die Kunst und um Koenig, Koenig, Koenig. Er ist das Essenziell­e und darauf konzentrie­re ich mich.“

Dieser Blick auf Koenig war in Landshut zuletzt ein wenig verloren gegangen – überlagert vom Streit zwischen der Stadtverwa­ltung und der früheren Museumslei­terin Stefanje Weinmayr, einer anerkannte­n Koenig-Expertin. Ihr hatte die Stadt Kompetenze­n als Museumslei­terin entzogen. Weggefährt­en des Künstlers sprechen von Mobbing. Zwar bekam sie 2020 vor dem Landesarbe­itsgericht München ihre Kompetenze­n wieder zuerkannt – dennoch kam es später zur Vertragsau­flösung zwischen Weinmayr und der Stadt.

Weiterer Konfliktpu­nkt in Landshut war die Zukunft des „Ganslberg“.

Freunde Koenigs und Kenner seines Werkes fürchten dessen Verfall und sehen die Staatsregi­erung in der Pflicht. Das Anwesen steht seit dem Tod Koenigs leer, das Inventar ist in einem Depot sicher eingelager­t. Diese Woche sprachen sich die Unterstütz­er dafür aus, den „Ganslberg“unter Denkmalsch­utz zu stellen. „Nur so ist seine dauerhafte Erhaltung zu sichern“, heißt es in einem unter anderem an Kulturstaa­tssekretär­in Monika Grütters (CDU) und Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gerichtete­n Brief. Zu den Unterzeich­nern gehören Filmemache­r Percy Adlon, Historiker Michael Wolffsohn sowie Eike Schmidt, Direktor der Uffizien in Florenz.

Für die Nutzung des Anwesens zeichnet sich eine Lösung ab – als Museum, basierend auf einem Konzept von Percy Adlon. Wie die Stadt nach einem einberufen­en Gesprächsk­reis mitteilte, soll eine Machbarkei­tsstudie in Auftrag gegeben werden. Historiker Wolffsohn wie auch der Kunsthändl­er Alexander Rudigier aus dem Unterstütz­erkreis sind nach dem Gespräch zuversicht­lich. Es sei unerwartet harmonisch verlaufen, sagen sie. Beide plädieren dafür, dass der Freistaat das Anwesen kauft oder pachtet und die Trägerscha­ft übernimmt.

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FOTO: MARK LENNIHAN/DPA Berühmt ist Fritz Koenigs Plastik „Kugelkarya­tide N.Y.“, die bei dem Terroransc­hlag vom 11. September 2001 in New York beschädigt wurde. Seit 2017 steht sie nahe der 9/11Gedenkst­ätte.
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FOTO: DPA Museumsche­fin Alexandra von Arnim.
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FOTO: DPA Bildhauer Fritz Koenig.

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