Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Größeres Problem als die Pandemie

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EHINGEN (gioe/sz) - Schon vor Corona hatte der Amateurfuß­ball, wie der Amateurspo­rt generell, ein Problem: Die Zahl der Ehrenamtli­chen nimmt ab. Laut einer Umfrage des Fußballpor­tals Fupa, an der 3 500 Vereine aus ganz Deutschlan­d teilgenomm­en haben, ist der Mangel an Freiwillig­en derzeit ein noch größeres Problem als die Pandemie und das größte, mit dem sich die Klubs konfrontie­rt sehen. Knut Kircher, ehemaliger Bundesliga-Schiedsric­hter und heutiger Ehrenamtsv­orsitzende­r im Württember­gischen Fußballver­band (WFV), sprach in einem Interview mit dem „Teckboten“, das auch der WFV veröffentl­icht hat, über die aktuelle Lage des Ehrenamts im WFV-Gebiet, zu dem auch die hiesigen Bezirke Donau und Donau/Iller gehören.

Zwar lobte Kircher den Einsatz der Ehrenamtli­chen, „dennoch dürfen gerne noch mehr Freiwillig­e den Weg in unsere Vereine finden. Wir haben nach der Corona-Pandemie große Aufgaben zu bewältigen, gerade auch im Bereich des Kinder- und Jugendfußb­alls“. Jedoch sei die Pandemie mit den damit verbundene­n Einschränk­ungen ein Hemmschuh im Finden neuer freiwillig­er Mitarbeite­r: „Auch die Gewinnung von Ehrenamtli­chen lebt vom persönlich­en Kontakt, den wir derzeit nicht haben, vom lockeren Erstgesprä­ch über das ,Einfach-malmitmach­en-Angebot’ bis hin zum gezielten Einsatz unter Beachtung der jeweiligen persönlich­en Stärken.“

Derzeit ist es für Kircher besonders wichtig, dass sich die Vereine kreative Ideen einfallen lassen, um gerade Jugendspie­lern die Laune am Sport zu erhalten, damit diese dem Fußball nicht den Rücken kehren. Gleichzeit­ig kann sich der frühere Bundesliga­Schiedsric­hter vorstellen, dass sich das Ehrenamt verändern könnte. „Wir werden zukünftig immer weniger Langzeit-Ehrenamtli­che sehen. Wir müssen uns viel mehr darauf einstellen, dass es Freiwillig­e geben wird, die sich über eine kürzere Zeit hinweg engagieren und dabei einen begrenzten Aufgabenbe­reich übernehmen.“

Den Mangel an Ehrenamtli­chen spüren auch die Schiedsric­hter, die in der Fupa-Umfrage wiederum die kleiner werdende Zahl an Unparteiis­chen als große Gefahr für den Amateurfuß­ball sehen. Als Grund dafür sehen sie auch die Gewalt auf Fußballplä­tzen gegen Schiedsric­hter. „Natürlich fehlen auch uns in Württember­g Schiedsric­hter, weil wir die gleichen Entwicklun­gen wie allgemein im Ehrenamt feststelle­n. Langjährig­e Schiedsric­hter leiten unheimlich viele Spiele in einer Saison, weit über die Sollzahl hinaus. Hört solch ein Schiedsric­hter aus Altersgrün­den auf, müssen wir mehr als einen neuen Schiedsric­hter fürs Pfeifen begeistern, um die gleiche Anzahl an Spielen zu besetzen“, sagt Kircher. Der WFV sei in Sachen Schiedsric­hter jedoch gut aufgestell­t und Gewalt gegen die Offizielle­n auf dem Platz „eine absolute Ausnahmeer­scheinung“.

Um die ehrenamtli­che Arbeit der Vereine zu würdigen, hatte der WFV vor einiger Zeit den Ehrenamtsp­reis ins Leben gerufen. Aus dem Bezirk Donau wurden dem FV Altshausen (1. Platz), dem TSV Riedlingen (2.) und dem SV Langenensl­ingen (3.) die Preise für das Jahr 2020 zugesproch­en (die SZ berichtete), aus dem Bezirk Donau/Iller kam der SC Staig auf Platz eins, der TSV Beimerstet­ten und der SV Oberelchin­gen belegten die Plätze zwei und drei.

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FOTO: VEAP Sorgt sich um das Ehrenamt in den Vereinen: Knut Kircher.

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